Bilder zum 100. GeburtstagWie Haribo vom Ein-Mann-Betrieb zum Marktführer wurde
Bonn/Grafschaft – Der Legende nach brauchte Hans Riegel 1920 nur sechs Gegenstände, um in einer Bonner Hinterhof-Waschküche den Grundstein eines der bekanntesten Süßwarenherstellers im Land zu legen: einen Sack Zucker, Marmorplatte, Hocker, Herd, Kupferkessel und eine Walze.
Der Legende nach ist seine Ehefrau Gertrud die erste Mitarbeiterin und das erste Produkt ein Bär aus Fruchtgummi, weil Riegel die Tanzbären im Zirkus so gern mag. Schon 1930 wirbt das Unternehmen mit dem Werbeslogan, von dem die Deutschen auch noch heute Ohrwürmer haben: Haribo macht Kinder froh.
99 Prozent kennen Haribo
Haribo ist eines der Unternehmen, über dessen Markenstärke man nicht streiten muss. Nach eigenen Angaben kennen 99 Prozent der Deutschen das Unternehmen, das auch nach der Verlegung seines Hauptsitzes nach Grafschaft in Rheinland-Pfalz noch stark mit der Stadt Bonn assoziiert wird. Mittlerweile vertreibt Haribo international rund 1000 Produkte, die in mehr als 100 Länder exportiert werden und beschäftigt weltweit 7000 Mitarbeiter. Von den Goldbären werden nach eigenen Angaben täglich weltweit 160 Millionen Stück produziert. Der Marktanteil in Deutschland liegt bei zuletzt 56 und 60 Prozent. Auch in den USA und Frankreich ist der Wert ähnlich.
Am 13. Dezember 2020 wird Haribo nun offiziell 100 Jahre alt – und das in einem Jahr, das für das Unternehmen nicht immer ein einfaches war. Seit dem Spätsommer gibt es nach Preisstreitigkeiten keine Haribo-Produkte mehr bei Lidl zu kaufen, auch bei Edeka waren sie zwischenzeitlich nicht zu haben. In den vergangenen Wochen führte dann die Entscheidung, das Haribo-Werk in Wilkau-Haßlau nahe Zwickau zu schließen, zu Protesten der dort beschäftigten 150 Mitarbeiter, erst am Freitag einigte man sich auf einen Sozialplan. Sachsen beendete gar die Zusammenarbeit mit dem Süßwarenhersteller.
Und nach dem das Jahr eigentlich mit einem starken Quartal begonnen hatte, wurde es ab Mitte März durch die Corona-Pandemie deutlich ausgebremst. Der in vielen Ländern erlassene Lockdown habe einen negativen Einfluss auf Vertriebskanäle wie Duty Free, Bahnhöfe oder den Verkauf in Kinos gehabt, sagte ein Sprecher dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Davon ist besonders der Absatz von Impulsprodukten wie die Süßware betroffen.“
Konzentration aufs Kerngeschäft
Für Haribo kommt das zu einer schlechten Zeit – nicht nur, weil es ausgerechnet im Jubiläumsjahr auf die Bücher schlägt. Erst 2019 schaffte das Unternehmen es nach eigenen Angaben „zurück in die Erfolgsspur“, nachdem es im Jahr zuvor mit starken Umsatzeinbußen zu kämpfen gehabt hatte. Man änderte die Strategie, beschloss, fortan wieder auf Klassiker wie den Goldbären statt zu sehr auf Nischenprodukte wie zuckerreduzierte Süßigkeiten zu setzen.
Aktuell blickt Haribo vor allem auch auf den US-amerikanischen Markt. „Hier sehen wir auch in den nächsten Jahren und Jahrzehnten einen großen Markt und weitere Wachstumschancen“, sagte der Sprecher. „Wir sind dort nicht nur seit 2018 die erfolgreichste Fruchtgummimarke, sondern in diesem Jahr sogar zur beliebtesten Süßwarenmarke im Segment ohne Schokolade aufgestiegen.“ Derzeit entstehe im Bundesstaat Wisconsin das erste Werk in Nordamerika. In Deutschland will Haribo derweil künftig – trotz der Rückkehr zum Fokus auf die Klassiker – sein Sortiment an vegetarischen und veganen Süßigkeiten ausbauen.
Das könnte Sie auch interessieren:
Und die Produkte bei Lidl – kommen sie zurück? „In unserer fast 100-jährigen Unternehmensgeschichte gab und gibt es immer wieder Preisverhandlungen, die mitunter intensiv geführt werden“, sagte der Sprecher. Man halte Preiserhöhungen vor dem Hintergrund allgemein gestiegener Preise für Löhne, Rohstoffe und Energie für gerechtfertigt. „Wir sind zuversichtlich, dass wir bald mit allen Partnern wie gewohnt im Geschäft sind.“