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Interview

Ausblick
Was hat Bürgermeister Gennies 2025 in Reichshof vor?

Lesezeit 4 Minuten
Eine Frau und zwei Männer am Rand eines Schwimmbeckens, darin einige Kinder.

An der Schwimmoffensive des Kreissportbundes beteiligt sich Rüdiger Gennies (l.) gern, auch wenn die Zukunft des Schwimmbads in Wildbergerhütte ungewiss ist.

Rüdiger Gennies (65) ist seit 2009 Bürgermeister der Gemeinde Reichshof. Im Interview spricht er mit Torsten Sülzer über Vorhaben, die 2025 erledigt werden sollen.

Herr Gennies, welches Projekt muss bis Ende 2025 erledigt sein?

Rüdiger Gennies: Wir haben im Moment zwei Dinge im Bau und in der Vollendung, das ist die Erweiterung des Feuerwehrgerätehauses in Wehnrath und der Anbau von drei Klassenräumen an die Grundschule in Hunsheim, um auch der Offenen Ganztagsschule gerecht zu werden.

Was soll sonst noch bis Ende Ihrer Amtszeit erledigt sein?

Im Bau ist ja auch noch der Bürgertreff in der Turnhalle Wildbergerhütte, im Rahmen des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes. Aber das wird bis Ende meiner Amtszeit nicht einweihungsreif sein.

Zuletzt hat Reichshof viele zugesagte Fördermillionen zurückgegeben, weil der Eigenanteil zu hoch war. Sind die fetten Jahre in Reichshof vorbei? Und wagen Sie eine Prognose zur Entwicklung der Gemeindefinanzen 2025?

Ob die fetten Jahre vorbei sind, muss man erst mal sehen. Im Moment haben wir sicherlich mit dem Haushalt 2025 bis 2028 einen Bruch in der positiven finanzwirtschaftlichen Entwicklung, insbesondere bei der Gewerbesteuer. 2022 und 2023 hatten wir ja sehr hohe Ergebnisse, die bei rund 24 oder 25 Millionen lagen. Im vergangenen Jahr haben uns die konjunkturelle Entwicklung und auch Nachwirkungen aus der Coronazeit getroffen. Deshalb ist unsere Gewerbesteuer rund 3,6 Millionen Euro unter dem Ansatz von 18,5 Millionen Euro geblieben. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Planungen für 2025 und Folgejahre, wo wir mit deutlich geringerem Vorauszahlungssoll starten und dadurch das Aufkommen geringer ist. Und wenn ich die Zeichen richtig deute, dann zeichnet sich aktuell nicht ab, dass sich die konjunkturelle Lage – und damit die Gewerbesteuersituation – nennenswert verbessern wird.

Wenn sich auf der Einnahmenseite nichts tut, müssen also die Ausgaben gekürzt werden, oder?

Das ist mehr als schwierig, weil wir ja seit Jahrzehnten Haushaltskonsolidierung betreiben und immer wieder Positionen im Haushalt eingespart haben. Klar ist auch – und das drückt sich im Wesentlichen in der Entwicklung der Kreisumlage aus – dass z.B. Soziales, Jugend, ÖPNV, immer höhere Kosten verursachen. Das Sozialstaatsprinzip wird massiv überstrapaziert und die staatliche Finanzierung von Bund und Land sind für Kreise, Städte und Gemeinden völlig unzureichend. Leider schlägt die Finanzierung dann über die Grundsteuer voll auf unsere örtlichen Steuerzahler durch. Insofern sehe ich für 2025 und die Folgejahre weiterhin eine schwierige Entwicklung in der Haushaltswirtschaft auf uns zukommen.

Halten Sie die zurzeit diskutierte Altschulden-Übernahme durch Land und Bund für ein realistisches Szenario? Kann Reichshof davon profitieren?

Da ist eine Prognose schwierig. Das Thema geistert ja schon seit vielen Jahren zwischen Land und Bund hin und her. Was das Grundgesetzänderungsverfahren des Bundes angeht, bin ich sehr skeptisch, weil Baden-Württemberg und Bayern ja nicht unbedingt ihre Zustimmung im Bundesrat signalisieren. Und wenn ich das mal auf Reichshof runter breche: Wir haben bisher nicht die Kassenkredite in dem Umfang wie andere Kommunen gehabt. Daher habe ich Bedenken, ob wir überhaupt davon profitieren werden. Für uns wäre es gut, wenn man der Kommune im gleichen Verhältnis eine pauschale Finanzzuweisung zukommen lassen würde.

Stichwort Glasfaserausbau: Wie kann die Entwicklung in Reichshof da weitergehen?

Wir haben den Förderbescheid des Bundes über 25 Millionen Euro leider zurückgeben müssen, weil sich für uns zehn Millionen Eigenanteil ergeben hätten. Über vier Jahre Bauzeit verteilt, hätten wir 2,5 Millionen Euro pro Jahr aus dem schon sehr angespannten Ergebnishaushalt finanzieren müssen. Das hätte für die Bürgerinnen und Bürger noch mal eine exorbitante Grundsteuer B-Erhöhung um 474 Prozentpunkte für den Ausbauzeitraum bedeutet. Wir mussten daher im Rat die Reißleine ziehen. Das heißt, dass die 4500 Haushalte, die noch auf einen Ausbau warten, zunächst auf unbestimmte Zeit leider keinen Glasfaseranschluss bis ins Haus bekommen. Wir können im Grunde nur darauf setzen, dass Bund und Land – insbesondere das Land NRW – sich noch mal die Förderrichtlinien im Jahr 2030 anschaut und die Förderquote deutlich verbessert, wenn die Ausbauziele, die man sich auf Bundes- und Landesebene gesetzt hat – Glasfaser in jedes Haus bis 2030 – nicht erfüllt sind. Für mich ist der flächendeckende Glasfaserausbau bis in jedes Haus eine gesamtstaatliche Aufgabe, die gemeinsam von Bund und Ländern in einer gemeinsamen Agentur hätte umgesetzt und finanziert werden müssen.