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Interview mit Kölner Equaly-Gründerin„Bevor ihnen die dreckige Toilette angelastet wird, putzen Frauen sie – vor dem Mann“

Lesezeit 3 Minuten
Eine Frau lehnt sich während des Abwasches in der Küche gegen einen Hängeschrank.

Frauen verbringen jeden Tag mehr als eine Stunde mehr Zeit mit Hausarbeit als Männer.

Er mäht den Rasen und kümmert sich um Reparaturen, sie übernimmt den Rest? Ronja Hoffackers App soll helfen, Sorgearbeit gerecht aufzuteilen.

Frau Hoffacker, Sie haben eine App entwickelt, die Paaren helfen soll, Pflichten gleichberechtigt zu verteilen. Wo liegen die Schmerzpunkte in den Beziehungen?

Ronja Hoffacker: Ein Knackpunkt sind oft die Sauberkeitsstandards im Haushalt. Dem Klischee zufolge haben Frauen ein höheres Bedürfnis, dass die Böden gewischt sind, das Bad, die Oberflächen. Aber das ist nach der Auswertung unserer Daten gar nicht so. Vielmehr fühlen sich Frauen einfach für die Sauberkeit stärker verantwortlich und verpflichtet. Denn sie fürchten eher als Männer, dass beispielsweise ein Gast oder die Schwiegermutter ihnen die dreckige Toilette anlastet. Bevor das passiert, putzen sie rechtzeitig – vor dem Mann.


Ronja Hoffacker

Equaly-Gründerin Ronja Hoffacker

Die Kölnerin Ronja Hoffacker hat mit Louisa Plasberg die webbasierte App „Equaly“ entwickelt, mit deren Hilfe Paare ihre Sorgearbeit zu Hause gleichberechtigt aufteilen.


Deshalb übernehmen Frauen dann doch den Großteil der Arbeit?

Ja. Den Ergebnissen der Vermächtnisstudie zu Folge gibt es im Haushalt 21 Aufgabenbereiche. Davon übernehmen Männer im Durchschnitt gerade einmal drei. Den Rest erledigt überwiegend die Frau.

Typische Männeraufgaben sind zeitlich meist flexibler zu erledigen

Wie teilt man denn Aufgaben im Haushalt auf eine gute Weise auf? Macht jeder das, was er am liebsten mag, und was übrigbleibt, wird abwechselnd erledigt?

So kann man das machen, ja. Allerdings sollten Paare bedenken, dass die Aufgaben nicht nur im Zeitaufwand, sondern auch besonders hinsichtlich ihrer Flexibilität sehr unterschiedlich sind. Aufgaben, die Männer typischerweise gern übernehmen, wie zum Beispiel Garten oder Finanzen oder Reparaturen, sind zeitlich viel flexibler verschiebbar als Kochen oder die Kinderbetreuung. Letzteres muss täglich zu einer bestimmten Uhrzeit erledigt werden. Reparaturen fallen dagegen nicht jeden Tag an. Und man kann sie meistens auch erst am Wochenende erledigen, wenn es einem eben passt. Das Kind kann man schlecht so lange in der Kita lassen.

Was ist, wenn manche Menschen denken: Das ist uns zu komplex, wir belassen es dann lieber bei der traditionellen Aufteilung?

Wenn das beide gut finden, ist dagegen nichts einzuwenden. Und es ist ja auch so, dass dieses gleichberechtigte Leben, in dem beide sich zu Hause und im Job engagieren, auch belastend sein kann. Wir beobachten aber bei den Eltern, die jetzt Kinder bekommen, dass der Wunsch, es der nächsten Generation anders und gleichberechtigter vorzuleben, wächst. Es gibt aber auch Gegenbewegungen. Einige Paare träumen deshalb sicherlich manchmal von der vermeintlich einfacheren traditionellen Aufteilung.

Ein Problem am traditionellen Modell ist ja, dass gerade Mütter finanziell sehr benachteiligt sind.

Genau. Man kann das natürlich finanziell ausgleichen. Allerdings gehört zur Wahrheit dazu, dass sich so ein Modell fast niemand leisten kann. Von einem Gehalt den Lebensunterhalt für eine Familie zu bestreiten und zusätzlich noch hunderte Euro in die private Altersvorsorge der Frau zu stecken – das ist finanziell ungeheuer herausfordernd.

Also doch Erwerbs- und Care-Arbeit aufteilen?

Genau. Die Motherhood-Penalty, also die finanziellen Einbußen durch die Mutterschaft, wären ja auch vermeidbar. Zum Beispiel könnten Paare während der Kleinkindjahre beide zu gleichen Teilen ihre Arbeitszeit reduzieren. Und sich beide zu gleichen Teilen um Kinder und Haushalt kümmern. Das hätte den Vorteil, dass später auch beide die Möglichkeit hätten, sich beruflich weiterzuentwickeln und die Karriere nochmal stärker in den Blick zu nehmen.

Spielen da die Arbeitgeber schon mit? Häufig sind die Karrieremöglichkeiten nach einer Teilzeitphase eher schlecht.

Das stimmt. Gerade Männer haben oft Sorge, dass eine Reduzierung der Arbeitszeit beim Chef oder der Chefin nicht gut ankommt. Und in sehr traditionellen Branchen ist das tatsächlich oft noch ein Problem. Aber manchmal erlebt man auch positive Überraschungen. Ich würde Väter ermutigen, der Präzedenzfall zu sein! Sie können da viel in Bewegung bringen.