In der neuen „wir helfen“-Serie „Chance Bildung“ geht es um ein zukunftsfähiges Schul- und Bildungssystem. Ein Lagebericht und Lösungsansätze zum Start.
Neue SerieFür eine Bildung, die Zukunft schafft

Experten fordern ein zukunftsfähiges Bildungssystem, das Schülerinnen und Schüler fit für die globalen Herausforderungen macht.
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Steigende Angst vor Krieg, wirtschaftliche Unsicherheit, fehlende Kompetenzen, Abschlüsse und Anschlüsse: Die Voraussetzungen dafür, „dass Kinder wieder mutig in die Zukunft gehen“, so das aktuelle Jahresmotto von „wir helfen“, sind in vielerlei Hinsicht ungenügend, vor allem aber, was die Bildung betrifft. Hier, und nicht nur in den Schulen, herrscht ein eklatanter Mangel an Plätzen – und damit an Chancen für junge Menschen auf Teilhabe am gesellschaftlichen und beruflichen Leben.
Da Bildung aber die Grundvoraussetzung für diese Chancengleichheit und Zukunftsfähigkeit – übrigens der gesamten Gesellschaft – ist und dafür, dass die junge Generation gewappnet ist für die Herausforderungen einer immer komplexer und krisenhaft werdenden Welt, widmen wir ihr eine neue Serie „Chance Bildung“. Darin soll es vor allem und Lösungsansätze gehen, die helfen, die Potenziale aller Schülerinnen und Schüler zu fördern.
22 Prozent der Schulabgänger haben keinen oder nur den ersten Abschluss
Zur aktuellen Lage: Schon in der frühkindlichen Bildung fehlen hierzulande zigtausend Plätze. So finden bei den Einjährigen im Westen der Republik zwei von hundert Kindern einen Krippenplatz. Jungen und Mädchen aus einkommensschwachen Familien besuchen generell seltener eine Kita, haben dadurch schlechtere Startbedingungen und es auch später in der Schule und auch im Beruf schwerer. Sämtliche Studien und Statistiken zeigen, dass auch dort Bildungsarmut ein zentrales Problem bleibt.
Wir stellen vier klare Forderungen an die Politik, die zu mehr Bildungsgerechtigkeit und bessere Teilhabe-Chancen führen sollen. Schließlich gehören Bildungs- und Jugendpolitik zwingend dazu, wenn es darum geht, die Zukunft einer Gesellschaft zu sichern
22 Prozent aller Schulabgänger und Schulabgängerinnen bundesweit verlassen die Schule ohne oder nur mit erstem Schulabschluss. 13 Prozent der jungen Erwachsenen zwischen 18 und 24 Jahren haben keine berufliche Ausbildung, gleichzeitig bleiben jährlich knapp 70.000 Ausbildungsplätze unbesetzt.
Mehr als 25 Prozent der deutschen Grundschüler*innen können schlecht lesen
Laut der aktuellen PISA-Studie können 25,4 Prozent der Viertklässler so schlecht lesen, dass sie das für die weitere Schullaufbahn erforderliche Mindestniveau nicht erreichen. 30 Prozent der Jugendlichen verfehlen in Mathe die Mindestanforderungen.

Serienlogo der neuen „wir helfen“-Serie
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Hinzukommt: In kaum einem anderen OECD-Land ist der Zusammenhang zwischen sozioökonomischer Herkunft und dem Bildungserfolg der Kinder so ausgeprägt wie in Deutschland. Die Wahrscheinlichkeit, ein Gymnasium zu besuchen, ist für Akademikerkinder sechsmal so hoch wie für andere Kinder – bei gleichen Fähigkeiten.
Bessere Bildung für alle: Fünf Forderungen an die Politik
Bildungsarmut und Kinderarmut hängen eng zusammen. Benachteiligungen im sozialen Bereich wie auch in der Bildung werden in den meisten Fällen von einer Generation auf die nächste weitergegeben. Klar ist: Die Politik ist gefragt, wenn es darum geht, der Bildungsarmut nachhaltig entgegenzuwirken und ein zukunftsfähiges Bildungssystem zu etablieren. Deshalb stellt beispielsweise die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung vier klare Forderungen an die Politik, die zu mehr Bildungsgerechtigkeit und bessere Teilhabe-Chancen führen sollen. „Schließlich gehören Bildungs- und Jugendpolitik zwingend dazu, wenn es darum geht, die Zukunft einer Gesellschaft zu sichern“. Die Expertinnen und Experten fordern:
1. Wirksame Bildungsinvestitionen von Anfang an
Da Bildungschancen und -erfolge von Kindern eng mit ihrer Herkunft verknüpft sind und Ungleichheiten vor allem in den ersten Lebensjahren entstehen, fordert die DKJS, dass Bund und Länder das Kita-Qualitätsgesetz dauerhaft verankern und ergänzend eine gezielte Förderung für Kitas in schwierigen Lagen verabreden, sprich: ihnen mehr Personal und Gelder zur Verfügung stellen, um zusätzliche Angebote zur Sprach- und Kompetenzförderung zu schaffen, um Kooperationen mit Grundschulen auszubauen, Kita-Sozialarbeit zu etablieren und die Elternverantwortung zu stärken.
Investitionen in die Qualität der frühkindlichen Bildung, insbesondere in der Ausbildung und Fortbildung des Personals, seien notwendig, um die Chancengerechtigkeit zu erhöhen und Bildungs- und Arbeitsmarkterfolge zu ermöglichen.
2. Mehr Qualität in der ganztägigen Bildung
Da die Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter nachweislich die Bildungschancen für alle Kinder verbessert, brauche es ausreichend viele Ganztagsplätze und eine verbindliche, und qualitätsvolle Umsetzung der Angebote vor Ort.
3. Fachkräftepotenzial geringqualifizierter Jugendlicher erschließen
Jedes Jahr verlässt ein Fünftel eines Jahrgangs die Schule maximal mit einem Hauptschulabschluss. Zu viele dieser Jugendlichen bleiben auch langfristig ohne Ausbildung. Deshalb fordert die DKJS eine bundesweite Initiative, die sich gezielt an geringqualifizierte und benachteiligte Jugendliche wendet und Angebote zur Berufsorientierung zum Kompetenzerwerb fördert.
4. Demokratiebildung und Kinder- und Jugendbeteiligung stärken
Um der Demokratiekrise zu begegnen, müssten Maßnahmen gestärkt werden, die die Demokratiebildung sowie die Kinder- und Jugendbeteiligung fördern. Dafür sollten Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden. Ein Demokratiefördergesetzwürde Institutionen als Orte der politischen Bildung absichern. Da gute Kinder- und Jugendarbeit nicht verhandelbar sei, sollte sie über den Bundeshaushalt langfristig gesichert und in längerfristigen Förderungen verankert sein.