Corona trifft Kölner Hotelkette Dorint„Wir versuchen, alle Arbeitsplätze zu retten“
- Für die Hotelbranche begann die Coronakrise so richtig mit der Absage der weltgrößten Reisemesse ITB Ende Februar. Das löste einen Dominoeffekt aus, sagt Dorint-Chef Dirk Iserlohe.
- Die Kölner Hotelkette hat jeden Monat Kosten in Höhe von 22 Millionen Euro, die Umsätze bleiben jetzt aber aus.
- Dirk Iserlohe erzählt im Interview, wie stark das Coronavirus Dorint trifft und wie Kündigungen verhindert werden sollen.
Köln – Herr Iserlohe, Hotellerie und Gastronomie sind aufgrund der Coronakrise in weiten Teilen geschlossen und verzeichnen massive Umsatzeinbrüche. Wie ist die Lage in der Dorint Gruppe?
Der Beginn der Krise lässt sich für die Branche mit der Absage der weltgrößten Reisemesse ITB in Berlin festmachen. Damit wurde ein Domino-Effekt ausgelöst. Nun kommen die Anordnungen des Gesetzgebers hinzu, die die touristische Nutzung untersagen und in manchen Städten – wie jetzt in Weimar, Köln und Bonn – den gesamten Betrieb. So haben auch wir den Zusammenbruch des Hotelmarktes zu verzeichnen.
Zur Person
Dirk Iserlohe, 1964 in Düsseldorf geboren, machte eine Ausbildung zum Bankkaufmann und studierte Wirtschaftswissenschaften in Mainz. 1995 stieg er beim Kölner Immobilienfondsanbieter Ebertz & Partner ein, zu der auch Dorint gehörte. Seit Dezember 2016 ist Iserlohe Gründer und alleiniger Vorstand der Honestis AG mit Sitz in Köln, der Dorint gehört.
2019 machte die Hotelkette mit 63 Häusern, davon drei in der Schweiz und eins in Österreich, einen Umsatz von 250 Millionen Euro. Die durchschnittliche Rate der knapp 8000 Zimmern lag 2019 bei 105 Euro. (cos)
Wie viele Häuser sind denn noch geöffnet?
Die meisten Häuser, da wir entschieden haben erst zu schließen, wenn der Gesetzgeber dies vorgibt. Das führte auch dazu, dass wir die Hotels und Resorts auf Sylt, Usedom, Rügen und Wustrow ebenfalls schließen mussten. Die meisten unserer über 60 Häuser stehen aufgrund der massiven Einschränkungen nahezu leer.
Wer bucht denn überhaupt noch?
Wir dürfen nur noch Buchungen von Geschäftsreisenden entgegennehmen, die nachweislich einen Termin an dem jeweiligen Standort haben. Das sind im Zuge der Krise allerdings nur noch vereinzelte, da ja die meisten ihre persönlichen Geschäftstermine freiwillig absagen oder die Firmen das Reisen untersagen. Unsere Häuser bewegen sich also in Richtung „Null-Buchungen“. Wir versuchen daher alle Kostenblöcke – und das sind im Monat fast 22 Millionen Euro – ebenfalls in Richtung Null zu bewegen. Doch die Hotelbranche hat leider schlechtere Bedingungen, als zum Beispiel das produzierende Gewerbe, das die Produktion runterfahren und sich dann möglicherweise über Nachholeffekte teilweise erholen kann. Jede Nacht, die wir jetzt nicht verkaufen, lässt sich überhaupt nicht mehr verkaufen. Der Umsatz ist auf Dauer verloren.
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Müssen Sie sich von Mitarbeitern trennen?
Wir haben mit dem Betriebsrat eine Lösung gefunden, indem wir zu 100 Prozent auf Kurzarbeit gehen. Wir zahlen dabei leider keine Selbstbeteiligung. Dafür werden wir keine betriebsbedingten Kündigungen aussprechen und versuchen, alle Arbeitsplätze zu retten. Ich werde mich aber auf jeden Fall als mittelbarer Mehrheitsgesellschafter dafür einsetzen, dass dieser Schaden in zukünftigen Perioden aus möglichen Gewinnen – zumindest teilweise – ausgeglichen wird. Unmittelbar in der Dorint Gruppe betroffen sind rund 2.500 Mitarbeiter, mit Management- und Franchise-Partnern sind es ungefähr 4.500.
Können Sie das wirtschaftliche Ausmaß des Schadens schon ungefähr erahnen?
Wir haben das Jahr 2019 sehr gut abgeschlossen, sogar leicht über unserer Gewinnerwartung, außerdem haben wir die Gruppe mit einer Kapitalerhöhung gestärkt. So beläuft sich unser Eigenkapital auf 79 Millionen Euro. Bis zum 29. Februar lief bei uns alles auf Plan. In der aktuellen Situation können wir allerdings – wie alle Unternehmen – den Faktor Zeit nicht einschätzen. Aber eins steht fest: Das Jahr 2020 wird mit hohen Verlusten abgeschlossen werden müssen.
Fürchten Sie sich von Hotels trennen zu müssen?
Wir hoffen nicht! Wir arbeiten mit den Verpächtern an Lösungen, die die Last gleichermaßen schultern lassen. Wir sehen uns in der Pflicht, zum einen das Vermögen der Verpächter zu schützen und zum anderen aber auch für unsere Mitarbeiter und uns die Betriebe zu sichern.
Dorint bietet Zimmer als Homeoffice an. Wie wird das Angebot angenommen?
Wir sind zwar erst seit dem 18. März 2020 damit online, aber die Idee kommt gut an. In Köln mussten wir leider zehn verkaufte Zimmer wieder absagen, da just in dem Moment das Betriebsverbot eintraf. Es bleibt aber nach wie vor eine gute Idee, da mit der Nutzung der Hotelzimmer als „Office“ Firmen ihre Großraumbüros entlasten können. Schließlich kann nicht jeder seine Wohnungen auf die Schnelle zum Homeoffice umfunktionieren.
Auch die Einrichtung von Krankenbetten haben Sie bereits angeboten. Gab es dazu bisher Resonanz?
Ja, es gibt bereits an drei Standorten Interesse und Gespräche. Zurzeit ist aber noch kein konkreter Fall eingetreten. Gottseidank!
Wie bewerten Sie die Hilfsangebote und Rettungsschirme durch Bund und Länder?
Die Bereitschaft der Politik begrüßen wir alle sehr. Doch die Ankündigungen sind groß bis vollmundig. Schaut man sich aber die Gesetzesvorschläge genauer an, so kommen einem schon Bedenken und Zweifel bezüglich der tatsächlichen Effizienz. Zunächst muss man da den Schutzschirm erwähnen, der in seiner Präambel eigentlich nur ein umgeschriebenes Standardprogramm der KfW darstellt. Dabei soll die Entlastung der Hausbanken bei kleineren Unternehmen zu 90 Prozent und bei größeren Unternehmen zu 80 Prozent durch die Haftübernahme der KfW erfolgen. Die Regulierung der Banken wird die Kreditierung von 10 oder 20 Prozent ohne Zusatzsicherheiten oder Bargeldhinterlegung systembedingt verbieten. Also wird eine Auszahlung schon deshalb nicht funktionieren, da das beantragende Unternehmen bestätigen muss, dass es bis zum 31.12.2020 durchfinanziert sein muss.
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Das allein ist schon für die Hotel- bzw. Touristik-Branche kaum zu schaffen und wird mit dem Gesetzesentwurf, dass dem Vermieter/Verpächter die Kündigung zwischen dem 1.4. und dem 30.06.2020 beim Erhalt der Pachtschuld untersagt wird, noch absurder. Fazit: Der Gesetzgeber will aus unserer Sicht nicht verstehen, dass die ausgefallenen Umsätze nicht aufgeholt werden können. Es ist – verglichen mit der Landwirtschaft – eine „ausgebliebene Ernte“. Wenn der Gesetzgeber wirklich helfen will, so muss er die Folgen der Nutzungsverbote durch verlorene Zuschüsse ausgleichen, sonst zieht er uns den Stecker!
Dorint hat schon einige Krisen überstanden, wie hoffen Sie, wird die Lage am Ende dieses Ausnahmezustands sein?
Das ist ganz schwer einzuschätzen. Die Coronakrise brach so plötzlich und rasant über uns herein, birgt hohe gesundheitliche Risiken und ist jetzt schon in ihrem Ausmaß mit den früheren Krisen wie 9/11 (2001), SARS (2003), der Finanzkrise (2008) oder der Bankenkrise (2010) zu vergleichen. Damals lag der negative Einfluss auf die Hotel-Industrie bei einem Belegungsrückgang von rund 25 Prozent, bezogen auf die jeweils relevante Periode. Heute liegt die negative Wirkung bei fast 100 Prozent des geplanten Umsatzvolumens. Die Lage wird sich hoffentlich schnell verbessern, wenn das Virus verschwindet und die Verordnungen wieder gelockert werden können. Der Staat, oder besser die Staaten, müssen sich dazu durchringen, diese Phase wirtschaftlich zu neutralisieren.