Rund um KölnArtur Tabat und André Greipel über die Neuausrichtung des Rennens
Köln – Rund um Köln fand zuletzt 2019 statt, danach fiel das Rennen wegen der Pandemie zweimal aus. Die 104. Auflage ist für diesen Sonntag angesetzt, Start und Ziel sind im Rheinauhafen platziert, in Höhe des Harry-Blum-Platzes. Der neutralisierte Start erfolgt dort um 10.35 Uhr. Die Profis erreichen gegen 15.30 Uhr die Zielgerade auf der Rheinuferstraße. Das Rennen wird ab 12 Uhr bei sportschau.de und bei wdr.de im Livestream übertagen. Artur Tabat, von 1973 bis 2018 alleiniger Organisator der Veranstaltung, hat die Veranstaltung schon 2020 in die Hände der Köln Marathon GmbH gelegt. Noch eine Neuerung: Sportlicher Leiter des Rennens ist nun der in Hürth lebende Ex-Profi André Greipel.
Herr Greipel, nach Abschluss Ihrer Karriere Ende 2021 engagieren Sie sich nun als sportlicher Leiter von Rund um Köln. Wie kam es dazu?
André Greipel: Wenn Artur eine Nachricht schreibt, was sollst du denn da sagen? Die Nachricht kam Anfang des Jahres, und ich hatte Vakanzen. Wenn ich helfen kann, gerade Artur und dem Rennen, dann helfe ich gerne.
Worin genau bestehen Ihre Aufgaben?
Greipel: Ich kann den Organisatoren die Sicht eines Rennfahrers schildern. Ich habe zum Beispiel empfohlen, die Zielkurve zu entschärfen. Jetzt fahren wir vor der Einfahrt Richtung Ziel am Rheinauhafen auf der Gegenfahrbahn der Severinsbrücke, um die letzte Kurve zu entschärfen. Das ist vor allem für die Jedermänner wichtig. Die letzte Kurve ist dann eben 400 Meter lang, nicht 800. Das ist ein Gefahrenpunkt weniger.
Artur Tabat: Und du beteiligst dich stark bei der Akquise der teilnehmenden Profis.
Greipel: Du musst die Teams überzeugen. Wir haben nun sechs World Tour-Teams dabei.
Tabat: Sechs World Tour Teams – das ist prima, damit bin ich total glücklich. Das hatten wir 2019 nicht. Ich weiß ja, was das kostet.
Welchen Stellenwert hat Rund um Köln für Sie, Herr Greipel?
Greipel: Für mich war es was Großes. Als Profi hatte ich ja die Nähe: Wohnort Hürth, Renneinsatz in Köln, das war schon sehr schön. Meine Familie, meine Frau und meine beiden Töchter waren auch immer dabei. Als Nachwuchsfahrer bist du stolz, wenn du so ein Rennen fahren kannst, bei dem nach dir die Profis starten. Es war unglaublich, was 2003 während des Sieges von Jan Ullrich in Köln los war. Ich habe damals das Nachwuchsrennen gewonnen. Ullrichs Sieg, die Euphorie, das werde ich nie vergessen. Sensationell. Das fehlt gerade: Die an die Profirennen angeschlossenen Nachwuchsrennen.
Tabat: Wir mussten das damals einstellen, was mir sehr schwer gefallen ist. Ich hätte das U23-Rennen sehr gerne aufrechterhalten. Aber es ließ sich organisatorisch leider nicht mehr für uns als ausrichtender Verein Cölner Straßenfahrer umsetzen. Ich habe immer gesagt, dass die Amateure dazugehören. Ist leider nicht mehr so, das ist sehr schade. Denn es gab immer was zu erzählen. Etwa, als ich die Jungs im Amateurrennen auf dieselbe Strecke geschickt habe wie die Profis. Die waren deutlich früher gestartet. Und sie waren am Ende zehn Minuten schneller.
Greipel: Da war ich dabei. Da hat es geregnet. Das war 2001.
Tabat: Da haben wir gesagt, wir müssen diese Form der Doppelrennen ganz schnell und unbedingt ändern. Das war ja beschämend für die Profis.
Herr Tabat, das Rennen ist wegen der Pandemie zweimal ausgefallen, gerade in der Zeit des Übergangs von Alexander Donike auf die Marathon GmbH nach dem Rennen von 2019. Wie haben Sie das verarbeitet?
Tabat: Das waren harte Schläge. Das erste Mal war schon heftig. Das habe ich aber verstanden. Das zweite Mal war noch heftiger. Ich hatte 2021 gehofft, dass wir später im Jahr einen anderen Termin finden können. Aber das hat nicht geklappt. Umso mehr freut es mich, dass es nun weiter geht.
2020 übernahm dann die Marathon GmbH. Erst jetzt kommt es zum Debüt für die neuen Organisatoren. Wie machen sie es?
Tabat: Ich habe die Leute der Marathon GmbH um Markus Frisch zehn Jahre beobachtet. Und ich bin von ihm, seinem Team und der Arbeit, die die Leute leisten, sehr angetan. Sie machen das hauptberuflich. Das war mir gar nicht möglich, all die Jahre nicht. Ich habe mir ja immer Zeit abgeknapst, wo es ging. Ich habe mir gedacht: So wie der Marathon, so muss auch Rund um Köln aufgestellt werden. Das neue Team hat auch Visionen für die Zukunft. Das gefällt mir.
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Wie klappt die Zusammenarbeit mit Markus Frisch?
Tabat: Bestens. Wenn er Fragen hat, ruft er an. Er sucht, wenn es nötig ist, meinen Rat. Das Helfergen ist mir einfach gegeben.
Welche Art von Rennen erwarten Sie am Sonntag?
Greipel: Ich gehe davon aus, dass es ein sehr aggressiv geführtes Rennen wird. Allerdings wird es hinten raus auch oft kontrolliert, so dass es zu einem Sprint kommen kann. Dieses Jahr ist es aber schwer für die Sprinterteams, denn es gibt sehr selektive Runden im Bergischen Land.
Wer ist zu beachten?
Greipel: Das deutsche Team Bora-hansgrohe schickt ein sehr starkes Team nach Köln. Das ist die Mannschaft, die es zu schlagen gilt. Sie haben mehrere Optionen. Eine davon ist der Hürther Nils Politt bei seinem Heimrennen, aber natürlich auch Politts Teamlollege Sam Bennett aus Irland, der in Köln bereits zweimal gewonnen hat.
Herr Tabat, die viele freie Zeit muss für Sie doch nun auch ein Vergnügen sein.
Tabat: Eigentlich schon. Aber ich kann die Finger nicht vom Radsport lassen. Ich habe meine Freizeit dafür genutzt, am 10. Juli ein Rennen auf der Wilhelm-Mauser-Straße in Köln-Bickendorf zu organisieren. Dort war 1973 die Zielgerade, als ich das erste Mal Rund um Köln alleine ausgerichtet habe. Ich habe außerdem im Hinterkopf, am letzten Sonntag im September im Gewerbegebiet von Hürth, dort, wo meine Firma steht, auch noch ein kleines Rennen zu machen.