Jugendtraining im Thai-Box-VereinBoxen statt Blödsinn machen in Köln-Kalk
Köln – Hinweis: Die Reportage ist vor den landesweiten Schulschließungen in Folge der Coronakrise entstanden. Das Boxtraining findet zurzeit nicht statt.
Gegen Ende des Trainings stützt Medine sich mit durchgedrückten Armen auf die blaue Fußmatte, streckt den Körper durch und macht ein Hohlkreuz. Den Rücken durchhängen lassen, nennt ihr Trainer das. Soll die Muskulatur im Rücken entspannen. Bevor die schmale Siebenjährige den niedrigen Trainingsraum in Richtung Umkleidekabinen verlässt, steht sie noch einmal mit allen Kindern in einer Reihe und verabschiedet sich mit einem lauten Ruf. Das offizielle Ende des Trainings.
An der Tür klatscht Enver Halilovic die Teilnehmer ab, fragt, wie es gelaufen ist. Medine strahlt, ihr hat es gefallen. Seit ein paar Monaten kommt sie hierher, ihre beiden älteren Geschwister schon länger. Der Vorsitzende Halilovic hat den Verein Cologne Thai Kick-Boxing vor 18 Jahren mitgegründet, den Boxring in der linken Ecke des Raumes mit seinen Mitstreitern selbst gebaut, stapelt schwarze, leicht ramponierte Trittmappen und räumt Sportschuhe zur Seite, wenn er gerade sonst nirgendwo gebraucht wird.
40 Kinder komme aus den umliegenden Stadtteilen in den Verein
„Wir haben hier einen Ort geschaffen, der die Kinder von der Straße wegholen soll“, erklärt Halilovic. Um die 40 Kinder und junge Erwachsene kommen aus Vingst, Kalk und Ostheim zwei Mal die Woche zum Training in den kleinen Verein. Jeder ist willkommen, betont Halilovic, ob begabt oder unbegabt, schüchtern oder frech, ob der Mitgliedsbeitrag von 12 Euro im Monat bezahlt werden kann oder nicht. „Wir schicken keinen nach Hause.“
Nach Medines Gruppe sind die Jugendlichen dran. Sie starten zum Aufwärmen mit kleinen Laufrunden durch den Trainingsraum, hüpfen zu zweit in der Hocke über die Matte. Danach beginnen die ersten Boxübungen. Die Jugendlichen stellen sich zu zweit gegenüber auf. Nun geht es darum, den Gegner mit den Box-Fäustlingen entweder am Knie oder an der Schulter zu berühren. Der andere muss den Schlag möglichst voraussehen – und parieren.
„Unsere Jungen und Mädchen haben seltener Probleme in der Schule“
Thai-Boxen ist eine Sportart, die mit dem ganzen Körper ausgeübt wird. Anders als in anderen Boxarten ist auch der Einsatz von Knie und Ellbogen erlaubt. Trotzdem ist das Verletzungsrisiko geringer als beim Fußball, sagt Halilovic. „Weil man beim Boxen die Gefahr kommen sieht.“
Das Boxtraining in Kalk soll das Selbstbewusstsein der Kinder auf- und Aggressionen abbauen. „Unsere Jungen und Mädchen haben seltener Probleme in der Schule“, ist sich Halilovic sicher. Dass immer mehr Frauen und Mädchen den Weg in seinen Verein finden, freut ihn besonders. Die Jugendlichen lernen im Training Disziplin und können sich auspowern, „damit sie draußen nicht so viel Blödsinn machen“. Außerdem erfordert Boxen Koordination und gute Beobachtung. Man müsse stets auf den Gegner reagieren, wie beim Schach“, weiß der Trainer.
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Besonders stolz ist er auf die 19-jährige Amina aus Ostheim, seine Nachwuchshoffnung auf eine Medaille. Wenn Aminas Fäuste sich durch die Luft bewegen, zischt es erst sehr laut und dann sind mehrere schnelle, dumpfe Schläge zu hören. Mit der Unterstützung von „wir helfen“ wurden Reisen zu Wettbewerben und eine neue Ausstattung des Trainingsraums finanziert.