Nach dem Absturz der Bayer-Aktie versucht sich der Vorstandschef in Schadensbegrenzung.
Nach Studien-PleiteBayer-Chef verspricht Investoren, den Konzern zu verjüngen
Geht Bayers Tablettenfabrik wie geplant im Frühjahr 2024 in Betrieb – oder zerschießt der Abbruch der klinischen Studie des Medikaments Asundexian die ambitionierten Pläne in Leverkusen? Auch einen Tag nach der Nachricht, dass der Konzern die Entwicklung des großen Pharma-Hoffnungsträgers nicht weiter verfolgen kann, bleibt diese Frage offen. Es sei zu früh, über die Auswirkungen auf Solida-1 zu sprechen, sagt eine Bayer-Sprecherin dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Dienstag.
100 Bayer-Leute sollen in der neuen Fabrik arbeiten
Rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen in der Solida-1 genannten Fabrik arbeiten. Beim Richtfest 2022 kam Bundeskanzler Olaf Scholz nach Leverkusen, wo Bayer 275 Millionen Euro in das Projekt investiert hat. Vor einem Monat noch hieß es, Asundexian werde das erste Medikament, das in der Pillenfabrik hergestellt wird. Das gilt nicht mehr: Asundexian werde „ein anderes Produkt“ als geplant, sagt Bayers Pharma-Chef Stefan Oelrich am Dienstag in einem Telefonat mit Investoren. Anderthalb Tage alt ist da die Entscheidung, die Studie zu stoppen, in der Asundexian zur Behandlung von Vorhofflimmern erprobt wurde. Gegenüber der Standardbehandlung zeigte Asundexian eine unterlegene Wirkung.
Bis zu fünf Milliarden Euro jährliches Umsatzpotenzial erwarteten die Bayer-Bosse von Xarelto. Jetzt bleibt noch eine Asundexian-Studie, in der es um die Prävention wiederholter Schlaganfälle geht. Das meiste Geld hatten sich die Leverkusener allerdings von der Vorhofflimmern-Therapie erhofft. Wie hoch der nun noch zu erwartende Umsatz sei, wenn Asundexian zumindest für die eine Therapie zugelassen wird? „Das kann ich heute noch nicht bewerten“, sagt Oelrich und fügt hinzu, „es wird sicher unter fünf Milliarden Euro liegen“. Der Verkauf soll – wenn die Studie gute Ergebnisse erzielt – 2026 starten.
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Bayers Aktie war am Montagmorgen abgestürzt wie nie zuvor in der Konzerngeschichte. Um fast 20 Prozent ging es nach unten. Die Patente der Blockbuster-Medikamente Xarelto und Eylea mit einem gemeinsamen Umsatz von zuletzt 7,7 Milliarden Euro laufen innerhalb der kommenden zwei Jahre aus, gleichwertige Nachfolger sind nicht in Sicht. Bayers Beteuerungen, die Pipeline sei gar nicht so schlecht aufgestellt, scheinen nicht so recht bei den Anlegern zu verfangen. Die Aktie erholt sich auch am Dienstag nicht.
Bill Anderson will Bayer verschlanken
Angesichts der Rückschläge – die vierte Niederlage in Folge nach zuvor neun Siegen in Glyphosat-Prozessen gab es auch noch – seien sie bei Bayer „super enttäuscht“, sagt Oelrich den Investoren und meint damit auch seinen Chef, den Vorstandsvorsitzenden Bill Anderson. „Ich bedauere das sehr“, sagt Anderson selbst im Telefonat über die Nackenschläge für Bayer. „Wir alle machen Überstunden, um das zu sortieren.“ Er sei schon seine gesamte Karriere in der Pharma-Branche, sagt der US-Amerikaner, der seit wenigen Monaten an der Spitze des Dax-Unternehmens steht. Das Risiko, dass die erwartete Wirkung in klinischen Studien doch nicht eintrete, sei „unvermeidbar“, so Anderson.
Erst im März will er seine neue Strategie für Bayer vorstellen. Den Umbau des Unternehmens hat er dabei längst begonnen, den Verkauf der Sparte mit rezeptfreien Arzneimitteln oder der Agrarchemie als Möglichkeiten der Verschlankung diskutiert. Der Neue in Leverkusen will zudem massiv Stellen abbauen und hat dabei das mittlere Management in den Blick genommen. Die Befehls- und Kontrollstruktur im Unternehmen stört ihn, er will schnelle Entscheidungen, kurze Wege, Innovationen damit fördern, führte er Anfang des Monats aus. Am Dienstag sagt der Bayer-Chef: „Wir sind hoch motiviert und arbeiten daran, das Unternehmen zu verjüngen.“