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AutozuliefererNRW-Industrie setzt auf Standort Polen

Lesezeit 3 Minuten
Arndt Kirchhoff

NRW-Arbeitgeberpräsident Arndt Kirchhoff in seiner Fabrik im polnischen Gleiwitz (Gliwice).

NRW-Autozulieferer Kirchhoff setzt auf Produktion in Polen – obwohl dort die Löhne stark gestiegen sind.

Trotz inzwischen erheblich gestiegener Personalkosten auch in Osteuropa setzt die nordrhein-westfälische Industrie auf die Fertigung in Polen. Einen Einblick in die Produktion gewährte der Präsident der nordrhein-westfälischen Arbeitgeberverbände (Unternehmer NRW), Arndt Kirchhoff im Rahmen einer Journalistenreise in seinem Werk im oberschlesischen Gleiwitz, auf Polnisch Gliwice.

Kirchhoff ist Miteigentümer und Aufsichtsratsvorsitzender von Kirchhoff Automotive. Das Familienunternehmen mit Doppelsitz in Attendorn und Iserlohn startete genau vor 25 Jahren mit der Produktion in Polen. „Die ersten Hallen bauten wir auf dem Gelände eines früheren Panzer-Kombinates“, sagte Kirchhoff im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Besonderer Anreiz, ausgerechnet nach Gleiwitz zu gehen, war laut Kirchhoff ein besonderes Modell polnischer Wirtschaftsförderung. Die besteht darin, dass für bestimmte Neuansiedlungen eine Art von Sonderwirtschaftszone geschaffen wird. Wer also eine bestimmte Summe unter strengen Auflagen an einem polnischen Standort investiert, wird als Belohnung dafür für einen festgelegten Zeitraum von der überregionalen Steuer befreit, Kirchhoff nennt das „Tax-Holiday“. Kirchhoff hält solche steuerbefreiten Wirtschaftszonen auch für ein Vorbild für Deutschland.

Investitionen in Polen seit 25 Jahren

Durch mehrere weitere Investitionen sei die Kirchhoff-Gruppe wiederholte Male in den Genuss dieser Steuererleichterung gekommen. 1999 startete das erste Greenfield Projekt von Kirchhoff Automotive mit der Gründung des ersten Standorts auf dem Gelände der Sonderwirtschaftszone „Euro-Parc Mielec“.

Ein zweiter Standort in Gleiwitz kam 2004 mit einer gemieteten Halle dazu. Bereits 2005 bezog man auf dem Gebiet der Kattowitzer Sonderwirtschaftszone eigene Räumlichkeiten. Dort werden Metallstrukturteile für Karosserie und Fahrwerk zu Baugruppen zusammengeschweißt und oberflächenbeschichtet. „Aber die Entwicklung in Polen geht noch weiter, ein neues Werk in Gniezno wurde 2016 eröffnet“, sagte Kirchhoff

Der Betrieb in Mielec verzeichnet seit seiner Gründung in 1999 eine dynamische Entwicklung. So wurde 2007 eine zweite Produktionshalle gebaut. Heute werden dort Metallstrukturen und Metall-/Aluminium-Verbindungen für Karosserie und Fahrwerk mit den Kerntechnologien Umformen und Schweißen gefertigt.

Weitere Standorte in Rumänien

„Die polnischen Werke sind mit hochautomatisierten Technologien ausgestattet, die unserer derzeitigen und zukünftigen Situation als innovativer Wettbewerber entsprechen“. Das Werk in Mielec sei das Zentrum der Expansion der Firma in Europa geworden. Inzwischen gebe es auch Standorte in Rumänien und Ungarn.

In den vergangenen 15 Jahren habe sich Kirchhoff Automotive in Polen zu einem der größten Investoren entwickelt. „Das Unternehmen belegt einen Spitzenplatz unter den polnischen Zulieferern für die weltweite Automobilindustrie und trägt einen bedeutenden Anteil am Warenexport in dieser Branche“, sagt Arndt Kirchhoff.

Innerhalb Polens sind die Investitionsbedingungen nicht homogen. Laut Arndt Kirchhoff sinken die Löhne, je weiter es innerhalb des Landes nach Osten geht. Die Stadt Köln hat übrigens enge Beziehungen zu Polen. 8000 Menschen mit polnischer Staatsbürgerschaft leben in Köln. Das NRW-Generalkonsulat Polens ist nicht wie bei den meisten Ländern in der Landeshauptstadt Düsseldorf, sondern in Köln. Als Bonn noch Bundeshauptstadt war, war sogar der Sitz der polnischen Botschaft in Köln-Marienburg.

Heute hat die Firma Kirchhoff weltweit mehr als 8000 Beschäftigte, davon etwa 2000 in Polen. Das Familienunternehmen hat inzwischen 27 Werke in elf Ländern.