- Der Streetscooter-Erfinder Günther Schuh gilt als deutscher Elektroauto-Pionier.
- Im Interview kritisiert er dennoch die finanzielle Förderung für Elektroautos – die Regelung könne für sein Unternehmen e.Go existenzgefährdend werden.
- Schuh erklärt außerdem, was es mit der Kooperation mit Volkswagen auf sich hat.
Köln – Der Aachener Professor Günther Schuh hat den Elektro-Lieferwagen Streetscooter entwickelt und die Firma an die Deutsche Post verkauft. Der Verkauf seines neuen Elektro-Kleinwagens e.Go ist kürzlich gestartet. Am 7. November ist Schuh zusammen mit Ford-Chef Gunnar Herrmann und Toyota-Chef Alain Uyttenhoven auf dem Podium der „Meinungsmacher“, einer Veranstaltung des „Kölner Stadt-Anzeiger“ und des Rotonda. Im Interview kritisiert Schuh die Förderung von Elektroautos, spricht über die Infrastruktur für Elektrofahrzeuge und sagt, mit welcher prominenten Person er gerne verglichen wird.
Auf dem Autogipfel der Bundesregierung wurde Anfang der Woche eine umfangreiche Förderung der Elektromobilität beschlossen. Sie sind der deutsche Pionier der Branche. Gehen die Beschlüsse weit genug?
Dass die Ladeinfrastruktur nun verbindlich ausgebaut werden soll und der Staat sich stärker als bislang daran beteiligt, ist absolut positiv. Unsere Berechnungen zeigen aber, dass die Zahl der E-Zapfsäulen, die in einer Welt mit Elektrofahrzeugen gebraucht würden, niedriger ist. Für den maximalen Komfort der Fahrer braucht man nicht zwingend eine Million Ladesäulen. Man würde mit einer halben bis dreiviertel Million auskommen, weil wir davon ausgehen, dass 85 Prozent der Ladevorgänge wohl Zuhause stattfinden. Aber weil man in Deutschland bei dem Thema so lange gewartet hat, ist es gut, dass man sich jetzt viel vornimmt.
Auch der Kauf von E-Autos soll gefördert werden. Würde Ihr Unternehmen davon besonders profitieren?
Es ist richtig, dass die erheblichen Mehrkosten eines E-Autos durch die Verlängerung und Vergrößerung der Förderung künftig stärker unterstützt wird. Das Ganze hat allerdings für einen reinen Anbieter von E-Autos wie wir einer sind gravierende Nachteile.
Inwiefern?
Ehrlich gesagt kann diese Regelung für uns existenzgefährdend werden. Insgesamt 6000 Euro Prämie sollen für einen Kleinwagen fließen. Davon soll der Hersteller die Hälfte bezahlen, der Rest kommt vom Staat. Für uns schwierig umsetzbar. Um diesen Eigenanteil zu stemmen, müssten wir unsere Autos teurer machen, weil wir das Geld nicht vom Verkauf von Verbrenner-Autos nehmen können, wie das bei den großen Herstellern der Fall ist.
Was würde Sie das kosten?
Das lässt sich noch nicht sagen. Aber nehmen wir folgende Beispielrechnung: Wir haben mit dem e.GO Life einen Kleinwagen konzipiert, der mit der großen Batterie 20.000 Euro kostet. Das erste E-Modell von VW kostet 30.000 Euro. Mit der Förderung muss ich den Preis auf 23.000 Euro anheben und läge damit näher an der Konkurrenz. Das wäre eine sicher ungewollte Wettbewerbsverzerrung. Es würde die Bundesregierung nicht viel kosten, wenn sie den Eigenanteil bei uns aussetzen würde. Das wiederum würde unsere Aussichten, auf dem Markt zu überleben, deutlich erhöhen.
E-Autos werden schon heute begünstigt. Blickt man aber auf die Zulassungszahlen ist der Anteil in Deutschland noch immer verschwindet gering. Die Kunden sind also offenbar noch nicht überzeugt...
Es ist immer schwierig, wenn ein Kunde einen gewissen Komfort gewohnt ist und der Komfort bei einem neuen Produkt dahinter zurückbleibt. E-Autos können derzeit noch deutlich weniger als die klassischen Verbrenner, kosten aber fast das Doppelte. Deshalb sind sie Bürger noch zurückhaltend. Es nutzt nichts, auf die Politik einzuhauen oder auf die Hersteller, die zu spät in ein neues Zeitalter alternativer Antriebe gestartet sind, wir brauchen eben auch den innovativen Kunden.
Wie verkauft sich denn Ihr e.GO?
Das schöne ist, dass man den Wagen nicht verkaufen muss, sondern eigentlich nur verteilen (lacht). Wir hatten Verzögerungen bei der Straßenzulassung von Zuliefererkomponenten und Anlaufprobleme mit einigen Serienwerkzeugen. Seit sechs Wochen können wir nun Vorbestellung in Verkäufe umwandeln.
Und wie viele sind es?
Aus 3400 Vorbestellungen wurden bis jetzt 400 Kaufverträge. Probefahrten sind dabei verbindlich, weil wir möchten, dass alle Interessenten vor der verbindlichen Bestellung einen konkreten Eindruck des e.GO Life bekommen. Wir fahren gerade die Verkaufsteams hoch. Bei einem derzeitigen Limit von 30.000 Fahrzeugen, die wir pro Jahr bauen können, ist aber nicht der Verkauf das Problem, sondern, dass wir entsprechend der Nachfrage nicht genug Autos bauen können.
Wird sich das durch die Kooperation mit VW demnächst ändern?
Nein, der e.GO Life ist komplett fertig konstruiert. Gleiches gilt für unseren Minibus, den e.GO Mover. Mit VW konstruieren wir ein von ihnen designtes Fun-Auto, das sehr emotional und ziemlich schrill sein wird. Basis dafür ist der modulare Elektrofahrzeugbaukasten (MEB) von VW. Wir sind damit der erste Kunde dieses Systems.
Wo liegen die Vorteile?
Wir als kleiner Anbieter haben keine Einkaufsmacht und zahlen deshalb viel für Komponenten. Diesen Nachteil kann ich nur ausgleichen, wenn mich jemand wie VW ins Regal greifen lässt. Außerdem ist die Zusammenarbeit auch ein echter Ritterschlag für uns.
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Alle fokussieren sich derzeit nur auf E-Mobilität. Ist nicht ein hohes Risiko vor dem Hintergrund, dass sich auch andere Antriebe wie Wasserstoff oder Brennstoffzelle durchsetzen könnten?
Der Batterieantrieb ist deutlich teurer als der Verbrenner, der Wasserstoffantrieb ist allerdings noch mal deutlich teurer. Außerdem passt diese Alternative, so unförmig und sperrig, wie sie ist, in keinen Pkw. Trotzdem darf man die Technologie nicht außen vorlassen. Bei größeren Fahrzeugen wie Bussen oder Lkw und den Fahrten langer Strecken macht das Ganze Sinn. Wir werden unseren neuen Minibus neben einer Batterie auch mit einem kleinen Brennstoffzellen-Aggregat ausrüsten. Dafür haben wir eine entsprechende Firma gegründet, die e.GO REX GmbH.
Wie lange wird es noch klassische Verbrenner geben?
Die wird es noch ewig geben, schlicht weil wir auch diese Technologie noch brauchen. Wer sagt, wir lassen in 20 oder 30 Jahren keine Verbrenner mehr zu, der hat keine Ahnung. Das Potenzial eines Dieselmotors ist noch längst nicht ausgeschöpft. In den vergangenen 25 Jahren haben wir 94 Prozent der Emissionen reduzieren können. Und es gibt Potenzial für weitere 90 Prozent. Verbindet man diese schadstoffarmen Antriebe mit einem Plug-In-Hybrid, kann man in der Stadt, wo wir null Emissionen brauchen, rein elektrisch fahren. Auf langen Strecken aber mit dem sparsamen Diesel. Dieses Fahrzeug übertrifft die Klimabilanz eines rein elektrischen Autos.
Man vergleicht Sie oft mit dem Tesla-Gründer und nennt Sie den deutschen Elon Musk. Schmeichelt Ihnen das?
Die visionäre Kraft, die dieser Mann entfaltet hat, die ist so genial, das mir das natürlich schmeichelt. In einem Medienbericht hieß es mal, „Zwischen Jürgen Klopp und Elon Musk“, und wenn ich mich da entscheiden dürfte, würde ich lieber Jürgen Klopp nehmen. Klopp ist in jeder Hinsicht – vor allem auch menschlich – eine tolle Führungskraft. Da bin ich mir bei Elon Musk nicht so sicher, ob das so ein netter Kerl ist, wie ich gerne einer sein möchte.