Julian Nagelsmann ist nicht mehr Trainer des FC Bayern. Sein Aus mag überraschend kommen, es hat aber eine Reihe von Gründen.
KommentarDie Bayern handeln bei Nagelsmann schnell und radikal
In allen Epen, die in Buch-, Podcast- oder Filmform über die Geschichte des FC Bayern verfügbar sind, wird deutlich, dass es eine Konstante gibt, die sich durch alle Zeiten zieht. Sie lautet: Wenn es irgendwo knirscht und hakt, wird radikal, rigoros und sofort gehandelt. Gerne auch zu einem verblüffenden Zeitpunkt. Das hat nun auch Julian Nagelsmann zu spüren bekommen, der selbst erklärte Super-Trainer mit dem Faible für taktische Varianten und der Attitüde eines arroganten Newcomers, der alles schon mal erlebt haben will und alles besser weiß.
Wobei die beiden letzten Punkte Teil einer Selbstüberschätzung sind und nicht stimmen. Zuletzt etwa ist Nagelsmann am Seitenrand nicht einfach nur gegangen, sondern stolziert. Er hat auch auf diese Weise die Attitüde vor sich hergetragen, dass er der wichtigste Teil dieser Mannschaft ist.
Und so hat er nachher auch analysiert: Wenn es gut ging, lag es an ihm. Wenn es schiefging, lag es an der Mannschaft. Eigene Fehler hat dieser Trainer nie gesehen. So etwas spüren Spieler sofort. Dieses Phänomen führt zu der legendären Beschreibung: „Er hat die Kabine verloren“. Wenn es so weit ist, dann funktioniert auch die beste Konzeption eines Konzepttrainers nicht mehr.
Gravierende Fehleinschätzungen
Hinzu kommen gravierende Fehleinschätzungen. Nagelsmanns taktischer Eifer und sein Selbstvertrauen, das ihm suggerierte, er könne die Lücke des abgewanderten Robert Lewandowski schon mit seinen Einfällen schließen, ist einer dieser Irrtümer. Aufstellungs- und Auswechsel-Fehlgriffe kamen hinzu und peinliche Ausraster gegenüber Schiedsrichtern. Eine Entwicklung der fabelhaft besetzten Elf, die zuletzt viel zu launisch agierte, ist zudem nicht erkennbar. Hinzu kommt noch die Entlassung des Torwarttrainers Toni Tapalovic, was zu Irritationen innerhalb des Kaders, vor allem bei Kapitän Manuel Neuer führte. Und, auch das: Nagelsmanns Beziehung zu einer „Bild“-Redakteurin, die einst über die Bayern schrieb, daraufhin aber versetzt wurde, galt als problematisch.
Bis jetzt hat der Verein Nagelsmanns Auftreten ertragen. Auch weil seine Verpflichtung 25 Millionen Euro kostete. Doch nun spürt die Klubspitze, dass zu viel nicht passt. Der einfallslose Auftritt beim 1:2 zuletzt in Leverkusen dürfte den Chefs schließlich die Augen geöffnet haben. Und dann haben sie – trotz aktueller Triple-Chance – gehandelt wie immer. Schnell. Rigoros. Und radikal.