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Alarmglocken schrillenTrumps Zollankündigungen senden Schockwellen durch die Weltwirtschaft

Lesezeit 4 Minuten
Der angehende US-Präsident Donald Trump bei einer Wahlparty am Mittwoch, 6. November 2024, in West Palm Beach, Florida.

Der angehende US-Präsident Donald Trump kündigte an, einen Zoll von 25 Prozent auf alle Produkte aus Kanada, Mexiko und China zu verhängen.

Donald Trump kündigt massive Zölle gegen Mexiko, Kanada und China. Damit will er den Zustrom von Migranten stoppen. Auch in Europa schrillen die Alarmglocken.

Noch-Präsident Joe Biden hatte in einer anachronistischen Zeremonie im Weißen Haus gerade zwei Truthähne begnadigt und seinen Landsleuten ein friedliches Thanksgiving-Fest gewünscht, als der neue Hausherr die Bombe zündete: Auf seiner Plattform „Truth Social“ kündigte Donald Trump am Montag massive Zölle für Einfuhren aus Mexiko, Kanada und China an.

Die Aufschläge mit einem rechnerischen Gesamtvolumen von mehr als 250 Milliarden Dollar könnten den weltweiten Handel ins Chaos stürzen, internationale Lieferketten zerstören und die Preise in den USA massiv steigen lassen.

Alarmierende Reaktionen auf Trumps Zoll-Ankündigungen

„Wie jeder weiß, strömen Tausende Menschen durch Mexiko und Kanada und bringen Kriminalität und Drogen in unser Land, wie wir es noch nie gesehen hatte“, leitete der künftige amerikanische Präsident seinen ersten Post ein und erklärte, er werde am 20. Januar 2025, seinem ersten Amtstag, unverzüglich einen Zoll von 25 Prozent auf alle Produkte aus diesen Ländern verhängen. Kurz darauf kündigte er China einen Zoll von zehn Prozent für dessen Waren an, solange das Land den Zustrom des tödlichen Fentanyls in die USA nicht stoppe.

Obwohl Trump im Wahlkampf immer wieder mit der Verhängung von Zöllen gedroht hat, sind Zeitpunkt, Umfang und Art der von ihm nun annoncierten Strafzahlungen überraschend und beunruhigend. Bislang hatte der Politiker Zölle nämlich immer als Mittel zum Ausgleich von Ungleichgewichten im Handel angepriesen. Nun setzt er sie offen für politische Ziele ein. Außerdem war die Nominierung des Hedgefonds-Managers Scott Bessent zum Finanzminister in der vorigen Woche von vielen Beobachtern als Beruhigungssignal an die Märkte gewertet worden. Nun macht Trump klar, dass er bereit ist, gewaltige Verwerfungen der Weltwirtschaft für seine Ziele hinzunehmen.

Entsprechend alarmiert fallen die Reaktionen aus. „Die wachsende Genauigkeit von Trumps Zoll-Ankündigungen legt nahe, dass dies tatsächlich bevorstehende Handlungen und nicht nur tobende Drohungen sind“, sagte Eswar Prasad, ein Wirtschaftsprofessor an der renommierten Cornell University, der „New York Times“.

EU: Josep Borrell warnt vor Handelskrieg

Unmittelbar nach Trumps Post meldete sich nach Medienberichten der kanadische Premierminister Justin Trudeau bei ihm und sprach mit ihm zwei Stunden am Telefon. In einer Stellungnahme betonte seine Regierung die engen Verflechtungen beider Länder, die eine „ausgewogene und für beide Seiten vorteilhafte Beziehung“ begründeten. Ein Sprecher der chinesischen Botschaft in Washington warnte: „Niemand wird einen Handelskrieg oder Zollkrieg gewinnen“. Staatspräsident Xi Jinping hatte erst kürzlich beim APEC-Gipfel in China seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der Trump-Regierung betont. Das reicht dem neuen Präsidenten offenbar nicht.

Auch in Europa schrillen die Alarmglocken. Der scheidende EU-Außenbeauftragte Josep Borrell warnte vor einem drohenden Handelskrieg. Falls Trump auch Zölle gegen die EU erheben werde, sei die Gemeinschaft bereit, „Gegenmaßnahmen zu ergreifen“. Solche Sanktionen gegen Europa hat Trump in allgemeiner Form immer wieder angedroht. Die jüngsten Entscheidungen gegen Mexiko, Kanada und China seien „möglicherweise ein Hinweis, dass das alles sehr ernst gemeint ist“, warnte der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck.

Donald Trump nimmt wichtigste Handelspartner ins Visier

Tatsächlich nimmt Trump mit seinen Sanktionen die drei wichtigsten Handelspartner der USA ins Visier. Die drei Länder zusammen führen jährlich Güter und Dienstleistungen im Gesamtwert von 1,5 Billionen Dollar in die USA ein und liefern damit nach aktuellen Zahlen 42 Prozent aller Einfuhren des Landes. Rund 16 Prozent aller Autos, die in den USA verkauft werden, kommen aus Kanada. Etwa sieben Prozent wurden in Mexiko gefertigt. Vor allem bei den Zulieferern gibt es extreme grenzübergreifende Abhängigkeiten.

Mexiko ist der größte Handelspartner der USA. Von hier werden vor allem Lebensmittel, Autos und Autoteile eingeführt. Kanada als zweitgrößter Handelspartner liefert große Mengen an Öl, aber auch Metalle und Autos. China als drittwichtigster Handelspartner liefert vor allem Elektronik, Telekommunikationsgeräte und Computer, aber auch Möbel und Schuhe.

Die Importe aus China würden durch Trumps Maßnahme zum zweiten Mal verteuert. Bereits seit 2018 gilt ein Zoll von 15 Prozent, den Trump in seiner ersten Amtszeit verhängt und sein Nachfolger Joe Biden nicht aufgehoben hat. Hingegen hatte Trump in seiner ersten Präsidentschaft 2020 ein Freihandelsabkommen mit Kanada und Mexiko geschlossen. Dieser von ihm damals hochgepriesene USMCA-Vertrag würde nun einfach außer Kraft gesetzt.

USA: Experten rechnen mit Preisanstieg

Im Wahlkampf hat Trump seine Zölle als Mittel der Wirtschaftspolitik angepriesen. Er argumentiert, dass durch die Verteuerung ausländischer Waren deren Produktion in den USA wieder attraktiver würde und auf diesem Weg Millionen neuer Arbeitsplätze geschaffen würden. Die Einnahmen aus den Zöllen will er zur Senkung von Unternehmensteuern verwenden. Viele Experten warnen jedoch vor den drohenden gewaltigen Verwerfungen für die Weltwirtschaft durch einen neuen Protektionismus.

Schon bald könnten auch Trumps Wähler die Folgen seiner Politik zu spüren bekommen. Die meisten Experten rechnen mit einem spürbaren Preisanstieg in den USA. Vor allem Stahl und Aluminium, aber auch Öl dürfte sich in den USA kräftig verteuern.