Der Kölner Spielecircus e.V. bietet Kindern in der Notunterkunft für Geflüchtete kreative Abwechslung - und Wertschätzung.
IntegrationsprojektFür einen Moment Kind sein dürfen in der Manege
Wenn der blaue Transporter mit den gelben Sternen und der bunten Aufschrift „Kölner Spielecircus“ in die Einfahrt der Notunterkunft für Menschen mit Fluchterfahrung – so die behördendeutsche Bezeichnung für das weiße, triste Zeltdorf an der Vorgebirgsstraße 74 – rollt, wissen die derzeit 40 dort untergebrachten Kinder bis 12 Jahren, dass sie Krieg, wenig kindgerechte Verhältnisse und andere Katastrophen für drei Stunden vergessen dürfen.
Dann nämlich ist das angesagt, was man jedem jungen Menschen von Herzen und für seine Entwicklung wünscht: „Sichere Orte, an denen sie Kind sein, spielen, im Moment leben und Spaß haben dürfen“, sagt Heiner Kötter. Der Geschäftsführer des Kölner Spielecircus e. V. meint damit auch: sich ausprobieren, Fantasie und Kreativität ausleben, Gemeinschaft und Erfolg erfahren dürfen.
Verkehrslärm, bellende Hunde, Fan-Rufe: Idylle klingt anders
Während Heiner Kötter und Victor de la Rosa die rote Manege auf der großen Wiese hinter dem „Zeltdorf“ ausrollen, weisen Robert Hartmann und Chele Blanco vom „Spielecircus“-Team die Kinder im Gemeinschaftsraum in die wichtigsten artistischen Techniken der Artistik, Jonglage, Clownerie, Fakir- oder Feuerkünste ein. Im Hintergrund bellen die Hunde des benachbarten Tierheims um die Wette; gegenüber, auf der viel befahrenen, vierspurigen Nord-Süd-Achse, der Vorgebirgsstraße, rauschen die Autos im Sekundentakt vorbei; wäre es Abend, würde man die Fans im dahinter liegenden Südstadion so laut ihre Fortuna anfeuern hören, als stünde man daneben. Idylle ist und klingt anders.
Aber zurück zu den schönen Momenten, für die in der Unterkunft an der Vorgebirgsstraße vor allem auch die Mitarbeitenden des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) sorgen. „Unser Ziel ist es, geflüchteten Kindern und Jugendlichen Schutz, einen strukturierten Alltag und damit ein Stück Normalität zu geben“, sagt Mario Schwan, der die pädagogische Betreuung in den vier städtischen Notunterkünften der Stadt Köln koordiniert.
Kölner Spielecircus bietet Abwechslung und Wertschätzung
In der Unterkunft an der Vorgebirgstraße malt, bastelt, spielt, kocht, backt, das 15-köpfige Team von der pädagogischen Begleitung mit den geflüchteten Kindern unter der Woche täglich jeweils vier Stunden am Vormittag und vier Stunden am Nachmittag. Auch Ausflüge stehen auf dem Programm – sowie weitere Freizeit- und Sportangebote. „Dabei unterstützen uns von Beginn an freie Kölner Träger wie der Spielecircus und die Spielewerkstatt oder die Sportjugend, die mit ihren Angeboten für Abwechslung sorgen“, sagt Schwan. Und für Wertschätzung. „Denn wenn andere Akteure von außerhalb der Wohnheime kultur- und spielpädagogische Projekte ermöglichen, vermittelt das Respekt und Anerkennung.“
„Als wir vor zehn Jahren mit dem DRK zusammensaßen und unsere Zusammenarbeit planten, fragte ich, ob es für die Kinder gut sei, wenn wir zwar mehrfach im Jahr aber immer nur für eine Woche ein Zirkusprojekt in den Einrichtungen anbieten – und dann wieder für Monate weg sind. Die Antwort der früheren pädagogischen Leiterin des DRK lautete: Es ist für den Moment und die Entwicklung der Kinder unbezahlbar, wenn ihr kommt, egal wie oft und wie lange. Jede Stunde, in der ihr die Kinder mit eurem Angebot unterstützt, ist eine wichtige Stunde“, erinnert sich Kötter.
Und wer den 20 Kindern verschiedenster Nationalitäten und Sprachen an diesem sonnigen November-Nachmittag zuschaut, wie sie über Feuerstangen springen, Teller jonglieren, eine Menschenpyramide bilden und dabei minütlich mehr und näher miteinander agieren, ahnt, was die DRK-Mitarbeiterin mit unbezahlbaren Momenten meinte: Zirkus verbindet, Zirkus macht glücklich – und auch ein bisschen stolz.
Dann nämlich, wenn die Kinder erfahren, dass sie viel mehr können als vermutet. Wie das syrische Mädchen, das sich zunächst nicht traute, kurze Zeit später aber leichtfüßig über die Feuerstange springt. Oder der kleine Junge aus Afghanistan, dem das Jonglieren nicht gelingen wollte, der aber plötzlich einen im Kreis sausenden Teller in die Luft hebt. Sichtlich stolz auch die vier jungen Artisten, die beherzt lachend auf einer schrägen Leiter balancieren. Zirkus fördert das Selbstbewusstsein.
Zirkus überwindet Grenzen und stärkt das Selbstbewusstsein
„Bei unseren integrativen und inklusiven Zirkusprojekten erfahren und lernen Kinder, die der deutschen Sprache und Kultur nicht mächtig, die beeinträchtigt oder aus einem anderen Grund benachteiligt und deshalb im Alltag oft ausgegrenzt sind, dass Teamarbeit wichtig ist, dass sie für das Gelingen eines Gemeinschaftsgefühls mitverantwortlich sind und dass alle einen Platz in der Gemeinschaft finden können“, sagt Zirkuspädagoge Robert Hartmann.
Der Kölner Spielecircus bietet seit vielen Jahren – auch dank Unterstützung von „wir helfen“ und dem Paritätischen Jugendwerk NRW – neben seinen kulturpädagogischen Angeboten in der Vogelsanger Zirkusschule, regelmäßig so genannte aufsuchende Zirkusangebote in vier Kölner Unterkünften für Geflüchtete an, aber auch in der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Uniklinik Köln, in Kindergärten, Vereinen, Grund-, Förder- und weiterführenden Schulen, im Offenen Ganztag und in Kinder- und Jugendzentren. Daneben gibt es pro Jahr zehn Wochen lang Ferienaktionen und Fortbildungsangebote für pädagogisches Fachpersonal und Lehrkräfte.
„Unsere Zirkusprojekte erleichtern geflüchteten Kindern und Jugendlichen das Ankommen in einer fremden Umgebung, lassen sie für einen Moment eintauchen in eine unbeschwerte Welt. Schließlich gibt es in der Manege keine Grenzen. Hier gilt eine universale Sprache, die non-verbal funktioniert und die jede und jeder versteht. Akrobatik, Artistik und Clownerie kommen ohne Sprache aus“, sagt Kötter und fügt in ernstem Ton an: „Doch ob wir die Projekte auch im nächsten Jahr anbieten können, ist ungewiss. Denn der Haushaltsentwurf der Stadt Köln sieht erhebliche Kürzungen vor, die sich vor allem auf unsere Kinder- und Jugendarbeit in Stadtteilen mit besonderem Förderbedarf und integrative Projekte mit geflüchteten Kindern auswirken.“
Alte Feindschaften in der Manege vergessen und überwinden
Dadurch, dass der Spielecircus mit Jugendeinrichtungen in sämtlichen Stadtteilen kooperiert, unterstützt der Verein jugendliche Geflüchtete dabei, Kontakte mit Gleichaltrigen außerhalb ihrer Einrichtung zu knüpfen und sich dadurch besser in das Veedel, die Gesellschaft zu integrieren. Und wenn es am Ende jeder Projektwoche eine kleine Zirkus-Gala für die Bewohnerinnen und Bewohner der (Not-)Unterkünfte, für die Nachbarschaft und interessierte Besucherinnen und Besucher gibt, kann es vorkommen, dass sich selbst Eltern, die schon in der Heimat aufgrund ihrer Ethnie verfeindet waren, dicht an dicht in der kleinen Manege sitzen. Und ihren zu Artisten und Artistinnen, Ballerinen oder Fakiren verwandelten Kindern stolzen Applaus spenden.
So können Sie helfen
- Mit unserer neuen Jahresaktion „wir helfen: dass Kinder wieder mutig in die Zukunft gehen“ bitten wir um Spenden für Projekte und Initiativen in Köln und der Region, die vor allem benachteiligten Kindern und Jugendlichen zu einer motivierenden Zukunftsperspektive verhelfen und die Kompetenzen, die sie dafür brauchen, fördern und stärken. Damit jeder junge Mensch eine Chance hat!
- Die Spendenkonten lauten: wir helfen – Der Unterstützungsverein von M. DuMont Schauberg e. V.
- Kreissparkasse Köln, IBAN: DE03 3705 0299 0000 1621 55
- Sparkasse Köln-Bonn, IBAN: DE21 3705 0198 0022 2522 25
- Wünschen Sie eine Spendenbescheinigung, geben Sie bitte +S+ im Verwendungszweck an. Sollten sie regelmäßig spenden, ist auch eine jährliche Bescheinigung möglich. Bitte melden Sie sich hierzu gerne per E-Mail bei uns. Soll Ihre Spende nicht veröffentlicht werden, notieren Sie +A+ im Verwendungszweck. Möchten Sie anonym bleiben und eine Spendenbescheinigung erhalten, kennzeichnen Sie dies bitte mit +AS+.
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- Sollten Sie anlässlich einer Trauerfreier, einer Hochzeit oder eines Geburtstags zu einer Spendenaktion aufrufen, informieren Sie uns bitte vorab per E-Mail über die Aktion. Sehr gerne lassen wir Ihnen dann, zwei Wochen nach dem letzten Spendeneingang, die gesammelte Spendensumme zukommen.
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