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0:3 gegen Bayer 04Unglaubliche Statistik in Leverkusen – Tuchel übernimmt Verantwortung

Lesezeit 5 Minuten
Bayern-Trainer Thomas Tuchel nimmt Stellung nach dem 0:3 gegen Bayer 04 Leverkusen.

Bayern-Trainer Thomas Tuchel nimmt Stellung nach dem 0:3 gegen Bayer 04 Leverkusen.

Die Werkself legt im Top-Spiel eine Traumleistung mit Traumergebnis hin. Die Bayern suchen nun nach Antworten.

Düster war die Stimmung, als sich alle mitgereisten Spieler des FC Bayern vor die Kurve ihrer Fans stellten. Die meisten von ihnen hatten die Hände in die Hüften gelegt und hörten sich passiv an, was ihre Anhänger von ihrem Auftritt in Leverkusen hielten – nichts.

Niemand aus dem Kreis der Profis mochte da widersprechen, viel zu substanz- und wehrlos präsentierte sich der deutsche Rekordmeister zuvor während eines in Bezug auf die Meisterschaft vorentscheidenden Spiels, das er nach blamabler Leistung mit 0:3 in Leverkusen verloren hatte. Dieses Bild kontrastierte auf Schärfste mit dem, was sich im Rücken dieser Spieler, knapp 100 Meter entfernt, vor der Nordkurve der Bay-Arena abspielte: Dort wurden die Leverkusener Spieler mitsamt des kompletten Trainerteams umjubelt und gefeiert.

Das geschah nach einer Traumleistung mit einem Traumergebnis völlig zu Recht. Wobei die Stärke der Leverkusener Auswahl sehr von der Schwäche der völlig belanglos auftretenden Bayern ermöglicht wurde. Und so hatte dieses 0:3 nach der Partie Spuren hinterlassen im Kreis der ausgebuhten Profis und ihres Trainers Thomas Tuchel. Nach dem Schlusspfiff irrten einige Bayern-Stars völlig mitgenommen durch den Bereich, in dem sich die Kabinen befinden. Leroy Sané schluffte mit roten Badeschlappen zum Lager des Gegners, um sich mit Josip Stanisic auszutauschen, dem Torschützen zum 1:0, ein Leihspieler im Leverkusener Kader, der aber immer noch den Bayern gehört.

Unglaubliche Statistik: 9:0-Torschüsse für Bayer 04 gegen Bayern München

Granit Xhaka kam später noch dazu, zog sich sein Trikot aus und fragte: „Und Leroy, wie geht es dir?“ Auf die klassische Frage eines gut erzogenen jungen Mannes, in diesem Fall nicht hämisch gemeint, antwortete Sané mit einem Minenspiel, das klar zum Ausdruck brachte, dass es um ihn immer noch so schlecht bestellt war, wie nach dem Tor zum 0:3 in der Nachspielzeit. Da kam er zu spät, um den Treffer von Jeremy Frimpong ins verwaiste Tor noch zu verhindern, woraufhin Sané die Torkamera schärfer attackierte als seine Gegenspieler.

Auch das war eines der vielen bezeichnenden Bilder, das der geschlagene Meister in der Leverkusener Arena hinterließ. Tatsächlich hat dieser Klub 50 Punkte nach 20Spielen gesammelt, das ist herausragend. Aber das Spiel und der Auftritt der Bayern am Samstag wirkte derart verstörend, dass sich die Frage stellte, wie diese in Leverkusen so enorm harmlose Mannschaft die Zahl 50 auf ihrer Habenseite anhäufen konnte.

Es gab tatsächlich keine einzige Torchance für die Gäste, die laut Thomas Müller „genügend Spieler von internationalem Format auf dem Platz“ bringt. Am Ende zählten Statistiker gar 9:0-Torschüsse für Bayer 04. Das zu Null in dieser Wertung ist unglaublich.

Bayern-Profi Thomas Müller: „Wir haben eine Verkopftheit in unserem Spiel“

Müller setzte nach der Partie an zu einer großen Philippika, aufgeregt im Ton, hart in der Wortwahl, ihm fehlen „teilweise Eier in unserem Spiel“, der Druck fresse das Team auf, setze also keine Energie frei und, auch das ließ aufhorchen: „Wir haben eine Verkopftheit in unserem Spiel, vor allem mit dem Ball.“ Müller vermisst die Spielfreude, die Leverkusen zeigt, die Nonchalance der freien Künstler, die überraschende Dinge aus ihrem Repertoire zaubern, und nicht nach einem Schema agieren, das nicht zu ihnen passt.

Eine plötzlich installierte Dreierkette zum Beispiel, die Tuchel am Samstag anordnete. Das erwies sich als genauso gewagt, wie die Tatsache, dass der Trainer den für knapp 30 Millionen Euro von Galatasaray Istanbul verpflichteten Außenverteidiger Sasha Boey als linken Schienenspieler aufbot und nicht etwa Raphael Guereiro, den Tuchel grundsätzlich sehr schätzt. Boey war am Samstag der schwächste Bayern-Spieler.

Joshua Kimmich, einst als Mann für gewisse Momente in diesem Kader geschätzt, blieb nach einer überstandenen Schulterverletzung eine Stunde auf der Bank. Auch Müller, der dem Team vor einer Woche beim 3:1 gegen Mönchengladbach noch Stabilität und Halt verlieh und der in jener Partie an zwei Toren entscheidend beteiligt war, blieb 60 Minuten draußen.

Bayern-Trainer Thomes Tuchel: I„ch übernehme die Verantwortung“

Tuchel sagte dazu, dass er erstmals in dieser Saison „harte Entscheidungen“ treffen musste, er aber froh sei, über eine starke Bank zu verfügen. Und die misslungene Taktik? „Dafür übernehme ich die Verantwortung.“ Und was ist mit den ausgebliebenen Torchancen? „Wir konnten uns nicht durchsetzen.“ Tuchel rätselte zudem darüber „wieso wir es gar nicht geschafft haben, Harry Kane ins Spiel zu bringen.“ Der Engländer kam auf 18 Ballkontakte und keinen Torschuss.

Tuchel konnte nur reichlich machtlos verkünden, „dass wir insgesamt Luft nach oben haben. Ich bin nicht zufrieden mit dem Level, auf dem wir spielen. Wir haben nicht die flüssige und kreative Dominanz gezeigt, die wir schon mal hatten.“ Es fehle vor allem die „Leichtigkeit, Durchsetzungsvermögen und Selbstverständlichkeit“, was sich ja auch mit Müllers Beobachtung deckt. Und was letztlich in einem Zeugnis auch Tuchels Versetzung sehr gefährden würde. Denn für all das ist nicht zuletzt auch er zuständig.

Leverkusen weist mittlerweile einen Vorsprung von fünf Punkten auf die Bayern auf. In Bezug auf die aktuelle Form und den Flow, der gerade solche Dinge wie Leichtigkeit, Durchsetzungsvermögen und Selbstverständlichkeit bewirkt, stellt sich die Frage, ob die Bayern doch noch einmal in den Titelkampf eingreifen können. Tuchel glaubt daran, muss er qua Amt natürlich auch. Es liege an den Bayern selbst, sagt er, „wir werden die Letzten sein, die nicht an uns glauben“. Was seine Spieler nun machen könnten, sagte Tuchel auch noch: „Eine Reaktion zeigen.“