Kreistagspolitiker loben Rhein-Bergs Kreisdirektor trotz der geplatzten Wiederwahl – und lassen seine Stelle ausschreiben.
Wiederwahl geplatztRhein-Bergs Kreishausspitze geht, die Sorgen wachsen
Er wirkt gelöst, wirklich entspannt, aber scheint er nicht. Zu viel liegt dafür hinter Dr. Erik Werdel, als er am Donnerstagabend auch von Vertretern der Koalition gelobt wird, die noch Anfang Dezember seinen Posten abschaffen und dem 54-Jährigen damit nach Ablauf seiner zweiten Amtszeit Ende Mai tatsächlich den Stuhl vors Kreishaus setzen wollten. Nur unter massivem öffentlichen Druck war der Antrag von CDU und Grünen am Ende doch noch geplatzt.
CDU hatte mit Kreisdirektor auch über Landratskandidatur gesprochen
Nun hörte sich das anders an: „Lieber Kreisdirektor, lieber Erik, es war eine wirklich gute Zeit“, lobte der neue CDU-Fraktionsvorsitzende Uwe Pakendorf den scheidenden Kreisdirektor und sprach von Ideen, die man entwickelt hatte, „was man noch alles gemeinsam hatte machen können“.
Nach dem geplatzten schwarz-grünen Aus für das Kreisdirektorenamt und der 180-Grad-Wende zum Antrag auf Wiederwahl von Werdel als Kreisdirektor hatte man von der CDU mit dem 54-Jährigen offenbar auch über eine mögliche Landratskandidatur im kommenden Jahr gesprochen. Daraus wird nun ebenso wenig wie aus einer weiteren Amtszeit als Kreisdirektor.
In der Kreistagssitzung beschränkte sich Werdel, der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Köln werden soll, auf die formale Erklärung, dass er nicht mehr kandidiere, dies auch rechtlich nicht mehr müsse, weil der Wiederwahltermin weniger als drei Monate vor Ende seiner zweiten Amtszeit angesetzt wurde.
„Natürlich tut es nach so langer Zeit weh, zu gehen“, bekennt Werdel nach der Sitzung. 16 Jahre lasse man nicht einfach so hinter sich. „Ich habe diese Arbeit sehr gerne gemacht.“ Regelrecht ergriffen war Werdel in der Kreistagssitzung im Dezember, als sein Amt eigentlich abgeschafft werden sollte, davon, wie viele Mitarbeitende der Kreisverwaltung und auch andere Weggefährten vom Ex-Kreisbrandmeister über Wirtschaftsförderer bis zu Touristikern ihm den Rücken gestärkt und ihren Protest gegen die schwarz-grünen Pläne zum Ausdruck gebracht hatten.
„Wir hätten Sie sehr gerne auch als SPD-Fraktion wiedergewählt“, brach es aus SPD-Fraktionschef Gerhard Zorn heraus, obwohl Werdel offiziell erst in der Juni-Sitzung des Kreistags verabschiedet werden soll. „Sie haben den Rheinisch-Bergischen Kreis durch alle Krisen geführt“, pflichtete Werner Conrad (Freie Wähler) bei und bescheinigte Werdel eine hohe Fachkompetenz: „Es ist nachvollziehbar, dass Sie sich eine Stelle außerhalb des Kreises suchen“, so Conrad.
Dabei übte der Fraktionschef der Freien Wähler deutliche Kritik an CDU und Grünen wegen ihres im Dezember in letzter Minute gekippten Antrags zur Abschaffung des Kreisdirektoren-Amts – wenngleich Conrad das etwas unpassend bei einer eigentlich fraktionsübergreifend vorgesehenen Resolution zur „Förderung einer vielfältigen, offenen und toleranten Gesellschaft im Rheinisch-Bergischen Kreis“ zur Sprache gebracht.
„Wo waren denn die Würde und der wertschätzende Umgang mit Dr. Werdel, als ihm von der Koalition aus reinen machtpolitischen Gründen der Stuhl vor die Tür gesetzt wurde?“, fragte Conrad die schwarz-grünen Koalitionäre scharf. „Im Nachhinein sind jetzt plötzlich alle voll des Lobes, als wäre nichts gewesen“, so Conrad.
Auffällig: Die Grünen meldeten sich nicht mit lobenden Worten für den scheidenden Kreisdirektor zu Wort. Sie hatten auch bei der zähneknirschend hingenommenen 180-Grad-Wende und dem schließlich gestellten Antrag zu einer Wiederwahl Werdels betont, dass sie eigentlich die Strukturreform an der Spitze der Kreisverwaltung mit Ersetzung des Kreisdirektor-Postens durch einen allgemeinen Vertreter des Landrats als den besseren Weg erachtet hätten.
Nicht alle Mitglieder der Mehrheitsfraktionen stehen hinter Koalition
Auch wenn am Donnerstag die Ausschreibung der Kreisdirektoren-Stelle formal auf den Weg gebracht worden ist, stehen laut Äußerungen von Vertretern beider Fraktionen längst nicht alle Fraktionsmitglieder von CDU und Grünen überzeugt hinter diesem Schritt.
„Wo soll das noch hinführen? Wir stehen doch jetzt wieder ganz am Anfang“, sagt ein Kreistagspolitiker hinter vorgehaltener Hand.
Fraktionsübergreifender Sparpaket war kurz vor der Sitzung noch geglückt
„In Ruhe sehen und miteinander sprechen“, wollen jetzt sowohl CDU-Fraktionschef Uwe Pakendorf als auch Grünen-Fraktionsvorsitzender Roland Rickes – mit den eigenen Fraktionen und mit dem Koalitionspartner. Nach Aufbruchstimmung klingt das in keinem Lager.
Immerhin ist eine halbe Stunde vor Beginn der Kreistagssitzung noch eine Einigung mit der SPD über ein Sparpaket gelungen. Bei der Frage aber, wie es in der Koalition ist, geschweige denn als Spitzenpersonal in der Kreisverwaltung, langfristig weitergeht, regieren eher Achselzucken und sorgenvolle denn hoffnungsfrohe Mienen.