Gefahren für Gesundheit und GeldbeutelSo vermeiden Sie Fehler beim Kauf alter Häuser
- Ist das Haus oder die Wohnung, das ich kaufen will, eine Energieschleuder? Woran erkenne ich gefährliche Altlasten? Bei welcher Lage sollte ich vorsichtig sein?
- Stefan Hoffart von der Immobilienkaufberatung des Tüv Rheinland erklärt im Interview, was es vor dem Kauf zu beachten gilt.
- Denn sonst können die Heizkosten schon einmal 2000 Euro zusätzlich im Jahr fressen – oder krebserregende Stoffe im Gebäude verbaut sein...
Herr Hoffart, geben Sie mir den wichtigsten Tipp, den ich beim Kauf einer gebrauchten Immobilie beachten muss.
Fragen Sie den Verkäufer immer nach bekannten Altlasten und Mängeln und lassen Sie diese durch einen Juristen im Kaufvertrag festhalten. Das gibt Ihnen die Möglichkeit, vom Kaufvertrag zurückzutreten, wenn später herauskommt, dass Ihnen etwas mutwillig verschwiegen wurde. Vertrauen Sie auf Ihr Bauchgefühl und achten Sie immer darauf, wie der Verkäufer bestimmte Aussagen formuliert. Gebäude bis hinein in die 1980er Jahre sollte man sich grundsätzlich nie alleine anschauen, da gibt es zu viele mögliche Fallstricke.
Nehmen wir an, ich finde ein Haus, das mir auf den ersten Blick interessant erscheint. Was sollte ich abklären, bevor ich es mir anschaue?
Achten Sie auf Standortfaktoren wie die Anbindung an den Öffentlichen Nahverkehr; darauf, dass es die nötigen Energie- und Breitbandanschlüsse gibt. Schauen Sie, ob das Umfeld und die Nachbarschaft Ihren Erwartungen entspricht. Beim Preis lohnt es sich zu prüfen, ob er im üblichen Rahmen für diese Gegend liegt. Hier kann ein Wertgutachten helfen. Aus Sach- oder Ertragswert plus Standortfaktoren wird der Verkehrswert ermittelt. Außerdem sind natürlich auch Umweltfaktoren wichtig.
Die Immobilienkaufberatung
Die Immobilienkaufberatung ist ein kostenpflichtiges Angebot des Tüv Rheinland, bei dem Experten
Stefan Hoffart ist hat für den Tüv Rheinland schon mehr als 10.000 Begehungen absolviert.
Zum Beispiel?
Zum Beispiel ob das Haus in einem Hochwassergebiet, am Waldrand oder in Hanglage liegt. Ein altes Gebäude am Hang kann durch veränderte Umweltbedingungen wie eine Grundwasserspiegeländerung schon mal ins Rutschen kommen. Neben den aktuellen Beispielen aus der Schweiz und Österreich tritt dieses Phänomen auch bei uns auf, zum Beispiel in den Hanglagen der Flusstäler. Das Gleiche gilt auch für das Hochwasserrisiko oder Sturmschäden in exponierten Lagen.
Als Käufer sollte ich außerdem immer darauf achten, ob alle Erschließungsgebühren bezahlt sind. Wenn beispielsweise eine Kreis- in eine Wohnstraße umgewandelt oder die Straße im Zuge von Kanalarbeiten erneuert wird, können Straßenbaubeiträge in Höhe von vielen Tausend Euro anfallen. Der Käufer sollte sich außerdem immer die Baugenehmigung zeigen lassen. Wenn illegal angebaut wurde, kann das ebenfalls teuer werden.
Schauen wir uns nun das Haus an sich an. Was ist beim Stichwort Heizung und Energieverbrauch wichtig?
Beim Gebäude müssen wir uns zunächst einmal anschauen, in welchem Jahr es gebaut wurde und wie alt die technischen Anlagen sind. Heizungen, die vor dem Jahr 1985 eingebaut wurden, dürfen nach einem Käuferwechsel nicht mehr betrieben werden; genauso wenig Heizungen, die älter als 30 Jahre sind. Ausnahmen sind zum Beispiel Niedertemperatur- und Brennwertheizungsanlagen.
Der Verkäufer muss Ihnen außerdem einen Energieausweis vorlegen, aus dem hervorgeht, wie viel Kilowatt Energie pro Quadratmeter nötig sind, um das Haus zu heizen. Stellen Sie sich vor, es fallen auf einmal 2000 Euro mehr Heizkosten im Jahr an, als Sie erwartet haben. Das kann für jemanden, der gerade einen Kredit aufgenommen hat, schon eng werden. Gerade die Gebäude aus den 60er und 70er Jahren sind häufig richtige Energieschleudern und verbrauchen nicht selten 100 bis 140 Kilowatt mehr pro Quadratmeter als moderne Häuser. Das kann bei 100 Quadratmetern Wohnfläche beispielweise 1000-1400 Liter Öl im Jahr zusätzlich bedeuten.
Außerdem sollten Sie darauf achten, wie alt die Fenster sind: Bei einer Isolierverglasungen ist häufig zwischen den Scheiben das Datum eingeprägt. Ein Fenster zum Beispiel aus dem Jahr 1985 hat gegenüber aktuellen Fenster nur einen halb so guten Energiestandard. Fenster mit Einfachverglasungen sollten beziehungsweise müssen ausgetauscht werden. Ungedämmte Dächer und Decken müssen nach Eigentümerwechsel gedämmt werden.
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Was verrät mir der Energieausweis?
Der Verkäufer kann mir je nach Gebäudeart entweder den Bedarfs- oder den Verbrauchsausweis vorlegen: Der Bedarfsausweis wird anhand der Gebäudedaten errechnet. Beim Verbrauchsausweis werden die tatsächlich gemessenen Werte der vergangenen drei Jahre gemittelt. Beides kann deutlich voneinander abweichen, zum Beispiel, wenn die bisherigen Eigentümer besonders viel oder besonders wenig geheizt haben. Um die Raumtemperatur um ein Grad zu erhöhen sind schon etwa sechs Prozent mehr Energie notwendig.
Nehmen wir an, Lage und Umweltfaktoren des Hauses sind in Ordnung, der Energieverbrauch auch. Was kommt als nächstes?
Bei einem alten Gebäude kann sich auch der Laie vor Ort einen ersten Eindruck über mögliche Altlasten machen. Wenn es im Haus süßlich, scharf oder chemisch riecht, sollten sofort alle Alarmglocken klingeln: Das könnte ein Indiz für Schimmel oder Schadstoffbelastung sein. Mittlerweile gibt es in älteren Gebäuden nicht selten schwere Schimmelschäden, die man nicht auf Anhieb sieht. Finden Sie nur leichten Schimmel zum Beispiel in einer Deckenecke zur Außenwand, ist das noch nicht so schlimm und lässt sich relativ leicht beheben. Aber wenn zum Beispiel Pilze aus dem Holz wachsen oder ganze Wandflächen schimmlig sind, sollten Sie sich umdrehen und gehen. Das ist ein Zeichen dafür, dass ein markanter Bauschaden vorliegt.
Auch nach Feuchtigkeit sollte man Ausschau halten, also zum Beispiel nach Wasserkränzen oder Kondensation. Dann: Gibt es zum Beispiel im Keller Ausblühungen und feuchte Flecken an der Wand? Deuten kleine, runde Löcher im Holz auf einen Holzwurm hin? Ist das der Fall, sollte ein Fachmann hinzugezogen werden, der beurteilt, wie groß der Schaden ist.
Wie sieht es mit Schadstoffen aus?
Ab diesem Punkt kommen dann grundsätzlich Fachleute ins Spiel. Wenn das Haus eine Dachabdeckung aus Kunstschiefer und Wellplatten hat, die vor den 80erJahren verbaut wurden, sind sie zum Beispiel wahrscheinlich asbesthaltig. Das ist erst einmal nicht dramatisch, allerdings darf hier bei einer Erneuerung nur der Fachmann ran und das Ganze muss als Altlast entsorgt werden.
Wann wird es für die Gesundheit gefährlich?
In den 70er und 80er Jahren wurden in Häusern aus Unkenntnis häufig exzessiv Holzschutzmittel verarbeitet, die giftig und sehr schwierig zu beseitigen sind. Damit wurde das Holz oft unnötig, auch von innen behandelt. So behandelte Holzbauteile wie zum Beispiel Holzverkleidungen sollten daher analysiert werden, da sich die Stoffe auch in anderen Bauteilen anlagern können.
Einige Fertighäusersysteme bis hinein in die 80er haben außerdem nicht selten ein Problem mit Formaldehyd, das in Spanplatten verarbeitet wurde. Der Gefahrstoff kann sich dann in der Raumluft anreichern, insbesondere wenn das Haus energetisch ertüchtigt, also die „Luftdichtigkeit“ verbessert wurde.
Auch eine alte Glasfaserdämmung ist nicht ideal, da sie im Verdacht steht, krebserregend zu sein und als Gefahrstoff beseitigt werden muss. Das kann enorm hohe Kosten verursachen, weil sie im Zweifel in allen Dachschrägen und Decken, bei Holzständerbauten auch in den Wänden verbaut ist. Und: Bis in die 70er Jahre wurden auch PAK-haltige Parkettkleber verwendet, die ebenfalls krebserregend sein können. Wenn der Boden nach Teer riecht und der Parkettkleber schwarz ist, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass er verwendet wurde. Bei altem Parkett mit solchen Klebern sollten Proben (Material und Staub) genommen und untersucht werden. Um die Jahrhundertwende wurden außerdem noch Bleirohre für Trinkwasserleitungen verlegt, auf die trifft man kurioserweise auch heute noch und das in einigen Regionen bei bis in den 1970er Jahren erstellten Anlagen.
Wie häufig haben Sie mit diesen Extremfällen zu tun?
Das ist sehr unterschiedlich, das lässt sich so pauschal nicht beantworten. Aber bei manchen Bauprodukten oder Bausystemen wissen wir schon, wo wir hinschauen müssen. Das ein oder andere ist eigentlich immer dabei.
Wann würden Sie ein Haus mit Mängeln noch kaufen – und wann würden Sie auf jeden Fall die Finger davon lassen?
Bei zum Beispiel massiven Feuchte-, Holz-, und Schimmel-, sowie bei Standsicherheitsschäden würde ich die Finger davon lassen; bei Altlasten zwingend einen Fachmann hinzuziehen. Wichtig ist, gesunden Menschenverstand mitzubringen und die richtigen Fragen zu stellen. So ein Hauskauf ist ein emotionales Thema. Wenn Sie sich gleich in das Haus verlieben oder die Entscheidung unter Druck fällen, laufen Sie Gefahr, die Katze im Sack zu kaufen. Nicht selten wird beim Autokauf genauer hingeschaut oder hinterfragt als bei der Investition fürs „Leben“, dem Hauskauf.