In Nordrhein-Westfalen gibt es immer weniger Auszubildende. Im Jahr 2023 blieben 11.500 Stellen unbesetzt - obwohl tausende Bewerber leer ausgingen.
BerufsbildungsberichtSo schneidet NRW im bundesweiten Ausbildungsvergleich ab
Die Zahl der neu geschlossenen Ausbildungsverträge in Nordrhein-Westfalen ist weiterhin rückläufig. Im Jahr 2023 haben sich rund 108.400 junge Menschen für einen Ausbildungsberuf entschieden, und damit 0,3 Prozent weniger als 2022. Mit Blick auf den Zeitverlauf zeigt sich der Rückgang deutlich: Im Jahr 2009 hatten noch rund 121.500 junge Menschen in NRW eine Ausbildung begonnen, 2019 waren es rund 118.500. Das geht aus dem am Mittwoch veröffentlichten Berufsbildungsbericht der Bundesregierung hervor.
Bundesweit mehr Auszubildende
Damit hinkt Nordrhein-Westfalen dem bundesweiten Vergleich hinterher. Im vergangenen Jahr haben rund 489.000 junge Menschen einen Ausbildungsvertrag unterzeichnet, das waren drei Prozent mehr als im Vorjahr. Allerdings liegen diese Zahlen auch hier weiterhin unter dem Niveau der Zeit vor der Corona-Krise.
Während Ausbildungsberufe aus Industrie und Handel deutschlandweit um 4,5 Prozent zulegen konnten, lag der Zuwachs in NRW bei lediglich 1,9 Prozent. Handwerksberufe fuhren in Nordrhein-Westfalen sogar ein Minus von 3,7 Prozent ein, während es deutschlandweit zu einem Plus von 1,2 Prozent reichte. Ähnlich bei der Landwirtschaft: In NRW wurden 2,8 Prozent weniger neue Ausbildungsverträge unterzeichnet, in Gesamtdeutschland hingegen 3,5 Prozent mehr als im Vorjahr.
40 Prozent mehr unbesetzte Stellen als vor Corona
Auch im Jahr 2023 ist die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen in Deutschland weiter gestiegen auf 73.400 (plus 6,6 Prozent zu 2022; plus 38,2 Prozent zu 2019). Das waren 13,4 Prozent des gesamten betrieblichen Angebots - und ein neuer Höchstwert. Im Vor-Corona-Jahr 2019 waren es 9,4 Prozent. Gleichzeitig haben bundesweit 26.400 Bewerber keinen Ausbildungsplatz bekommen (plus 16,3 Prozent zu 2022; plus 7,6 Prozent zu 2019). Unter anderem ältere Bewerber, ausländische Staatsangehörige, Schwerbehinderte und junge Menschen ohne Schulabschluss gehen bei der Ausbildungsplatzvergabe häufiger leer aus.
In Nordrhein-Westfalen konnten rund 11.500 Ausbildungsstellen nicht besetzt werden. Hier haben es junge Menschen zudem schwerer als in anderen Bundesländern, einen Ausbildungsplatz zu finden: Rein rechnerisch kommen auf 100 Bewerber rund 95 Ausbildungsplätze. Die besten Chancen haben Bewerber in Bayern: Hier gibt es auf 100 Bewerber rund 122 Ausbildungsplätze.
Wirtschaftsverbände äußern sich besorgt
Der VDMA kritisiert fehlenden politischen Willen, wie Hauptgeschäftsführer Thilo Brodtmann in einem Statement sagt: „Der klare politische Wille, die Berufsausbildung wieder zu stärken und deren Wert zu vermitteln, fehlt. Noch immer kommt die Berufsorientierung an den Schulen zu kurz, obwohl wir gerade nach den Corona-Jahren hier viel nachholen müssten.“ Der Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks, Jörg Dittrich, sagt unter anderem: „Politik, Gesellschaft und Handwerk müssen jungen Menschen verständlich machen, dass ein Ausbildungsberuf eine Bildungskarriere mit Sinn, Sicherheit und Zukunft verspricht.“
Auch der Dachverband der Industrie- und Handelskammern DIHK plädiert dafür, junge Menschen und Ausbildungsbetriebe besser zusammenzubringen: „Viele Betriebe sind bereit, auch schwächeren Bewerbern eine Chance zu geben. Förderangebote wie Einstiegsqualifizierungen, assistierte Ausbildung und Mentorenprogramme sollten noch bekannter gemacht und weiterentwickelt werden“, so Achim Dercks, stellvertretender Hauptgeschäftsführer. Wichtig sei, die jungen Menschen mit ihren individuellen Fähigkeiten möglichst passgenau in Betriebe zu vermitteln.