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Neuer Chef Bill AndersonWer bei Bayer für Veränderung nicht offen ist, bekommt Probleme

Lesezeit 3 Minuten
Bayer-Chef Bill Anderson beim Besuch von Ministerpräsident Hendrik Wüst CDU im Rahmen seiner Sommertour die Agrarsparte der Bayer AG in Monheim. Monheim, 30.08.2023 NRW Deutschland *** Bayer CEO Bill Anderson visits the agricultural division of Bayer AG in Monheim Monheim, 30 08 2023 NRW Germany during the visit of Minister President Hendrik Wüst CDU as part of his summer tour Copyright: xChristophxHardtx

Bill Anderson ist seit Juni 2023 Vorstandsvorsitzender von Bayer.

Bill Anderson, seit Juni an der Spitze von Bayer, will den Leverkusener Traditionskonzerns umkrempeln und sagt auch wie.

In der Riege der an Herausforderungen nicht armen Vorstandschefs dürfte der neue Bayer-Chef Bill Anderson derzeit wohl die unangefochtene Spitzenposition in Deutschland einnehmen. Erst seit Juni dieses Jahres im Amt, steht der Amerikaner unter enormem Druck. Denn der langjährige Vorzeigekonzern im Dax steckt in einer schweren strukturellen Krise.

Große Baustellen für Anderson

Die größten Baustellen: Binnen fünf Jahren hat Bayer 50 Prozent seines Börsenwerts verloren. In diesem Jahr wird der Pharma- und Agrarchemie-Riese keine frei verfügbaren Barmittel erwirtschaften. Das Erbe der milliardenschweren Übernahme von Monsanto liegt wie ein Mühlstein um den Hals der Leverkusener. Schulden von 35 Milliarden Euro durch den Kauf des Glyphosat-Herstellers lasten auf dem Traditionsunternehmen. Zuletzt verlor Bayer zudem fünf Glyphosat-Gerichtsprozesse. Die Kosten sind enorm.

Und zu den ohnehin schlechten Nachrichten kam direkt im Anschluss eine noch sehr viel schlechtere hinzu. Bayer musste das Ende für sein derzeit wichtigstes Pharma-Forschungsprojekt verkünden, das in der neuen Fabrik in Leverkusen produziert werden sollte. Der große Hoffnungsträger Asundexian sollte den Blutgerinnungshemmer und Milliarden-Blockbuster Xarelto ersetzen.

Erwartbar: Die Investoren werden zunehmend unruhiger. Aktivistische Hedgefonds drängen auf eine Konzernaufspaltung und Teilverkäufe. Im November hat Bill Anderson nun erste Eckpunkte verkündet, wie er das 160 Jahre alte Traditionsunternehmen wieder auf Erfolgskurs bringen will. Auf dem Kapitalmarkttag im März will der Manager dann seine gesamte Strategie vorlegen.

Bayer-Chef kündigt gewaltigen Wandel an

Klar ist, Bayer soll von Grund auf umgekrempelt werden. Der Amerikaner stellt alles infrage. Erhalten bleiben soll nur, was Wert schafft. „Natürlich hätte ich mir einen besseren Start gewünscht. Mir war aber klar, dass dies ein sehr herausfordernder Job wird“, sagte Anderson jetzt in seinem ersten großen Interview mit dem „Handelsblatt“. Im Unternehmen stecke „ein riesiges Potenzial“.

Und: „Der Wandel bei Bayer wird gewaltig“, kündigte Anderson an. Trotz der schwierigen Lage verbreitet der 57-Jährige Optimismus. „Der fundamentale Umbau des Unternehmens hat begonnen. Wir werden im Laufe der nächsten Jahre deutlich an Dynamik gewinnen“, so der Pharma-Manager.

Im Kern sehen die Pläne, die er nun im Gespräch mit der Zeitung konkretisierte, wie folgt aus: Um die in seinen Augen starren Strukturen aufzubrechen, könnte die Zahl der zwölf bestehenden Hierarchie-Ebenen je nach Bereich mehr als halbiert werden. Das dürfte vor allem zahlreiche Führungspositionen im mittleren Management am Konzernsitz in Leverkusen treffen. Wie viele Jobs genau es sein werden, dazu wollte sich Anderson bislang noch nicht äußern.

Klare Ansagen machte der Konzernchef aber mit Blick auf die von ihm erwartete Veränderungsbereitschaft der Mitarbeitenden. „Die allermeisten wollen etwas Sinnvolles machen und sich weiterentwickeln. Sie sind für Veränderungen offen und wissen, dass sie in einem Jahr deutlich weiter sein werden als jetzt.“ Auf die Frage, ob er andere feuern werde, sagte Anderson im „Handelsblatt“: „Es gibt Leute, bei denen sich alles um ihr Ego dreht oder die keine Lust auf Veränderung haben. Sie können vielleicht in einer traditionellen Arbeitsumgebung effektiv sein, aber sicher nicht in unserer. Wer für diese Veränderung nicht offen ist, wird es bei Bayer schwer haben.“

Führungskräfte sollen coachen

Grundlage und Anleitung ist dabei das Buch „Humanocracy“ des amerikanischen Management-Gurus Gary Hamel. Vorgesehen sind mehr Teamarbeit, weniger Komplexität, mehr unternehmerische Eigenverantwortung der Mitarbeiter, mit Führungskräften als Coaches. Statt sich etwa mit monatelanger Budgetplanung fürs nächste Jahr herumzuschlagen, sollen die Teams im 90-Tage-Rhythmus entscheiden, was sie wofür brauchen, so Anderson gegenüber dem „Handelsblatt“. Bei rund 2500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sei das System schon eingeführt worden.

Ob der neue CEO den Konzern aufspaltet, lässt er bislang offen. Sicher ist aber, spätestens mit Beginn des neuen Jahres, werden die Investoren weiter Druck machen.