Der Wechsel der DFB-Nationalteams zu Nike bedeutet eine Zeitenwende, folgt aber einer wirtschaftlichen Logik, der man sich nicht entziehen kann.
Kommentar zum Ausrüsterwechsel beim DFBVon Adidas zu Nike – sag zum Abschied leise „schade“
Es tut weh, wenn Traumehen zerbrechen, und diese Trennung scheint eine ganze Nation zu schmerzen. Die deutschen Fußball-Nationalmannschaften werden von 2027 an nicht mehr in Trikots der deutschen Weltmarke Adidas auflaufen. Sondern ihre Ausrüstungen aus den USA erhalten, von Nike, dem größten Sportartikler der Welt.
Ein riesiges „Schade“ wogte angesichts der Nachricht durchs Land. Die Triumphe deutscher Nationalmannschaften sind eng verbunden mit den legendären drei Streifen. Adi Dassler persönlich gilt als ein Vater des WM-Titels von 1954, den die deutschen Spieler im Regen von Bern wohl kaum hätten gewinnen können, hätte Dassler ihnen nicht persönlich die Stollen unter die Schuhe geschraubt.
Herzogenaurach steht als jenes Örtchen in Franken, das die deutschen Tugenden noch erweiterte um einen gewissen Tüftlervorsprung. Herzogenaurach, das klang nach Handarbeit; man konnte sich glatt vorstellen, wie dort liebevoll Trikot um Trikot genäht wurde. Adidas und der deutsche Fußball, das war auch ein gefühltes Stück Heimat.
Adidas und der DFB – es ist eine dieser Geschichten, die für immer hätten weitergehen dürfen, und würde man eine Straßenumfrage veranstalten, käme wohl exakt das dabei heraus. Aber das ist eine zu einfache Wahrheit, denn so funktionieren weder Weltkonzerne noch Sportverbände mit mehr als sechs Millionen Mitgliedern.
Tatsächlich ist Adidas eben längst nicht mehr die fränkische Sportartikelmanufaktur von nebenan, in der fröhlich genäht wird. Der Konzern stattet die deutsche Mannschaft sowie zahlreiche ihrer Konkurrenten aus und zahlt riesige Beträge dafür, weil es sich positiv auf die Umsätze auswirkt. Der Deutsche Fußball-Bund wiederum lässt sich dafür bezahlen, Ausrüstung des einen oder des anderen Herstellers zu tragen. Am Ende rechnen sich beide Parteien aus, ob sich der Abschluss lohnt. Und dann kommt man zusammen, bleibt zusammen – oder trennt sich.
Schon im Jahr 2007 verhandelte der deutsche Fußball mit Nike, Oliver Bierhoff befragte damals sogar die Öffentlichkeit, um sich das Mandat für einen Abschluss mit den Amerikanern zu holen. Damals lehnte der DFB das deutlich besser dotierte Angebot aus Oregon ab.
Der Abschluss mit dem US-Giganten sorgt in Frankfurt für Aufatmen
Mittlerweile ist man in der Frankfurter Verbandszentrale jedoch derart in finanziellen Schwierigkeiten, dass man es sich nicht mehr leisten kann, eine unternehmerische Entscheidung zum eigenen Nachteil zu treffen, nur weil man der Öffentlichkeit kein schlechtes Gefühl geben will. Vor allem angesichts der berichteten Differenz zwischen den Angeboten: Adidas soll zuletzt deutlich weniger geboten haben als in den Jahren zuvor. Nike dagegen ist offenbar bereit, künftig einen dreistelligen Millionenbetrag jährlich zu bezahlen. Das Angebot von Nike bedeutete aus Sicht des klammen DFB eine Erlösung.
Sogar Robert Habeck meldete sich zu Wort und äußerte Bedauern. „Adidas und Schwarz-Rot-Gold gehörten für mich immer zusammen“, teilte der Wirtschaftsminister mit und verblüffte mit seinem Wunsch nach mehr „Standortpatriotismus“. Die Gefühle der Öffentlichkeit aufzunehmen, um Zustimmung einzusammeln, war ein populistischer Akt. Dabei dürften sich Habeck die Zusammenhänge erschließen.
Es wird ungewohnt sein, die deutschen Teams künftig in Trikots zu sehen, die nicht in Herzogenaurach entworfen wurden. Doch bis 2027 bleibt immerhin Zeit, den Mythos auszubauen: Bei der Frauen-EM 2025 sowie den anstehenden Männerturnieren: Der EM im Sommer im eigenen Land. Und der WM 2026 mit dem Finale in New York City, das einen würdigen Rahmen bedeutete für den Wechsel vom deutschen zum amerikanischen Weltkonzern.