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Experte im InterviewMit welchen versteckten Kosten man beim Wohnungskauf rechnen muss

Lesezeit 5 Minuten
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Reihenhaus, Wohnung oder doch lieber ganz anders wohnen? So bleibt am meisten Geld übrig. (Symbolbild)

  1. Wer eine Immobilie kaufen möchte, merkt schnell: Der Kaufpreis entspricht nicht der Summe, die am Ende gezahlt werden muss. Es lauern zusätzliche Kosten.
  2. Nordrhein-Westfalen, beispielsweise, hat den höchsten Grundsteuersatz der Bundesrepublik.
  3. Experte Thomas Hentschel spricht im Interview darüber, was Verbraucher bei der Finanzierung ihrer Immobilie beachten müssen – und wann ein hoher Zinssatz sie in Schwierigkeiten bringen kann.

Herr Hentschel, wie viel Geld sollte ich monatlich maximal fürs Wohnen ausgeben?

Insgesamt sollten dafür nicht mehr als 40 bis 45 Prozent des Nettoeinkommens aufgewendet werden. Dieser Prozentsatz versteht sich inklusive aller Nebenkosten, also zum Beispiel Strom, Heizung, Gebühren, Steuern, Wasser und Telefon. Viele Verbraucher unterschätzen das. Kalkulieren sollte man diese Kosten mit zwei bis 2,50 Euro pro Quadratmeter.

Bevor Sie sich eine Immobilie kaufen, müssen Sie einen Überblick über Ihre monatlichen und jährlichen Ausgaben haben. Wo liegen laufende Kosten, was gebe ich wofür aus? Also Lebenshaltung, Bekleidung, Mobilität, Freizeit, auch Versicherungen und Urlaub sollten berücksichtigt werden. Das klingt simpel – aber manchmal rechnet man sich das auch schön. Zum Beispiel eine Familie, die davon ausgeht, dass sie nur zehn Euro im Monat für Freizeitaktivitäten ausgibt. Dabei spielen ihre Kinder Fußball und musizieren.

Nach welchen Kriterien entscheidet eine Bank, ob sie mir Geld leiht?

Kreditinstitute werden immer eine Bonitätsprüfung machen. Dort müssen Sie Ihr Einkommen offenlegen, in der Regel durch die letzten ein bis zwei Einkommenssteuererklärungen plus Lohn- und Gehaltsabrechnung. Zum monatlichen Nettoeinkommen sollten Provisionen, Tantiemen oder jährliche Sonderzahlungen zunächst nicht miteingerechnet werden.

Denn hier ist meist nicht gesichert, dass diese Gelder auch in Zukunft in der gleichen Regelmäßigkeit fließen. Zusätzliche Einkommen sind vonseiten der Unternehmen als Anreiz zu verstehen. Als jährliche Einnahmen können sie bei der Finanzierung durch vereinbarte Sondertilgungsmöglichkeiten flexibel Schulden tilgen.

Welche Fallen lauern bei der Finanzierung?

Sie müssen sich zum Beispiel darüber im Klaren sein, dass der angegebene Kaufpreis nicht der finale Preis ist, den Sie zahlen werden. Obendrauf kommen sogenannte Kaufnebenkosten, das heißt die Grunderwerbssteuer, Makler- und Notargebühren. Nordrhein-Westfalen hat übrigens den höchsten Grundsteuersatz in der Bundesrepublik. Hier machen die Kaufnebenkosten rund zwölf Prozent des Preises aus.

Bei einem Haus für 300.000 Euro würde das also noch einmal 36.000 Euro zusätzlich bedeuten. Berücksichtigen sollte man auch die Frage von Doppelbelastungen durch Miete, wenn man sich in der Bauphase befindet und schon teilweise Finanzierungskosten schultern muss. Kreditgeber finanzieren diese Kosten in der Regel nicht.

„Lieber warten, bis genug Eigenkapital vorhanden ist"

Das heißt, ich sollte die Kaufnebenkosten möglichst selbst stemmen können.

Ja, sie sollten als Eigenkapital vorhanden sein – und obendrauf noch weitere zwanzig Prozent des Kaufpreises. Bei den in den letzten Jahren gestiegenen Immobilienpreisen sind 30 Prozent Eigenkapital schon eine ordentliche Herausforderung. Das haben nicht alle zur Verfügung. In der Konsequenz wird mehr Fremdkapital benötigt.

Damit wird die Finanzierung nicht nur wegen des höheren Fremdkapitals teurer, sondern auch weil die Bank von ihnen einen höheren Zinssatz nimmt. Man sollte also lieber warten, bis genug Eigenkapital zusammen ist und zusätzlich eine Liquiditätsreserve zurückhalten. Im Haushalt gehen auch mal Dinge kaputt, eine Waschmaschine, der Herd oder das Auto. Wir empfehlen drei bis fünf Monatsnettogehälter.

Wie sieht es mit Fördermöglichkeiten aus?

Hier sollten Sie sich die Angebote von Land und Bund anschauen. Der Bund bietet im Allgemeinen Fördermöglichkeiten über die Kreditanstalt für Wiederaufbau und im Speziellen über energetische Maßnahmen; also wenn Sie zum Beispiel ein Haus modernisieren oder sanieren, aber auch bei einem Neubau. Für kinderreiche Familien bietet das Land Fördermöglichkeiten an. Fragen Sie bei der Stadt nach. Vereinzelt haben Kommunen auch noch zusätzliche Programme.

Wie sollte ich mein Darlehen später abbezahlen?

Sie sollten auf eine traditionelle Finanzierung mittels Annuitätendarlehen setzen. Hier setzt sich die monatliche Belastung aus Sollzins und Tilgungssatz zusammen. Der Sollzins wird über einen bestimmten Zeitraum festgeschrieben, zum Beispiel für fünf, zehn, 15 oder 25 Jahre. Danach läuft die festgeschriebene Zinsbindung aus. Wenn das Darlehen bis dann nicht getilgt ist, müssen Sie mit dem dann gültigen Marktzinssatz – und der kann auch deutlich gestiegen sein – die Finanzierung stemmen können.

Wir empfehlen daher eine lange Zinsbindung zu wählen, mindestens 15 Jahre, besser noch länger. Je nach Länge der Zinsbindung zahlen Sie zwar höhere Zinsen. Das sind aber nur wenige Zehntel mehr, haben dafür aber eine lange Planungssicherheit.

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Wie hoch sollte meine Tilgungsrate sein?

Wenn Sie ein Darlehen für 300.000 Euro, mit 1,5 Prozent Zinsen für zehn Jahre und einprozentiger Anfangstilgung hätten, entspräche das einer monatlichen Belastung von 625 Euro. Für eine Immobilie, die irgendwann einmal Ihre ist, hört sich das super an. Aber was schätzen Sie, wie viel Prozent Ihrer Schulden Sie bei einprozentiger Tilgung nach zehn Jahren zurückgezahlt hätten?

Nicht genug, nehme ich an.

Zwölf bis 13 Prozent. Das heißt, Sie müssten von Ihren 300.000 Euro noch immer rund 267000 Euro zurückzahlen. Und wenn der Zinssatz dann nur auf drei Prozent steigen sollte – dann steigt die monatliche Belastung erheblich. Dementsprechend lassen sich Kreditinstitute auch nicht mehr auf die Ein-Prozent-Lösung ein, sie verlangen mindestens zwei Prozent.

Einen hoher Tilgungssatz ist auch die Empfehlung der Verbraucherzentrale NRW, mindestens zwei Prozent, besser mehr. Außerdem sollten Sondertilgungsmöglichkeiten vereinbart werden, mit denen zusätzlich auch höhere Tilgungen geleistet werden können.

Wann macht es Sinn, eine Immobilie als Altersvorsorge zu betrachten?

Wenn das mietfreie Wohnen meine Altersvorsorge sein soll, muss die Immobilie mit Eintritt in den Ruhestand natürlich getilgt sein. Wer mit 45 Jahren anfängt, hat nur noch etwas mehr als 20 Jahre Zeit und das bedeutet, dass man von vornherein mit der Tilgung nach oben gehen muss.