DialysepflichtEin Kinderalltag an der Maschine
Köln – Drei Mal in der Woche ist Mascha (8) tagsüber für vier Stunden „ans Bett gefesselt“. Während sich ihre Freundinnen spontan im Park zum Spielen verabreden, beim Fußballtraining oder Flötenunterricht sind, faulenzen oder ihre Freizeit anderweitig kindgerecht gestalten, verbringt das zierliche Mädchen die Nachmittagsstunden, angeschlossen an eine Maschine, in der KfH Dialyse für Kinder und Jugendliche an der Kölner Uni-Klinik.
12 Stunden pro Woche, 48 Stunden im Monat, 576 Stunden im Jahr wird in den Räumen des KfH-Kinderdialyse-Zentrums Maschas Blut gewaschen, wie auch das von derzeit elf weiteren Kindern und Jugendlichen. So unterschiedlich ihre Nierenerkrankungen sind, so gleich ist ihr dringlichster Wunsch: möglichst schnell eine Spenderniere zu erhalten. Wer den großen, lichtdurchfluteten Raum der Kinderdialyse betritt, wird unweigerlich daran erinnert, seinen Organspendeausweis immer bei sich zu haben. Oder ihn noch am selben Tag zu organisieren.
Langes Warten auf die Spenderniere
Zwar hilft die Hämodialyse, wie die Behandlung in medizinischer Fachsprache heißt, den jungen Patienten und Patientinnen zwischen 18 Monaten und 25 Jahren, die Zeit bis zur Transplantation zu überbrücken. Aber wirklich ersetzen kann sie alle Aufgaben einer funktionierenden Niere nicht: den Körper entgiften, Hormone aktivieren, für ausreichendes Wachstum sorgen und überflüssiges Wasser aus dem Körper entfernen. Bei manchen Betroffenen war das Organ noch nie dazu in der Lage, nicht einmal vor ihrer Geburt im Mutterleib. Bei anderen war eine Viruserkrankung der Grund dafür, dass die Niere Schritt für Schritt versagte.
Selten tritt die Erkrankung plötzlich auf, wie bei Mona (17), die im Bett vis à vis von Mascha gerade eine strahlende Sonnenblume mit Pastellkreide malt. Die Berufsschülerin verbringt seit März dieses Jahres einen Großteil ihrer Freizeit an der Maschine. Ausgeschlossen von den Aktivitäten ihrer Familie und Freunde. Nicht aber fern von schulischer und kreativer Förderung.
So können Sie helfen
„wir helfen: damit alle Kinder bei uns eine Zukunft haben“
Mit unser neuen Aktion „wir helfen: damit alle Kinder bei uns eine Zukunft haben“ bitten wir um Spenden für Projekte in Köln und Umgebung, die Kindern und Jugendlichen eine gute körperliche und geistige Entwicklung ermöglichen. Die gesamte Spendensumme wird weitergegeben, die Verwaltungskosten trägt der Verlag M. DuMont Schauberg.
Die Spendenkonten lauten:„wir helfen – Der Unterstützungsverein von M. DuMont Schauberg e. V.“Kreissparkasse Köln, IBAN: DE03 3705 0299 0000 1621 55Sparkasse Köln-Bonn, IBAN: DE21 3705 0198 0022 2522 25
Mehr Informationen und Möglichkeiten zum Spenden unter www.wirhelfen-koeln.de.
Abwechslung vom Kölner Klinikalltag
Dank der Zusammenarbeit des Pflege- und psychosozialen Teams, Lehrkräften, der Sozialarbeiterin Sandra Brengmann und dem Verein „Nephrokids“, die den jungen Nieren-Patientinnen und -Patienten gemeinsam mit einem breiten Angebot helfen, die Dialysezeiten so abwechslungsreich wie möglich zu gestalten. Mit Ausflügen, Freizeiten – auch schonmal auf einem Segelboot – Festen oder Workshops gelingt es, auch außerhalb der Klinikräume ein Zusammengehörigkeitsgefühl entstehen zu lassen.
Kunsttherapie am KfH dank „wir helfen“
Neuestes Projekt der Elterninitiative „Nephrokids“, die in der Kölner Region 170 Familien mit schwer nierenkranken Kindern betreut, ist die von „wir helfen“ mitfinanzierte Kunsttherapie auf der Kinderdialyse-Station. Jeden Freitagnachmittag bietet Kunsttherapeutin Rike Weiß dort für eineinhalb Stunden die Möglichkeit, aus der Klinik- in die Kunstwelt einzutauchen. „Zum Lebensalltag junger nierenkranker Menschen, der meist geprägt ist von Klinikbesuchen, strenger Diät, vielen anderen Entbehrungen und Beschränkungen, gehören oft wenig kreative Erlebnisse und Situationen. Die Kunsttherapie dagegen bietet Abwechslung, Spaß und Erfolgsmomente“, sagt „Nephrokids“-Vorsitzende Michaela Peer.
Mehr noch: „Kunsttherapie unterstützt den Umgang mit der eigenen Erkrankung und die Verarbeitung negativer oder traumatischer Erlebnisse“, sagt Rike Weiß. Schließlich stärke Kunsttherapie die „Resilienz“, also die Fähigkeit, schwierige Lebenssituationen ohne anhaltende Beeinträchtigung zu überstehen. Widerstandskraft der Seele könnte man auch dazu sagen.
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Das Angebot soll, wie die vielen anderen – last but not least – auch dazu dienen, „dass die Kinder und Jugendlichen, die bis zu fünf Stunden an die Dialyse gebunden sind, nicht nur mit dem Handy rumklimpern, sondern sinnvoll beschäftigt werden“, sagt die Sozialarbeiterin der Kinderklinik Sandra Brengmann.
250 Kinder und Jugendliche in Deutschland sind betroffen
Das Kölner KfH ist eins von 17 Kinderdialysezentren, die deutschlandweit 250 dialysepflichtige Kinder und Jugendliche versorgen. „Diese Zahl hält sich seit 2015 ziemlich konstant“, sagt Christina Taylan, Kindernephrologin im KfH, und erklärt die häufigsten Ursachen: „Bei ungefähr zwei Drittel der jungen Betroffenen sind Fehlbildungen der Niere Grund für eine Dialysepflicht, beim restlichen Drittel sind es genetische Ursachen oder Umwelteinflüsse.“
Bananen und Burger sind Gift für nierenkranke Kinder
Nicht alle nierenkranken Jugendlichen müssen mehrmals pro Woche zur Hämodialyse, in Köln gibt es derzeit auch fünf junge „Bauchfell-Dialyse“-Patienten, die „nur“ zur Kontrolle etwa des Katheters in die Kinderdialyse kommen. Da diese Methode zu Hause angewandt werden kann, ermöglicht sie den Betroffenen, ihre Freizeit relativ frei zu gestalten. „Auch die diätischen Einschränkungen sind nicht so gravierend wie bei der Hämodialyse. Die betroffenen Jungen und Mädchen dürfen wenig von dem essen, auf was Kinder und Jugendliche üblicherweise so sehr stehen“, sagt Christina Taylan. Pizza, Pommes, Schokolade, Burger und Bananen sind Gift für nierenkranke Kinder.
Wie auf Knopfdruck richtet sich Mascha, die bis dato tief geschlafen hat, in ihrem Bett auf und greift nach den Buntstiften. Aufgrund ihres Nierenleidens, das auch das Wachstum beeinträchtigt, ist die Achtjährige leichter und kleiner als ihre Altersgenossinnen. „Die Nieren sind in mehrfacher Weise dafür zuständig, dass Kinder wachsen und gedeihen“, sagt Taylan. „Weshalb eine Transplantation auch Mascha aufblühen lassen würde, wie eine Blume, die lange kein Wasser bekommen hat“, ergänzt Michaela Peer. Weil es in Deutschland aber nicht genug Spenderorgane für alle dialysepflichtigen Patienten gibt, lässt sich eventuell auch für Mascha eine längere Wartezeit an der Dialyse nicht vermeiden.