Therapie mit TierenEsel helfen Kindern mit Förderbedarf enorm
Köln – Alex kennt die Abläufe: sich dem Esel von vorne mit dem Halfter in der Hand nähern, es erst über die Nase, dann den großen Kopf mit den hellblauen Augen ziehen und an der Seite verschließen. Dann führt er die Eselin Veilchen in die Mitte des Geheges, macht sie an einem Balken fest und bürstet ihr weißes Fell. Erst beim Hufe auskratzen braucht der Neunjährige Hilfe von Holger Peters, dem Veilchen und neun weitere Esel in Rolfs Streichelzoo in Porz gehören.
„Die Therapie bei Holger ist die einzige, auf die Alex immer Lust hat“, erzählt seine Mutter, als sie eine halbe Stunde später hinter der kleinen Karawane aus drei Eseln, zwei Kindern, neun Erwachsenen und einem Hund über einen Waldweg läuft. Alex hat das Down-Syndrom. Nach Schätzungen kommt eines von 650 Babys mit diesem Gen-Fehler, bei dem die Kinder ein drittes Chromosom 21 haben, auf die Welt. Wie bei vielen Betroffenen ist Alex’ geistige und körperliche Entwicklung verzögert. Er hat Schwierigkeiten sich auszudrücken, in der Grundschule hat er eine Schulbegleiterin.
Bei der Sache bleiben
Holger Peters setzt seine Esel pädagogisch bei Kindern mit Förderbedarf ein. Alex kommt seit über fünf Jahren zu ihm, mittlerweile läuft er die wenigen Straßen von Zuhause alleine. „Alex lernt mit den Eseln, seine Kräfte besser zu dosieren. Er ist viel vorsichtiger geworden“, sagt sein Vater, der an diesem Samstagnachmittag ebenfalls mitspaziert. Bei so vielen Menschen ist Alex’ aufgeregt, er rennt hin und her, seine Freundin Marie ist heute auch dabei. Plötzlich hat der Junge keine Lust mehr mit Veilchen am Strick die Gruppe anzuführen. Auch das lernt er bei Holger Peters: Bei der Sache bleiben.
„Im Umgang mit Tieren lernen Kinder, dass sie ihre eigenen Bedürfnisse auch mal zurückstellen müssen“, sagt der Förderschullehrer, der alle möglichen Arten der Mensch-Tier-Begegnung anbietet. Alex hat er vor einigen Jahren auf einem Kindergeburtstag kennengelernt, der im Streichelzoo mit Hühnerfütterung, Kaninchen streicheln und einem Besuch im Schweinestall gefeiert wurde. Er ist aber auch schon bei Junggesellinnen-Abschieden oder Führungskräfte-Seminaren mit seinen Eseln am Rhein entlang gelaufen.
Wer gestresst ist, kommt nicht weit
Die Begegnung mit Eseln ist für alle Menschen bereichernd, ist der Pädagoge überzeugt. „Ein Esel spiegelt den Menschen, der ihn führt.“ Wer gestresst oder gereizt ist, kommt mit dem Tier nicht weit. Am Strick ziehen nützt wenig, auf ein Kräftemessen brauche man sich gar nicht erst einlassen, sagt Peters.
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Für Alex heißt das aber auch: Die Tiere nehmen ihn so, wie er ist. Manchmal laut und kontrolliert, manchmal aber auch ganz still. Zuhause flüstere er jetzt den Katzen manchmal etwas ins Ohr, beobachtet seine Mutter. Denn auch Empathie können viele Menschen im Umgang mit Tieren besser zeigen.