Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt„Wir können Aufbruchstimmung gut gebrauchen“
- Die neue Chefin Anke Kaysser-Pyzalla tritt am 1. Oktober ihr Amt an.
- Im Interview spricht sie über den Job als DLR-Vorsitzende und die Arbeit als Wissenschaftsmanagerin.
- Kaysser-Pyzalla gibt einen Ausblick, welche Themen neben Klimaschutz und Nachhaltigkeit in den kommenden Jahren für das DLR besonders wichtig sein werden.
Frau Professor Kaysser-Pyzalla, was macht den Job als Vorstandsvorsitzende des DLR so attraktiv?Das DLR mit den Forschungsbereichen Luft- und Raumfahrt, Energie und Verkehr beschäftigt sich mit Themen, die sowohl in der Grundlagenforschung viele interessante Fragestellungen bieten als auch Anwendungen in der Industrie und im normalen Leben hervorbringt. Alles in allem: spannende Wissenschaft.
Das sagt jemand, der wahrscheinlich kaum noch Zeit hat, selbst zu forschen…
Das stimmt. Ich habe früher als Wissenschaftlerin gearbeitet – beispielsweise an der Technischen Universität in Wien und am Max-Planck-Institut für Eisenforschung. Aber seit einigen Jahren bin ich Wissenschaftsmanagerin: Mein Job ist es, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die bestmöglichen Rahmenbedingungen zu geben.
Als Sie an der TU Braunschweig vor ein paar Tagen als deren Präsidentin verabschiedet wurden, wurde neben anderem besonders hervorgehoben, dass Sie dort eine Aufbruchstimmung erzeugt und ein neues Selbstverständnis entwickelt haben. Sind das Themen, die auch in Ihrem neuen Job eine Rolle spielen werden?
Ich glaube, dass eine Organisation immer auch davon lebt, welche Kultur sie pflegt und welchen Spirit sie hat. Das gilt gerade auch für große komplexe Organisationen wie das DLR. Und in der augenblicklichen Coronazeit können wir alle vermutlich ein bisschen Aufbruchstimmung gut gebrauchen.
Gibt es Themen, die Ihrer Meinung nach für das DLR zukünftig sehr wichtig werden müssen?
Auf jeden Fall Klimaschutz, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit. Ebenfalls sehr wichtig ist das Thema Verkehrssysteme, die Frage, wie Menschen für sich Mobilität attraktiv erleben können. Und natürlich spielt die Raumfahrt eine große Rolle – von der Grundlagenforschung bis hin zur speziellen Anwendung, beispielsweise im Bereich der Kommunikation oder Navigation. In der Luftfahrt haben sich mit Corona die Rahmenbedingungen entscheidend geändert, auch hier stehen wir vor großen Aufgaben.
Haben Sie als Werkstofftechnikerin Berührung gehabt mit Themen dieser Art?
Ja. Beim Helmholtz-Zentrum Berlin zum Beispiel mit der Solarenergieforschung, die auch im DLR von Bedeutung ist. Früher habe ich mich mit Werkstoffen beschäftigt, die in der Luft- und Raumfahrt Verwendung finden: zum Beispiel mit ihrer Herstellung und Verarbeitung für den Einsatz unter extremen Bedingungen.
Haben Sie ein Faible für die Raumfahrt?
Ich glaube, es gibt niemanden, der nicht für Raumfahrt begeistert ist. Für die Luftfahrt gilt das genauso. Aber Energie und Verkehr sind auch sehr lebensnahe Forschungsbereiche. Das DLR hat wirklich viele sehr interessante Themen.
Sie sind nach Ihrer Vorgängerin Pascale Ehrenfreund die zweite Frau an der Spitze des DLR. Ist das ein Beleg dafür, dass es in den Naturwissenschaften immer mehr Frauen in Führungspositionen schaffen?
Es gibt viele Frauen, die sich für Technik und Naturwissenschaften interessieren. Man muss dieses Interesse konstant fördern. Wir haben an der TU Braunschweig – wie das DLR auch – viel in Schülerlabore investiert. Auf diesem Weg kann man junge Menschen – ob Männer oder Frauen – für Technik begeistern. Aber man muss auch die Rahmenbedingungen dafür schaffen und geeignet weiterentwickeln, dass Frauen in diesen Bereichen Karriere machen können.
Was ist eigentlich so spannend am Wissenschaftsmanagement?
Die Besuche unserer Institute, die Gespräche mit deren Direktoren darüber, woran sie gerade arbeiten und was neu ist – das ist faszinierend. Das DLR betreibt eine große Infrastruktur – von Raketentestanlagen über Forschungsflugzeuge mit verschiedenen Messsystemen bis zu Simulationsplattformen von Verkehrssystemen. Eine Vielzahl von Instrumenten, mit denen die Wissenschaftler ein Stück weit zeigen können, wie die Welt von morgen aussieht.
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Natürlich sitzt man viel in Konferenzen. Aber ich werde mir die Zeit dafür erkämpfen, das zu sehen, was das DLR ausmacht. Denn das ist das, was ich nach außen vertrete.Das Gespräch führteLutz Feierabend