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Sport und KulturFairstärken will Kindern gesellschaftliche Teilhabe ermöglichen

Lesezeit 3 Minuten

Joel (r. o.), Cedrik, Moreno und Darian spielen mit Sarah Barth auf dem Bolzplatz neben dem Görlinger Zentrum.

Köln – Das Beste am Durstlöscher? Nach dem Trinken auf das leere Trinkpäckchen zu treten und den Karton platzen zu lassen. Ratschläge wie diesen hat Cedric einige parat. Spinat und Pizza passt seiner Meinung nach nicht zusammen. Hat er einmal bei einem Ausflug in die Kletterhalle probiert, hat dem 12-Jährigen im neongrünen T-Shirt nicht geschmeckt. Die anderen Jungen nicken. An den Ausflug in den Chorweiler „Canyon“ erinnern sie sich gerne zurück. Und an das Bogenschießen und den Besuch im Fairstärken-Büro am Rudolfplatz, wo sie zusammen Salat mit Kräutern aus dem Garten gemacht haben.

Die fünf Freunde sitzen zusammen auf einem staubigen Bolzplatz, wenige Meter vom Görlinger Zentrum in Bocklemünd entfernt. Es ist einer der letzten heißen Tage dieses Sommers, einige Frauen haben sich mit Stühlen neben dem Platz auf dem verdorrten Gras niedergelassen. Die Jungen sind teilweise Nachbarn, teilweise miteinander verwandt – sie halten keinen Abstand, weil sie sowieso ständig zusammen sind. Außerdem treffen sie sich, so wie heute, seit etwa einem Jahr alle zwei Wochen mit Sarah Barth vom Verein Fairstärken. Zurzeit finden die Treffen wegen Corona nur draußen statt, heute steht Fußball auf dem Programm. Darian ist nicht begeistert. Er mag Fußball nicht.

Auch Gewaltprävention gehört zur Arbeit des Vereins

Der Kölner Verein Fairstärken arbeitet seit Jahren mit Kindern aus ökonomisch benachteiligten Vierteln und möchte sie mit seinen vielfältigen Angeboten in ihrer Persönlichkeitsentwicklung stärken. Dazu gehört für den Verein besonders die aktive Teilhabe am sozialen Leben. Fairstärken organisiert Ausflüge in Zoos, Theater und zu anderen Kulturveranstaltungen, in den Sommerferien gab es ein Zeltlager in der Eifel. Das Wasser war eiskalt, erinnert sich Cedric. Auch Gewaltprävention ist ein Thema der Sozialarbeit, deshalb erklärt Barth vor dem gemeinsamen Fußballspiel auch noch einmal die wichtigste Regel: „Was der Schiedsrichter sagt, gilt. Wir streiten uns deshalb nicht.“

Alle gegen den Torwart lautet die Regel.

Nicht alle Gruppen können sich gerade so einfach zum Sport treffen wie die Bocklemünder. Die meisten Angebote zum Sozialen Lernen und der Gewaltprävention müssen unter Auflage der gängigen Hygiene-Bestimmungen stattfinden. „Wir mussten im Team neue Ideen entwickeln“, erzählt Deborah Helmbold, zuständig für die Koordination der Kurse. So würden sich körperliche Grenzen natürlich auch mit Abstand gut üben lassen, sagt die Pädagogin, aber Teamwork sei ein großes Probleme.

Viele Kinder suchen die Nähe der Pädagoginnen

Außerdem merke sie, dass viele Kinder den Körperkontakt in den letzten Monaten vermisst haben. „Viele unserer jungen Teilnehmer suchen die Nähe“, sagt sie. Sie und ihre Kollegen seien wichtige Bezugspersonen, die nun ihre Schützlinge wegen der Corona-Pandemie auf Abstand halten müssen. Das würde viele Mädchen und Jungen emotional überfordern. „Die Kinder wollen uns umarmen und verstehen manchmal nicht, warum das nicht geht.“

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Dass die Bocklemünder Gruppe zurzeit nur aus Jungen besteht, ist Zufall. Eigentlich ist das Angebot für beide Geschlechter gedacht. Es gibt aber auch Fairstärken-Kurse, die geschlechtsspezifisch sind. Weil Jungen in den Schulklassen oft sehr viel Raum einnehmen und die Mädchen als die Leisen und Angepassten gelten. Um den Klischeerollen entgegenzuwirken, sollen die Kinder und Jugendlichen in getrennten Gruppen reflektieren und ihr Verhalten hinterfragen. „Bei Jungen geht es viel um Selbstbehauptung und Männlichkeit“, erzählt Helmbold. „Mädchen bestärken wir darin, öfter ihre Meinung zu sagen und für sich einzustehen.“ Dabei beobachtet die Pädagogin, dass der kulturelle Hintergrund der Teilnehmer oft noch eine große Rolle spielt.