Betrugsverdacht31-Jähriger wegen Corona-Soforthilfen in Millionenhöhe vor Gericht
München/Köln – Der Umfang der Betrugsvorwürfe ist enorm. Rund 2,5 Millionen Euro Corona-Soforthilfe soll ein 31-Jähriger unberechtigterweise beantragt haben, knapp 68.000 davon wurden ausgezahlt, der Rest wurde gestoppt.
Seit Montag muss sich der gebürtige Gelsenkirchener vor dem Landgericht München verantworten. In mindestens 91 Fällen soll er mit Scheinidentitäten Anträge auf die staatlichen Hilfen gestellt haben – und zwar auch gleich in mehreren Bundesländern. Es geht um Fälle in Bayern, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Saarland, Hessen und Berlin. Schwerpunkt der Tayfun Y. vorgeworfenen Anträge war Bayern mit 23 Fällen und einer Summe von gut 1,1 Millionen Euro. Auch in Nordrhein-Westfalen sowie Berlin soll der 31-Jährige besonders aktiv gewesen sein.
Sollte das Geld ins Ausland?
Dazu sagt Y. am Montag wenig Konkretes. Er stellt lediglich in den Raum, dass es ja möglich wäre, dass er nur Unternehmern mit Migrationshintergrund gegen Gebühr bei der Beantragung der Hilfen haben helfen wollen. Ob er die Anträge gestellt habe, will er aber nicht sagen.
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass Y. die Anträge gestellt hat und das Geld von seinem privaten Konto aus über eine Kryptowährungsbörse ins Ausland bringen wollte. Mit gut 36.000 Euro soll dies auch geschehen sein. Noch aus der Untersuchungshaft soll er zudem im Sommer versucht haben, Mahnbescheide gegen seinen damaligen Pflichtverteidiger, den damals zuständigen Staatsanwalt und mehrere andere Personen zu erwirken. Dabei ging es um Summen zwischen 250.000 Euro und 1,7 Millionen Euro. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm daher auch noch versuchten Computerbetrug vor. Das Stellen der Anträge räumte Y. ein.
Betrug inzwischen erschwert
Zahlreiche weitere Prozesse dieser Art dürften Gerichte künftig bundesweit beschäftigen, denn ein Einzelfall ist das Vorgehen nicht. „Kriminelle nutzten die aktuelle Notlage aus, um sich finanziell zu bereichern“, teilt das Bundeskriminalamt (BKA) mit. Bundesweite Zahlen dazu hat das Bundeswirtschaftsministerium nicht und verweist auf die Bundesländer.
Ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums betont allerdings, dass Betrug mit Corona-Hilfen inzwischen deutlich schwieriger sei als zu Beginn der Pandemie. Die Überbrückungshilfe, die sich an die Soforthilfe aus dem Frühjahr anschloss, habe schon ein „prüfender Dritter“ wie etwa ein Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer beantragen müssen. Dies vermeide Missbrauch.
Mehr als 30 Millionen Euro Schaden
In NRW wurden Stand November 2020 rund 4200 Fälle von Subventionsbetrug bei der Polizei erfasst. Die Höhe des Schaden beläuft sich nach vorläufigen Zahlen auf mehr als 30 Millionen Euro, wie aus Unterlagen für den Rechtsausschuss des Landtages hervorgeht.
Nach Angaben des NRW-Wirtschaftsministeriums, über das die Soforthilfen beantragt werden können, wurden seit Beginn der Hilfen im März mehrere Maßnahmen zur Kontrolle eingeführt. So wurden etwa im Formular abgefragte Identitätsmerkmale (Registernummer, Steuernummer, Steuer-ID, Umsatzsteuer-ID, amtliches Ausweisdokument) für mehrere Plausibilitätschecks genutzt.
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Darüber hinaus kamen in der Software integrierte Prüfroutinen zum Einsatz, die bereits beim Antragseingang erste Verdachtsfälle ausgesteuert haben. Laut Ministerium wurden auch in das Auszahlungsverfahren Sicherheitsschleifen eingebaut und in Zweifelsfällen die im Antrag angegebene IBAN mit der beim zuständigen Finanzamt für das Unternehmen hinterlegten IBAN abgeglichen. (mit dpa)