Ein Angebot der Lebenshilfe Köln ermöglicht geistig beeinträchtigten Eltern, mit ihren Kindern in der eigenen Wohnung zu leben.
Begleitete ElternSuperhelden trotz Handicap
Wer Mutter oder Vater von drei Kindern ist, weiß, dass man dafür manchmal Superkräfte braucht. Und diese Aufgabe beides sein kann: wert- und anspruchsvoll zugleich. Zur Versorgung, Erziehung, Pflege und Organisation des Alltags gesellen sich bürokratische Herausforderungen – vor allem dann, wenn die Eltern auf staatliche Unterstützung angewiesen sind. Und sich im Dschungel an Finanzhilfen zurechtfinden müssen: Was steht mir zu? Und wie viel? Welchen Antrag muss ich wo stellen? Wie? Welcher Träger ist zuständig? Wo finde ich Unterstützung und Beratung? Und wie komme ich dorthin?
Kaum Überblick im Bürokraten-Dschungel
Für viele Eltern ist es schwer, dabei den Überblick zu behalten, eine besondere Herausforderung, sich mit alldem zurechtzufinden, bedeutet es aber für Eltern mit kognitiven Einschränkungen wie Sabine L. Die 31-jährige Kölnerin nimmt wie acht weitere Familien aufgrund ihrer Lernschwierigkeiten, beziehungsweise Lernbehinderungen, das vom Jugendamt finanzierte Angebot „Ambulant Begleitete Elternschaft“ der Lebenshilfe Köln wahr. Um mit ihren Kindern, die zwischen vier Monate und zehn Jahre alt sind, in einer eigenen Wohnung leben zu können. Im Fall von Sabine L*. sind das: der achtjährige Sohn Marlon*, die 5-jährige Tochter Elisa* und Lena*, sieben Monate alt (alle Namen geändert).
Geistig beeinträchtigte Eltern als Experten der eigenen Sache
Zweimal in der Woche besucht Ellen Schlüter die junge Familie für zwei, drei Stunden in ihrem Zuhause im Rechtsrheinischen. Die Sozialpädagogin und Erziehungswissenschaftlerin bei der Lebenshilfe Köln unterstützt Sabine L. dabei, „ihre Rolle als Mutter und die damit verbundene Verantwortung selbstständig und selbstbestimmt wahrnehmen zu können“. Und begleitet sie bei Arzt-, Ämterbesuchen und manchmal auch bei Ausflügen.
Dass Eltern mit einer kognitiven Beeinträchtigung meist mehr Unterstützung brauchen, versteht sich von selbst. „Sie sind dazu tendenziell schneller überfordert, auch weil sie häufig isolierter leben, meist weniger selbstbestimmt aufgewachsen sind und größere Probleme haben mit den immer komplizierter werdenden Verfahren unserer digitalisierten, bürokratisierten Gesellschaft,“ sagt Norbert Kopka, Leiter des Teams Ambulante Jugendhilfe.
„Mein ältester Sohn Marlon hat ADHS, Frau Schlüter hilft mir dabei, ihm Strukturen zu geben. Er hat ja auch viele Termine, beim Ergotherapeuten, Sprachtherapeuten und bei Ärzten. Wenn die mir etwas erklären, was ich nicht verstehe, oder ich Formulare ausfüllen muss, erklärt mir Frau Schlüter, wie ich das richtig mache“, sagt Sabine L. und fügt an: „Sie ist auch immer für mich da, wenn ich Probleme mit meinem Ex, dem Vater von Marlon, habe. Er lebt inzwischen weit weg von Köln und kümmert sich nicht sehr um Marlon. Das tut mir weh, ich möchte, dass er eine gute Beziehung zu seinem Vater hat.“
So können Sie helfen!
Mit unserer Jahresaktion „wir helfen: damit alle Kinder bei uns eine Zukunft haben“ bitten wir um Spenden für Projekte in der Region, die Kindern und Jugendlichen eine gute körperliche und geistige Entwicklung ermöglichen.
Die Spendenkonten lauten: „wir helfen – Der Unterstützungsverein von M. DuMont Schauberg e. V.“
Kreissparkasse Köln, IBAN: DE03 3705 0299 0000 1621 55
Sparkasse Köln-Bonn, IBAN: DE21 3705 0198 0022 2522 25
Kontakt: „wir helfen e.V.“, Amsterdamer Straße 192, 50735 Köln, 0221-2242789 (Allgemeines, Anträge)
Mehr Information über die Aktion des „Kölner Stadt-Anzeiger“ für Kinder und Jugendliche in Not finden Sie im Internet
Damit sich die Kinder gut und gesund entwickeln
Dafür zu sorgen, dass verlässliche Vater-Sohn-Kontakte entstehen, ist eine von vielen Hilfestellungen, die Ellen Schlüter Sabine L. und ihren Kindern anbietet. Oberstes Ziel sei, Rahmenbedingungen für eine positive körperliche und seelische Entwicklung der Kinder zu schaffen, sprich: ein gutes Aufwachsen zu ermöglichen, und dabei die Erziehungskompetenzen der Eltern zu stärken. „Wir unterstützen sie dabei, besser zu verstehen, welche Bedürfnisse ihre Kinder haben, wie kindliche Verhaltensweisen einzuordnen sind und welche Förderung sie brauchen“, sagt Schlüter. Wichtig ist den zwölf pädagogischen Fachkräften vom „Team Begleitete Elternschaft“ dabei auch, eine Überforderung der Eltern zu vermeiden: „Wir möchten sie dabei unterstützen, sich als Experten der eigenen Sache zu verstehen.“
Wir helfen unterstützt „Superheld:innen-Frühstück“
Ein, von „wir helfen“ gefördertes Projekt, das dabei helfen soll, ist das „Superheld:innen-Frühstück“, das die Lebenshilfe Köln bald in dritter Auflage anbietet. Auch Sabine L. war schon zweimal dabei, als sich sieben begleitete Eltern an einem Vormittag trafen, um gemeinsam zu frühstücken, sich auszutauschen, über das Eltern-Sein zu sprechen. Und, wie Sabine L. sagt, „herauszufinden, was wir Mütter und Väter alles leisten. Ich habe immer nur gesehen, was ich nicht schaffe. Jetzt weiß ich, dass ich mir auch mal eine Auszeit gönnen darf, ich bin ja auch noch Frau, nicht nur Mutter.“
Damit scheint das Ziel des Projekts, „die Handlungsmöglichkeiten der begleiteten Eltern zu erweitern, indem wir sie ermutigen, sich zuzutrauen, gute Eltern sein zu können“, bei Sabine L. ein großes Stück weit erreicht zu sein. So weit, dass die „Fulltime-Mama aus Leidenschaft“, wie Sabine L. selbst sagt, sich schon jetzt darauf freut, nach einem Jahrzehnt wieder für ein paar Stunden pro Woche arbeiten zu können – wenn Lena in der Kita ist.
Nicht immer reicht, wie Kopka erklärt, eine ausschließlich ambulante Begleitung aus, um das Kindeswohl dauerhaft zu sichern. Dann gibt es die Möglichkeit, in Absprache mit den Eltern und dem Jugendamt den Umzug der Familie in eine betreute Wohngruppe anzubahnen. Manchmal ist auch die Trennung vom Kind die beste Lösung. „Unsere Aufgabe ist dann, eine Lebensperspektive für die Familie zu erarbeiten, bei der Eltern nicht mehr die volle Verantwortung tragen, die familiäre Bindung aber erhalten bleibt.“