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Kommentar

„Unterschätzte Magie“
So kommentierte der „Kölner Stadt-Anzeiger“ vor 23 Jahren Rudi Völlers erstes DFB-Amt

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Lesezeit 3 Minuten
Rudi Völler winkt seinen Fans beim Training der deutschen Fußball-Nationalmannschaft im Jahr 2003 in Dortmund.

Rudi Völler winkt seinen Fans beim Training der deutschen Fußball-Nationalmannschaft im Jahr 2003 in Dortmund.

Der Eindruck, den Rudi Völler als Bundestrainer damals hinterließ, erklärt vielleicht die Hoffnung beim DFB heute. Ein Kommentar des „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus dem Jahr 2000.

Im Jahr 2000 wurde Rudi Völler Teamchef und führte das deutsche Team zur Vize-Weltmeisterschaft 2002. Nun steht der 62-Jährige vor einem erneuten Engagement beim DFB und soll der neue Sportchef der Nationalmannschaft werden.

Der Auftrag: Die schlechte Stimmung rund um die DFB-Elf in Hinblick auf die EM 2024 in Deutschland ins Gegenteil umzukehren. Der Eindruck, den Völler damals als Teamchef hinterließ, erklärt vielleicht die Hoffnung beim DFB heute.

Ein Kommentar von Frank Nägele, veröffentlicht im Jahr 2000 beim „Kölner Stadt-Anzeiger“.

DFB-Teamchef Rudi Völler lebt Grundwerte des Fußballs vor

Vielleicht werden Linguisten ein Phänomen des deutschen Fußballs irgendwann mit der Wirkungsweise des Vokals U erklären, der sich wie kein anderer dazu zu eignen scheint, Respekt, Bewunderung, ja eine ganz spezielle Form der Liebe zu transportieren. Ohne dieses U wäre der Spieler Seeler („Uuuuwe“) wohl nie das zu seiner Zeit meist besungene Idol geworden. Und der Spieler „Völler“ („Ruuudi“) wohl auch nicht.

Was überrascht, ist die Wucht, mit der dieser Zauber Jahre danach zurückkehrt. Zwei Spiele als Teamchef der deutschen Nationalmannschaft haben Rudi Völler genügt, die Fußball-Nation in Begeisterung, Hypnose, Trance zu versetzen. Vergessen das Jammertal der letzten Monate, hinweggefegt die Prophezeiungen einer schwierigen Genesung des Patienten Nationalmannschaft.

Mag der Experte personelle, taktische und psychologische Erklärungen für die wundersame Wandlung einer nahezu unveränderten Mannschaft vom Sauhaufen zur Sympathietruppe versuchen. Das Volksempfinden kennt nur eine Formel: Rudi, mit vielfachem u, Völler. Diejenigen, die den zuvor bei Bayer Leverkusen als Sympathieträger und weltweiten Türöffner engagierten Ex-Nationalspieler in ihrer Not diesen zeitlich begrenzten Übergangsjob aufgenötigt haben, mögen von den Folgen ihrer Tat am überraschtesten sein.

Man hat in Rudi Völler eine populäre Figur gesehen, die genug Kredit besitzen würde, die Elitemannschaft in den zehn Monaten bis zum Amtsantritt des designierten Bundestrainers Christoph Daum unfallfrei durch die WM-Qualifikation zu führen. Doch mit der Wirkung, die er jetzt entfaltet, hat im Ernst niemand gerechnet. Sie ist so stark, dass sie bei weiteren Erfolgen sogar die nahtlose Ablösung durch Christoph Daum in Frage stellt.

Vermutlich war es die tägliche Nähe Völlers zum Ex-Arbeitgeber Leverkusen und dem neuen Arbeitgeber Deutscher Fußball-Bund, die dazu geführt hat, dass man ihn für einen beliebten und überdurchschnittlich netten früheren Nationalspieler hielt. Rudi Völler ist aber mehr. Er ist, das lässt sich nicht besser formulieren, ein Mann des Volkes. Aufgewachsen in einer ganz normalen Hanauer Familie, verkörpert und vertritt er die Grundwerte, nach denen sich der Fußball-Anhänger in diesen Tagen sehnt: Aufrichtigkeit, Ehrlichkeit, ja auch Bescheidenheit.

Wer mit ihm spricht, begegnet einem normalen Menschen. Wer ihn Fußball verfolgen sieht, betrachtet einen normalen Fan. Wer sein Wort hat, kann sich darauf verlassen. Darin steckt die vielleicht schon unterschätzte Magie der Figur.