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Vier-Tage-WocheWarum dieser Friseur in Wipperfürth am Samstag zu bleibt

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Friseur Christian Müller mit Angestellten und Kundinnen in seinem Salon.

Friseur Christian Müller mit Angestellten und Kundinnen in seinem Salon.

Der Salon von Christian Müller wird seine Öffnungszeiten verschlanken. Grund dafür ist aber nicht nur der Fachkräftemangel.

Seit über 60 Jahren arbeitet Christian Müller als Friseur. Viele Moden hat er kommen und wieder verschwinden sehen, nun versucht der Wipperfürther testweise etwas Neues: Die Vier-Tage-Woche. Von Dienstag bis Freitag werden im Salon am Busbahnhof die Haare gewaschen, geschnitten und gefärbt, samstags aber bleibt das Geschäft geschlossen.

Die Entscheidung ist Christian Müller nicht leicht gefallen. „Der Samstag war lange Zeit der umsatzstärkste Tag.“ Aber wie alle Friseure kämpft Müller mit einem riesigen Problem: Es fehlt der Nachwuchs, und es gibt zu wenig Mitarbeiter. Und die Beschäftigten, die er hat, will Müller unbedingt halten – dazu muss er ihnen etwas bieten, etwa in Form von freien Wochenenden.

Verringerte Öffnungszeiten zunächst nur probeweise

„Es gibt Traditionalisten, die in Rahmenbedingungen der Vergangenheit schwelgen. Dagegen ist offensichtlich, dass überall neue Arbeitswelten geschaffen werden“, sagt der 77-Jährige. Mit veränderten Arbeitszeiten mache man sich als Arbeitgeber attraktiver. Zumal, so Müller würden nicht nur die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein freies Wochenende genießen, auch viele Kunden würden den Samstag lieber mit ihren Familien verbringen, als zum Friseur zu gehen.

Der Salon Müller will die Vier-Tage-Woche zunächst versuchsweise – über die Sommerferien bis zum Herbst – einführen. Als Ausgleich verlängert der Friseur seine Öffnungszeiten an allen vier Tagen abends bis 19 Uhr. Christian Müller ist gespannt, wie die Kunden und Kundinnen reagieren.

Für besondere Anlässe, wenn etwa eine Hochzeit anstehe, könne man selbstverständlich auch am Samstag weiterhin einen Termin bekommen.

Keine junge Frau sitzt heute mehr am Samstagmorgen um 8 Uhr morgens beim Friseur.
Dirk Kiel-Onneken, stellvertretender Obermeister der Friseurinnung Bergisches Land

Dirk Kiel-Onneken ist Friseurmeister in Wermelskirchen und zugleich stellvertretender Obermeister der Friseurinnung Bergisches Land. „Wir haben bereits vor fünf Jahren auf die Vier-Tage-Woche umgestellt“, sagt Kiel-Onneken. Zum einen, weil kein Angestellter gerne am Samstag arbeite. Zum anderen, weil sich auch das Kundenverhalten und die Frisuren geändert hätten. „Keine junge Frau sitzt heute mehr am Samstagmorgen um 8 Uhr morgens beim Friseur“, sagt er. Zudem schließe der Salon ja am Samstagmittag, für aufwendige, mehrstündige Prozeduren sei die Zeit knapp.

Auch Kiel-Onneken setzt stattdessen verstärkt auf Abendöffnungszeiten, am Dienstag bis 20 Uhr, Mittwoch bis Freitag bis 19 Uhr. Nur wenige Kundinnen hätten sich deswegen beschwert.

Das Nachwuchsproblem bekomme man mit einer Vier-Tage-Woche als Friseur allerdings nicht gelöst, so seine Erfahrung. „Wegen einer Vier-Tage Woche wird niemand Friseur.“ Hauptschuldiger an der Misere ist seiner Meinung nach „ das katastrophales Bildungssystem“, immer mehr Eltern würden ihre Kinder aufs Gymnasium zwingen, wo viele dann nur „mit Ach und Krach ihr Abitur bestehen“. Für das Handwerk seien diese jungen Menschen dann kaum noch zu begeistern. Und darum würden überall Fachkräfte fehlen.

Dass es zu wenig Frauen und Männer gibt, die das Friseurhandwerk erlernen und als Friseur arbeiten wollen, hänge nicht mit der Bezahlung zusammen, davon ist der stellvertretende Obermeister überzeugt. „In NRW wird nach Tarif bezahlt, von dem Gehalt als Friseur kann man leben, auch wenn man nicht so viel verdient wie etwa ein Rechtsanwalt.“ Am wichtigsten sei es aber ohnehin, in einem Beruf zu arbeiten, der den eigenen Neigungen und Fähigkeiten entspreche.