AboAbonnieren

Mäzen gibt Macht abBayer 04 wird dem Beispiel von Hopp und Hoffenheim nicht folgen

Lesezeit 3 Minuten

Dietmar Hopp, Mäzen von 1899 Hoffenheim.

Der Milliardär will seinen Verein TSG Hoffenheim wieder der Kontrolle der Mitglieder übergeben.

Mäzen Dietmar Hopp hat am Mittwoch für einen Paukenschlag im deutschen Profi-Fußball gesorgt. Der Mehrheitseigner der TSG Hoffenheim verzichtet auf seinen Sonderstatus bei den Kraichgauern und gibt die Stimmrechtsmehrheit an der Profi-Abteilung wieder an den Verein zurück. Das gab die TSG am Mittwoch bekannt. Damit wird der Verein wieder in den Kreis der von Mitgliedern geführten Vereine zurückkehren, die unter dem Begriff 50+1 zusammengefasst sind.

Die TSG Hoffenheim zählte bisher neben Bayer Leverkusen und dem VfL Wolfsburg zu den von der Deutschen Fußball Liga (DFL) genehmigten Ausnahmen mit Blick auf die sogenannte Investorensperre. Das Bundeskartellamt hat angemahnt, dass die DFL an diesen Ausnahmen Änderungen vornehmen müsse, damit die 50+1-Regel weiterhin dessen Unterstützung erhält. Damit gerät auch der Status von Bayer 04 Leverkusen wieder stärker in den Fokus.

Im Interview mit dem „Kölner-Stadt-Anzeiger“ hatte Fernando Carro, Vorsitzender der Geschäftsführung, Ende Dezember erklärt: „Bayer 04 ist ein Traditionsverein. Nur der FC Bayern und der BVB spielen länger ununterbrochen in der Bundesliga. Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass die derzeitige Regelung in Ordnung ist. Wir arbeiten trotzdem an einer Lösung. Ich hoffe, dass wir mit dem Kartellamt, der DFL und den betroffenen Klubs eine Lösung finden, die allen gerecht wird und einem Verein wie Bayer 04 Leverkusen seine Existenz absichert.“

Bayer 04 hatte am 1. April 1999 durch die Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung des 1904 gegründeten „Turn und Sportverein Bayer 04 Leverkusen e.V.“ seine derzeitige Rechtsform erhalten. Seitdem hält die Bayer AG 100 Prozent der Anteile. Der DFB hatte das wie auch beim VfL Wolfsburg mit Volkswagen als Eigentümer aufgrund der langjährigen Verbundenheit der Sponsoren mit ihren Klubs genehmigt. Hoffenheim und Dietmar Hopp wurde dieses Privileg 2015 zugestanden.

Andreas Rettig fordert Bayer 04 und Wolfsburg zur Nachahmung auf

Den Verzicht des ehemaligen SAP-Mitbegründers auf die Mehrheitseignerschaft empfindet Andreas Rettig als „großartiges Zeichen von Herrn Hopp“. Der ehemalige DFL-Geschäftsführer und Manager des SC Freiburg, 1. FC Köln und FC Augsburg hatte als Geschäftsführer des FC St. Pauli die Überprüfung von 50+1 im Jahr 2018 indirekt ausgelöst, als er in einer DFL-Sitzung im Namen seines damaligen Klubs ein Bekenntnis des deutschen Profi-Fußballs zu 50+1 forderte. Im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatte Rettig am vergangenen Montag die aktuell gültigen Ausnahmen angeprangert: „Die einen durften sich zu 100 Prozent verkaufen. Die anderen hingegen nur 49,9 Prozent der Anteile mit Stimmrecht. Das ist eine eklatante Wettbewerbsverzerrung.“

In Richtung Bayer 04 Leverkusen und VfL Wolfsburg sagt Rettig jetzt: „Es wäre wünschenswert, wenn auch die beiden anderen Klubs dem Beispiel von Dietmar Hopp und Hoffenheim folgen. Das wäre ein großer Schritt in Richtung Wettbewerbsfrieden in der Liga.“ Allerdings ließ der Werksklub am Mittwoch klar durchblicken, dass er dem Hoffenheimer Vorbild nicht folgen will. Klubchef Fernando Carro erklärte gegenüber dieser Zeitung: „Das ist eine individuelle Entscheidung von Herrn Hopp und der TSG Hoffenheim, die an dem laufenden Prozess und seiner Notwendigkeit nichts ändert. Wir sind zuversichtlich, das Thema bald und für alle Beteiligten zufriedenstellend gelöst zu haben.“

Ich weiß, dass 50+1 ein hohes Gut im deutschen Fußball darstellt
Dietmar Hopp

Der Milliardär Dietmar Hopp bringt durch den Schritt seine Solidarität mit der Sperrklausel zum Ausdruck, die verhindern soll, dass Profi-Vereine, anders als in England, Frankreich, Italien und Spanien, von Investoren übernommen und damit der Kontrolle durch ihre Mitglieder entzogen werden können. „Mir ging es nie um Macht“, sagt Hopp, „wir haben vor und nach der Erteilung der Ausnahmegenehmigung immer im Sinne von 50+1 agiert. Der Sonderstatus diente nie dazu, diese Regelung aushöhlen oder unterwandern zu wollen. Ich weiß, dass die 50+1-Regelung, die ich immer befürwortet habe, ein hohes Gut im deutschen Fußball darstellt.“ Bereits in den kommenden Tagen soll die Rückgabe der Rechte in die Wege geleitet werden. (mit sid)