Die Kölner Fitnessmesse Fibo ist auch ein Schaulaufen von Fitness-Influencern. Wie viel Geld in dem Geschäft steckt.
Fibo in KölnWas Fitness-Influencer mit einem einzigen Instagram-Post verdienen können

Auch in diesem Jahr ist der Andrang auf der Fibo groß.
Copyright: Jannik Hammes Fotografie
Push-up ist wieder im Trend – nur inzwischen nicht mehr für die Oberweite, sondern für den Po. Den Traum vom prallen Hinterteil sollen sogenannte Scrunch-Leggings erfüllen: Sie liegen besonders eng an und sorgen dafür, dass die Trainingsergebnisse gut sichtbar sind. Wie beliebt die Push-up-Sportleggings sind, zeigt sich aktuell in den Kölner Messehallen. Das Start-up Oace mit Sitz in Köln-Ossendorf präsentiert dort auf 2000 Quadratmetern seine aktuelle Sportkollektion, es ist der größte zusammenhängende Stand einer Streetwear-Marke auf der Fitnessmesse Fibo, die am Donnerstag eröffnet wurde.
Schon im vergangenen Jahr standen die Fitness-Jünger am damals noch halb so großen Oace-Stand Schlange. In diesem Jahr gibt eine separate Anstellfläche, denn in Halle 2.1 dürfte es voll werden: Neben Oace stellen hier die Marken ESN und More Nutrition aus, die mit ihren Protein-Shakes und Nahrungsergänzungsmitteln die Instagram-Feeds dominieren und auf großen Andrang hoffen dürfen, wenn die Messe am Samstag ihre Türen für Privatpersonen öffnet.
Oace arbeitet mit rund 200 Influencern zusammen
Unternehmen wie Oace und ESN setzen vor allem auf Influencer, die Produkte testen, bewerben und Rabattcodes an ihre Follower verteilen. Oace beispielsweise arbeitet mit 200 Influencern zusammen, die die Leggings, Shorts und Tops in Aktion zeigen. Wenn die Kölner Gründer Jan Kraume und Atef Al Soufi von ihnen sprechen, reden sie nicht von Influencern, sondern von „ihren Athleten“: Oace durchforstet die sozialen Medien auf der Suche nach Hobby-Sportlern, die gut zur Marke passen könnten – wie ein Fußball-Scout, der nach neuen Talenten sucht.

Oace-Mitgründer Atef Al Soufi und Geschäftsführer Alexander Glörfeld auf der Fibo.
Copyright: Oace
Die Sportler werden dann von Oace etwa darin geschult, wie sie Beiträge für Instagram produzieren oder Produkte in Szene setzen. Und: Sie sind ab dann Teil des „Team Oace“, das zusammen trainiert und so immer mehr Content für die sozialen Medien produziert. Wie viel sie den einzelnen Sportlern zahlen, wollen die Gründer nicht sagen. Nur so viel: Die Vergütung sei „individuell“.
Knapp sechs Millionen Euro Budget in Deutschland
Das Geschäft mit Fitnessbekleidung, Proteinshakes und Haferriegeln boomt. Fitness und gesunde Ernährung sind zu einem Lifestyle geworden, Leggings und Tennissocken gehören längst zum Ausgeh-Look. Das Geschäft lohnt sich, vor allem dann, wenn Marken zur Leggings noch den passenden Pullover und ein entsprechendes Lebensgefühl verkaufen – und für deren Vermarktung Influencer wählen, die besonders glaubwürdig sind.
In Deutschland geben Unternehmen jährlich im Schnitt 5,74 Millionen Euro für Influencer-Marketing aus, hat eine Befragung der Technologie-Plattform Kolsquare ergeben. Die beliebtesten Werbeplattformen für Firmen hierzulande sind Instagram (91 Prozent), Youtube (71 Prozent) und Tiktok (61 Prozent).
Für Influencer lohnt sich das Geschäft mit Unternehmen. Öffentlich sprechen möchten die vom „Kölner Stadt-Anzeiger“ angefragten Fitness-Influencer nicht über ihr Einkommen. Eine Kölnerin mit einer sechsstelligen Follower-Zahl berichtet beispielsweise anonym davon, dass sie pro Instagram-Story für ein Unternehmen einen vierstelligen Betrag verdient.
Es gibt auch weitere Anhaltspunkte, die Licht ins Dunkel bringen. Kolsquare hat einen Rechner veröffentlicht, der anhand verschiedener Daten wie Reichweite, Followerzahl und Glaubwürdigkeitswert zeigt, wie viel Geld welcher Influencer schätzungsweise für einen Beitrag auf Instagram verlangen kann. Die Werte sind nur eine grobe Schätzung, sagt Jeanette Okwu, die mit ihrer Agentur Beyondinfluence die Dienste von Kolsquare nutzt und Vorständin des Bundesverbands Influencer Marketing ist. Auch große Konzerne wie Coca-Cola, Danone und Decathlon verwenden die Datenbank von Kolsquare beispielsweise, um passende Influencer zu finden.
Konditionen ändern sich permanent
Preise für Influencer-Kooperationen ändern sich permanent und hängen unter anderem davon ab, wie groß der Aufwand für die einzelnen Beiträge ist, wie oft die Nutzer mit Influencern interagieren und wie viele Menschen einen Beitrag potenziell zu sehen bekommen. „Fitness-Influencer verdienen im Schnitt zwischen 100.000 und 250.000 Euro im Jahr“, schätzt Kevin Tewe, der die Kölner Künstleragentur All-in Social führt. Die Stars der Branche wie Sophia Thiel oder Pamela Reif, die eigene Bekleidungs- oder Lebensmittelmarken vertreiben, fahren mittlere siebenstellige Beträge ein, so Tewe.
Laut dem Kolsquare-Rechner kann Fitness-Influencerin Sophia Thiel, der rund 1,4 Millionen Menschen folgen, für einen einzelnen Beitrag bei Instagram zwischen 36.000 und 50.000 Euro verlangen. Zum Vergleich: Oace-Gründer Jan Kraume hat zwar nur 560.000 Follower, kann aber bis zu 55.000 Euro verlangen – seine Follower kommentieren und interagieren deutlich öfter mit ihm.

Fitness-Influencerin Pamela Reif verdient auch mit eigenen Büchern Geld – wie hier im Jahr 2021, als sie ihr Kochbuch präsentierte.
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Influencer-Superstar Pamela Reif, deren Sport-Videos auf Youtube mehr als zwei Milliarden Mal geklickt wurden, verkauft beispielsweise Haferriegel, Nussbutter und Müsli über ihr eigenes Unternehmen Naturally Pam. Ihren Lebensunterhalt erwirtschaftet Reif auch dadurch, dass sie Fitnessprodukte und Kleidung bewirbt. Der Sportartikelhersteller Puma und die Unterwäschemarke Calzedonia beispielsweise nutzen Reif als Werbe-Testimonial und vermarkten Pamela-Reif-Kollektion. Hinzu kommen ihre eigenen Bücher. Brancheninsider schätzen das Vermögen der 29-Jährigen auf neun Millionen Euro.
Doch nicht nur die großen Influencer sind für Unternehmen interessant. Immer mehr sind vor allem an der Zusammenarbeit mit Influencern interessiert, die weniger als 100.000 Follower haben. Diese sogenannten Mikro- und Nano-Influencer sind in bestimmten Nischen unterwegs und schaffen es, eine engere Verbindung zu ihren Followern aufzubauen, was zu mehr Interaktionen und letztlich zu mehr Käufen führt.
Und: Sie sind vor allem günstig. Während ein Influencer mit mehr als 100.000 Followern für einen Instagram-Post zwischen 1800 und 2600 Euro verlangt, kostet die gleiche Leistung bei Mikro-Influencern mit unter 100.000 Followern eher 400 bis 560 Euro. Nano-Influencer, die weniger als 10.000 Follower haben, verlangen mitunter gar keine Kompensation, sondern erhalten Produkte der Firma. Eine Win-win-Situation – denn in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten sind Marketing-Budgets meist das Erste, was gekürzt wird.
So starten auch viele Athleten aus „Team Oace“ in ihre Influencer-Karriere. Erst machen sie nur Sport, dann werden sie in die Influencer-Welt eingeführt und können dann mitunter gut davon leben. Die Kölner Sportmarke wächst und wächst: Der Umsatz liegt den Gründern zufolge im zweistelligen Millionenbereich, dieses Jahr erwarten sie ein Plus von 30 Prozent. Auch der Pop-up-Laden auf der Ehrenstraße im Winter lief so gut, dass sie nach einer dauerhaften Lösung suchen – am liebsten in Köln.