Die 21-Jährige spricht die Rolle von Social Media in der Leichtathletik und ihre Ziele für das Olympia-Jahr 2024.
Leverkusener Sprinterin Franziska Schuster„Eigentlich sind wir ja Sportler und keine Influencer“
Frau Schuster, in den vergangenen Wochen haben Sie über 60 Meter Hürden eine persönliche Hallenbestzeit nach der nächsten aufgestellt. Wie viel Spielraum für weitere Steigerungen sehen Sie noch?
Ich bin davon überzeugt, dass noch viel Potenzial vorhanden ist. Zuletzt beim Istaf-Meeting in Düsseldorf habe ich meinen Lauf nicht als besonders gut empfunden, da gab es sicherlich verbesserungswürdige Details. Ich war überrascht über den dritten Platz und die persönliche Bestzeit von 8,14 Sekunden. Da geht also noch was. Perfekt wäre die B-Norm für die Hallen-WM, die bei 8,08 Sekunden liegt.
Im vergangenen Sommer haben Sie bei den Deutschen Meisterschaften in Kassel die Konkurrentinnen allesamt hinter sich gelassen. Folgt nun in Leipzig der nationale Titel unterm Hallendach?
Bis jetzt sieht es vielversprechend aus. Aber die Konkurrenz schläft nicht. Meine Teamkollegin Marlen Meier, Monika Zapalska vom TV Wattenscheid und Rosina Schneider vom TV Sulz werden genau so heiß sein. Und bei der 60-Meter-Distanz mit fünf Hürden bleibt kein Spielraum, um Fehler auszubügeln. Ich bin sowieso eher keine Hallenläuferin, meine Stärke liegt draußen. Wichtiger als der Titel ist es mir aber eigentlich, eine noch schnellere Zeit zu laufen. Mit diesem Ziel bin ich in die Hallensaison gestartet.
Wäre denn ein Titelgewinn der perfekte Auftakt für weitere große Taten in diesem Jahr?
Das auf jeden Fall. In der Halle gilt es für mich, Punkte für das World-Ranking zu sammeln, um letztlich bei Olympia in Paris dabei sein zu können. Jeder Wettkampf ist auch eine Chance, Erfahrung zu sammeln. Vielleicht ergibt sich außerdem noch die Möglichkeit, bei der Hallen-WM in Glasgow Anfang März starten zu können.
Zur Person: Franziska Schuster (21) ist eine der schnellsten deutschen Hürdensprinterinnen. Seit ihrem Wechsel vom TuS Xanten zum TSV Bayer 04 Leverkusen im Jahr 2020 feierte sie einige Erfolge. Herausragend war der Gewinn der Deutschen Meisterschaft 2023 in Kassel. Zudem belegte sie Rang vier bei der U-23-EM in Espoo (Finnland). Ihre Bestzeit über 100 Meter Hürden liegt bei 13,11 Sekunden. Neben der Leichtathletik absolviert Schuster ein Biologie-Studium in Köln. (wok)
Ist Paris also das große Ziel für dieses Jahr?
Ich habe Olympia sicherlich im Hinterkopf, aber mein Ziel ist erstmal die Europameisterschaft im Juni in Rom. Ich will einen Schritt nach dem anderen machen.
Der TSV Bayer 04 mausert sich zu einer Topadresse für Hürdensprinter. Wie wichtig ist das Zusammenspiel mit Marlene Meier und Tim Eikermann?
Wir sehen uns nicht jeden Tag, weil jeder einen anderen Zeitplan hat, aber wir verstehen uns sehr gut. Es bringt einfach sehr viel, Trainingspartner auf dem gleichen Niveau und mit den gleichen Zielen zu haben. Das pusht. Wir steigern uns zusammen. Das ist sehr cool und macht Spaß.
In anderen Sportarten können die Besten des Landes sich ganz auf Training und Wettkampf konzentrieren, weil sie ausreichend Geld verdienen. Sie absolvieren noch ein Biologie-Studium. Wünscht man sich manchmal Bedingungen wie im Fußball oder Tennis?
Für mich ist es im Moment noch surreal, bei Meetings etwas Geld verdienen zu können. Aber mir ist klar, dass ich mit der Leichtathletik nicht reich werde. Es schwingt immer eine gewisse Unsicherheit mit, weil man nur Sporthilfe erhält, solange man im Bundeskader steht. Wenn man länger verletzt oder außer Form ist, kann es eng werden. Das gilt allerdings für die meisten Sportarten. In anderen Ländern ist das nicht so. Es wäre sicherlich schön, wenn die Bedingungen ein wenig anders wären. Grundsätzlich komme ich aber mit meiner Situation gut zurecht.
Einigen Leichtathletinnen gelingt es auch, sich selbst sehr erfolgreich zu vermarkten. Muss man einen Plan für Außendarstellung und Social Media in der Tasche haben, wenn man richtig durchstarten will?
Ja, das gehört wohl dazu. Auch Sponsoren und Ausrüster schauen inzwischen nicht mehr nur auf Leistungen, sondern auch auf die mediale Präsenz und Reichweite der Athleten. Das sollte man auf dem Schirm haben. Für mich ist das kein Problem. Ich poste gerne Beiträge auf Social Media und mag den Umgang mit Bildern. Man muss einen Spagat hinbekommen, interessant sein und auf der anderen Seite für sich entscheiden, wie viel Privatsphäre man aufgibt. Und man muss weiterhin die nötige Zeit und Energie ins Training stecken. Eigentlich sind wir ja Sportler und keine Influencer. Im Training kommt mir in der Regel gar nicht der Gedanke, Fotos oder Videos für Follower zu machen. Da bin ich mental zu tief drin.