LeichtathletikZwei Stabhochspringer aus Leverkusen auf dem Weg zur Weltmeisterschaft
- Die Stabhochspringer Torben Blech und Bo Kanda Lita Baehre treiben sich gegenseitig an.
- Der gescheiterte Zehnkämpfer Blech überholt den talentierten Spezialisten Lita Baehre.
- Die Freundschaft ist stärker als der Gedanke, den anderen übertrumpfen zu wollen.
Leverkusen – Es ist noch nicht lange her, da waren Torben Blech und Bo Kanda Lita Baehre nichts weiter als Vereinskollegen beim TSV Bayer 04 Leverkusen. Der eine ein nicht besonders auffälliger, von Verletzungen geplagter Zehnkämpfer. Der andere ein großes Talent im Stabhochsprung, Überraschungs-Deutscher-Meister von 2017, ein Versprechen für die Zukunft.
Heute sind der 24 Jahre alte Blech und der 20 Jahre alte Lita Baehre gute Kumpels. Disziplinkollegen. Trainingspartner. Einander gegenseitig zu Höhenflügen anstachelnde Konkurrenten. Und bei der am Freitag in Katars Hauptstadt Doha startenden Leichtathletik-WM wohl zudem Zimmergenossen.
Der Rücken verhinderte Blechs Zehnkämpfer-Karriere
„Talent wurde mir als Zehnkämpfer immer bescheinigt“, sagt Blech. „Vielleicht hätte mal jemand Großes aus mir werden können.“ Vielleicht. Wenn da nicht der ewig stressende Rücken gewesen wäre. Und das Motivationsproblem. Der Mehrkampf ist nicht nur eine der trainingsintensivsten Disziplinen der Leichtathletik, sondern auch die, bei der es das größte Maß an innerer Motivation bedarf.
Mehrkämpfer absolvieren maximal drei Wettkämpfe pro Jahr, ihre Möglichkeiten, anzuwenden, wofür sie tagtäglich viele Stunden üben, Erfolge zu sammeln, Startgelder zu kassieren, im Rampenlicht zu stehen sind also sehr beschränkt. Und wenn dann noch, wie es auf Grund der vielfältigen, hohen Belastungen im Zehnkampf nicht selten ist, ständig Verletzungen dazu kommen, kann es einem Athleten schnell so ergehen wie Blech. „Ich habe in fünf Jahren nur sechs Zehnkämpfe durchgebracht“, erzählt er.
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Im vergangenen Sommer nahm er öfter mal an Stabhochsprung-Meetings teil, das war seine Lieblingsdisziplin, da konnte er auf kleineren Meetings halbwegs mithalten. Und da bekam ein paar Euro an Prämien und viel Nähe zu den Fans. „Das waren Zückerchen, die er so nicht kannte“, sagt Christine Adams, in Leverkusen Trainerin von Blech und Lita Baehre und zugleich Teamleiterin Stabhochsprung im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV). Im Herbst 2018 fiel die Entscheidung: Blech wollte sich künftig ganz auf den Stabhochsprung konzentrieren. Seine Bestleistung stand bei 5,42 Metern.
Das Ziel für 2019 sei gewesen, sich auf 5,50 Meter zu steigern, erzählt Christine Adams. 5,60 Meter, das ist die Höhe, bei der Lita Baehre sich eingependelt hatte, eine Höhe kurz vor Weltklasse. 5,70 Meter reichen für internationale Qualifikationen, 5,80 Meter können auch schon mal einen großen Sieg bringen, 5,90 Meter sind richtig gut, 6,00 Meter sind das Maß aller Dinge – aktuell allerdings fast schon alltäglich. In diesem Jahr sind mit Sam Kendricks (USA, 6,06 Meter), Piotr Lisek (Polen, 6,02) und dem schwedischen Überflieger Armand Duplantis (6,00), der so alt ist wie Lita Baehre, schon drei Athleten über die magische Marke geflogen. Aber das ist eine andere Geschichte. Torben Blech begann also, gemeinsam mit Lita Baehre unter Christine Adams zu trainieren. Und Ende Januar hakte er das Saisonziel ab: 5,50 Meter. Was folgte, damit konnte niemand rechnen. Über die 5,71 Meter (WM-Norm) steigerte sich Torben Blech auf für einen Anfänger sagenhafte 5,80 Meter – das bedeutet Olympia-Norm.
Die Folgen waren erheblich. Der für September geplante Griechenlandurlaub musste abgesagt werden, stattdessen geht Blech jetzt in Doha auf Höhenjagd. Und kann fast schon sicher für eine Reise zu den Olympischen Spielen 2020 in Tokio planen, da es außer Lita Baehre und dem ehemaligen Weltmeister Raphael Holzdeppe (Zweibrücken) zur Zeit nicht wirklich weitere Olympia-Anwärter im deutschen Stabhochsprung gibt.
Bei seinem Durchmarsch in die Weltspitze hat Blech auch mal eben seinen Kollegen Lita Baehre überholt, der sich in dieser Saison auf 5,72 Meter steigern konnte. Der Haussegen hängt deshalb aber nicht schief in der Leverkusener Trainingshalle, im Gegenteil, es herrscht Aufbruchstimmung: „Ich bin nicht sauer“, sagt Lita Baehre. Er freue sich lieber über die eigenen Fortschritte: „Ich bin technisch besser geworden und springe konstanter. Wenn die Technik sauber bleibt, kommt die Höhe in den nächsten Jahren von allein, da mache ich mir keinen Stress.“
Trainerin Adams sagt: „So etwas wie Zickenalarm gibt es nicht, die Jungs sehen das sportlich, die wissen, dass sie voneinander profitieren.“ Nachdem Blech die WM-Norm geschafft hatte, sei Lita Baehre im Training „krass konzentriert“ gewesen, „denn natürlich ist es für Bo ganz schlimm, nur noch die Nummer zwei der Trainingsgruppe zu sein“. In Doha hat er die Chance, das zu ändern. Die Qualifikation der Stabhochspringer findet am Samstag (16.30 Uhr) statt, das Finale am Montag (19.05 Uhr).