Inklusion wird beim Koch- und Medienprojekt der Jugendeinrichtung „Offene Tür Ohmstraße“ großgeschrieben. Während die eine Gruppe kocht und backt, dokumentiert die andere das Geschehen per Fotos und Videos. Um daraus ein Kochbuch und digitale Rezepte zu erstellen.
InklusionKochen für alle und die Seele
Maja (Name geändert), 9, ist eine schlechte Esserin, auch das Sprechen und Sehen fällt ihr schwer. Doch wenn das gehandicapte Mädchen dienstagnachmittags die Eingangstür der OT Ohmstraße passiert, erschnuppert sie schon, welcher Wochentag heute ist – dann ruft sie laut „Hallo, Martina“ und flitzt in die Küche der inklusiven Jugendeinrichtung.
Denn dienstags ist „Bunt und gesund“-Tag. Und das bedeutet mehr als nur Kochen: „Ziel unseres Koch-, Kunst-, und Medienprojekts ist neben der Gesundheits- und Medienförderung auch Partizipation und gelebte Inklusion“, sagt die Leiterin der Inklusiven Offenen Tür Bianca Rilinger.
Zehn bis zwölf Kinder und Jugendliche ab sechs Jahren, mit unterschiedlichen Interessen und Fähigkeiten, mit Beeinträchtigung und ohne, treffen sich seit 2016 einmal pro Woche in der OT um in verschiedenen Teams Gerichte zu planen, Zutaten einzukaufen, mit frischen Produkten, die teils aus dem eigenen Gemüse- und Kräutergarten stammen, zu kochen oder zu backen, den Tisch zu decken, aufzuräumen und zu spülen.
Während die eine Gruppe kocht oder backt, dokumentiert die andere das Geschehen in der Küche mit Fotos und Videos. Anschließend wird aus den besten Aufzeichnungen gemeinsam ein digitales Rezept erstellt. Dank der Unterstützung von „wir helfen“ ist auch ein Kochbuch entstanden, ein Backbuch ist in Planung.
Becher-Einheiten statt Gramm-Angaben
Entsprechend der inklusiven Ausrichtung der OT, deren Besucherinnen und Besucher zu 50 Prozent eine anerkannte Schwerbehinderung haben, sind die Zugänge zu den digitalen Rezepten wie auch das Kochbuch barrierefrei gestaltet. Die Sprache ist einfach, die Fotos leicht verständlich wie auch die Piktogramme, Audiodeskriptionen und Untertitel. Die jeweilige Menge der Zutaten wird in „Becher“-Einheiten angegeben – Gramm-Angaben und Waagen sind tabu. Am Ende des Projekttags sitzt „der ganze Laden gemeinsam am Tisch “, sagt Rilinger – „Das vermittelt Wertschätzung und Gemeinschaftsgefühl.“
Dass „es sich in Gemeinschaft besser essen lässt“, beweist die kleine Maja, die in dieser Runde, anders als üblich, immer „richtig reinhaut“, wie Rilinger sagt. Mia, 15, findet an dem „Bunt und gesund“-Projekt besonders gut, dass jede und jeder mitmachen kann, ob blind, hörgeschädigt oder nicht. „Wir arbeiten super im Team. Ich bin eine Persönlichkeit, die normalerweise alles alleine machen möchte, hier habe ich Teamarbeit gelernt und erfahren, dass vieles besser funktioniert, wenn man zusammenarbeitet.“
Kochen für die mentale Gesundheit
Mias Freundin Ariana, 15, besucht seitdem sie elf Jahre alt ist die OT und ist von Beginn an bei „Bunt und gesund“ dabei. „Ich habe gelernt, was es bedeutet nachhaltig zu kochen und weniger hektisch zu sein.“ Martina Rilinger, die das Projekt als Honorarkraft betreut, bestätigt, dass die Teilnehmenden „beim Kochen und Schnibbeln Entspannung erleben. Die jungen Leute haben heutzutage einen fordernden, starr strukturierten Alltag, bei uns können sie sich und ihrer mentalen Gesundheit etwas Gutes tun.“
OT-Geschäftsführer Ralf Werheid betont die große Bedeutung des Projekts während der Pandemie-Beschränkungen: „Gerade in Coronazeiten benötigten die Kinder und Jugendlichen dringend eine Alltagsstruktur, Essen mit frisch gekochten Zutaten und auch Bewegung. Alles das haben sie hier erfahren, das Projekt ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken.“ Damit das Projekt kostenlos angeboten werden kann, wird es seit vielen Jahren unter anderem von „wir helfen“ und dem Bürgerverein Porz-Mitte e.V. (BVPM) unterstützt – um die Honorarkraft, Sach- und Lebensmittelkosten zu schultern.