Vorbereitung der PladoyersProzess gegen Jérôme Boateng auf der Zielgeraden?

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Jerome Boateng (r), Fußball-Profi, steht im Landgericht neben seinem Anwalt Leonard Walischewski im Gerichtssaal. Der ehemalige Fußball-Nationalspieler muss sich wegen des Vorwurfs der Körperverletzung an seiner Ex-Partnerin vor Gericht verantworten.

Jerome Boateng (r), Fußball-Profi, steht im Landgericht neben seinem Anwalt Leonard Walischewski im Gerichtssaal. Der ehemalige Fußball-Nationalspieler muss sich wegen des Vorwurfs der Körperverletzung an seiner Ex-Partnerin vor Gericht verantworten. (Archivbild)

Gewaltvorwürfe gegen Ex-Fußballnationalspieler Jérôme Boateng beschäftigen seit Jahren Gerichte. Dennoch könnte ein Ende in Sicht sein.

Das Gezerre im Prozess gegen Fußball-Profi Jérôme Boateng geht vorerst weiter - die Vorsitzende Richterin Susanne Hemmerich setzt aber auf ein baldiges Ende.

Am Freitag scheiterten zwar neuerliche Verhandlungen über eine Verständigung. Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Nebenklage hätten keine Einigung erzielen können, sagte Hemmerich anschließend in der Verhandlung vor dem Landgericht München I. Bereits zu Beginn des Prozesses war ein sogenanntes Rechtsgespräch ohne Ergebnis geblieben. Am Ende bat die Richterin die Prozessbeteiligten allerdings, sich auf mögliche Plädoyers schon beim nächsten Mal vorzubereiten. „Vielleicht kommen wir ja doch zu einem Ende.“

Boateng-Prozess vor Ende? Anschuldigungen gegen Fußballstar liegen Jahre zurück

Am kommenden Freitag soll aber zunächst noch Boatengs Mutter als Zeugin befragt werden. Das hatte die Nebenklagevertreterin am Freitag beantragt. Anschließend bekräftigte Boatengs Ex-Freundin ihre Gewaltvorwürfe – die der Angeklagte zurückweist.

Die Anschuldigungen, um die es in dem langwierigen Verfahren geht, liegen Jahre zurück: Die Ex-Freundin von Boateng wirft ihm vor, sie 2018 in einem gemeinsamen Karibik-Urlaub attackiert zu haben. Sie gab an, der heute 35-Jährige habe ein Windlicht und eine Kühltasche nach ihr geworfen. Später habe er sie angespuckt, an den Haaren gezogen, mit beiden Händen ins Gesicht geschlagen und ihr in den Kopf gebissen. Sie habe sich an den Glasscherben des zerbrochenen Windlichts geschnitten, Hämatome und Schürfwunden erlitten. Er habe ihr gedroht, er werde dafür sorgen, dass die gemeinsamen Kinder in ein Heim kommen, wenn sie ihn wegen des Vorfalls anzeigen sollte.

Am Freitag bekräftigte die Ex-Freundin unter anderem, Boateng habe sie damals mit den Händen am Kopf gepackt und auch in den Kopf gebissen. Anschließend habe er sie an den Haaren von der Couch heruntergezogen. Und sie berichtete von einem weiteren Vorfall: Nach einer Geburtstagsfeier im Jahr 2016 habe Boateng sie zunächst am Aussteigen aus einem Auto hindern wollen. Als sie vor ihm weggerannt sei, habe er sie geschubst, sodass sie gefallen sei und ihre Hand an der Bordsteinkante verletzt habe. Am Unterarm sei damals ein Stück eines Knochens abgesplittert.

Boateng hatte die Vorwürfe seiner Ex-Partnerin schon zu Beginn des neuen Verfahrens bestritten. Er gab an, sich im Karibik-Urlaub nur gegen einen Angriff seiner damaligen Partnerin gewehrt und sie weggeschubst zu haben. Für dieses Schubsen bat er um Entschuldigung. In seiner ausführlichen Einlassung vor Gericht sprach er von einem „Alptraum“ und bestritt die Gewaltvorwürfe.

Ein medizinischer Sachverständiger wollte sich am Freitag angesichts der damals festgestellten Verletzungen auf kein Szenario festlegen und auch keines ausschließen. Er sagte allerdings, eine Abwehrbewegung, wie sie Boateng geschildert habe, hätte sehr kräftig sein müssen. Ein bloßes Zurückschieben genüge nicht, es müsse schon „etwas Erheblicheres“ gewesen sein.

Zu Beginn des Prozesstages hatte es erneut einen Disput zwischen der Vorsitzenden Richterin und der Staatsanwältin gegeben. Die Richterin warf der Staatsanwaltschaft vor, ihr Aktenbestandteile vorzuenthalten und nicht objektiv zu ermitteln – wogegen sich die Staatsanwältin ausdrücklich verwahrte. Sie wies zudem Kritik der Richterin wegen eines weiteren immer noch laufenden Ermittlungsverfahrens gegen Boateng zurück: Sie machte deutlich, dass sich die Staatsanwaltschaft nicht vom Gericht vorschreiben lassen müsse, wie sie ihre Ermittlungen führe.

Das Verfahren gegen den langjährigen Verteidiger des FC Bayern München, der gerade vom italienischen Club US Salernitana zum Linzer ASK in Österreich wechselte, zieht sich lange hin. Das Amtsgericht München hatte bereits im Jahr 2021 eine Geldstrafe gegen Boateng verhängt: 60 Tagessätze zu je 30 000 Euro, also insgesamt 1,8 Millionen Euro.

Das Landgericht München I verurteilte Boateng dann im Oktober 2022 wegen eines Angriffs auf seine Ex-Freundin in einem Karibik-Urlaub in zweiter Instanz wegen Körperverletzung und Beleidigung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 10 000 Euro - insgesamt 1,2 Millionen Euro. Doch das Bayerische Oberste Landesgericht kassierte das Urteil wegen durchgehender Rechtsfehler. (dpa)

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