Stadtflucht„Nachfrage nach Häusern um Köln um 40 Prozent gestiegen“
- Achim Felser, 58 Jahre, ist seit 2012 Teamleiter im Brühler Büro des Immobilienmaklers Engel & Völkers.
- Im Interview spricht er darüber, wieso aktuell so viele Menschen aufs Land ziehen wollen, wo sie fündig werden und was sie dabei aus Maklersicht beachten müssen.
Köln – Herr Felser, angeblich zieht es immer mehr Menschen aus den Ballungszentren raus aufs Land. Können Sie diesen Trend bestätigen?Achim Felser: Absolut. Die meisten Menschen, die sich Eigentum wünschen, suchen verstärkt im Umland. Das lässt sich mit Zahlen untermauern. Im Vergleich zu 2020 ist in diesem Jahr die Nachfrage vor allem nach Einfamilienhäusern rund um Köln um etwa 40 Prozent gestiegen.
Was ist die Motivation Ihrer Kunden, die Stadt zu verlassen?
Das ist ganz unterschiedlich. Viele haben einfach den Traum vom Eigenheim auf dem Land. Mehr Platz, Garten, Natur, Ruhe, Freiheitsgefühl. Die Pandemie hat diese Sehnsucht noch einmal verstärkt. Dann gibt es das Argument der explodierenden Mieten in den Städten, die viele nicht mehr mitgehen wollen. Einige Interessenten haben zudem Angst vor dem Negativzins. Sie suchen nach Investitionen, um das Geld nicht einfach der Bank zu überlassen. Begünstigt wird eine Kaufentscheidung durch den historisch niedrigen Zinssatz für Darlehen in Höhe ab 0,55 Prozent. Die Kehrseite ist, dass dieser Zinssatz neben der gestiegenen Nachfrage die Immobilienpreise nach oben schnellen lässt. Auch im Kölner Umland.
Gibt es überhaupt genug Objekte für Interessenten?
Der Markt hat sich grundlegend verändert. Die Nachfrage übersteigt das Angebot bei Weitem. Früher war es üblich, Objekte für die Kunden zu reservieren. Das machen wir heute nicht mehr. Man kann nicht mehr einfach so entscheiden aufs Land zu ziehen und dann glauben, man wird dort schon was Passendes finden. Im unmittelbaren Kölner Umland wie Brühl, Erftstadt oder Pulheim, im gesamten Rhein-Erft-Kreis ist der Wohnungsmarkt bereits angespannt.
Also muss man bereit sein, noch weiter rauszugehen?
Es gibt eine Regel: Je weiter man rausgeht, desto niedriger sind die Bodenrichtwerte. Man bekommt also mehr Immobilie für sein Geld. Wenn man etwas halbwegs Günstiges erwerben will, muss man bereit sein, den Suchradius bis tief in den ländlichen Raum zu erweitern. Sehr gut kaufen kann man derzeit zum Beispiel im Kreis Euskirchen und der Eifel. Dort bekommt man noch ein Haus zwischen 400.000 und 600.000 Euro. Allerdings muss man dann noch bis zu 150.000 Euro investieren, wenn man das Ganze energetisch auf den neusten Stand bringen will. In Brühl würde eine vergleichbare Immobilie dann schon mindestens 650.000 Euro kosten ohne die erforderliche Modernisierung. In Köln wären wir dann schon bei einer Investition von über einer Million Euro. Aber selbst in Brühl liegen die Top-Objekte bereits bei bis zu zwei Millionen Euro.
Sie bieten vor allem Bestandsimmobilien an. Wer sind die Verkäufer und wer die Suchenden?
Verkäufer sind vor allem Menschen, die zwischen den 1970er und 1990er aufs Land gezogen sind und die sich jetzt aufgrund ihres Alters verkleinern wollen. Die Arbeit im Garten und am Haus überfordert sie oder sie wollen barrierefrei wohnen. Auch Scheidungen oder Todesfälle spielen beim Verkauf eine Rolle. Käufer sind insbesondere Familien und junge Paare ab 30 mit Kinderwunsch. Viele suchen inzwischen ein Haus zum Wohnen und Arbeiten. Wir merken, dass Homeoffice ein immer wichtigeres Kriterium wird. Was vielleicht überrascht: Geld ist bei den meisten Interessenten ausreichend vorhanden. Viele haben geerbt oder werden von den Eltern beim Kauf finanziell unterstützt.
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Was sollte man als Immobiliensuchender beachten?
Wer eine Immobilie kaufen will, sollte seine Hausaufgaben gemacht haben. Bevor man sich beim Makler anmeldet, sollte der Finanzierungsfahrplan mit der Bank stehen. Man sollte ein Zweizeiler vorlegen können, der bestätigt, dass die Bank das Vorhaben begleitet. Früher konnten sich Interessenten noch Zeit lassen, weil genug Objekte verfügbar waren. Heute muss alles ganz schnell gehen. Wer seine Unterlagen nicht bereit hat und seine Wunschimmobilie findet, läuft Gefahr, dass ein anderer sie wegschnappt. Das Motto ist längst: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Aber die Kunden sind heutzutage ohnehin viel entschlossener. Die meisten wissen genau, was sie wollen. Dennoch sollten sie flexibel und kompromissfähig sein.
Wie meinen Sie das?
Viele unserer Kunden suchen anfangs mehr oder weniger gezielt an einem Ort. Sie kommen zu uns und sagen beispielsweise: Wir wollen ein Haus in Brühl kaufen. Zwei Jahre später landen sie dann in Bornheim oder in Erftstadt. Wer bei seiner Suche starr an einem Standort festhält, muss entweder sehr lange warten, oder sein Wunsch vom Häuschen auf dem Land wird vorerst ein unerfüllter Traum bleiben.