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Ford nach Bürgschaftsschock„Man hat einfach Angst um seinen Job und ob es noch eine Perspektive gibt“

Lesezeit 3 Minuten
Ford-Mitarbeiter treffen sich zur Betriebsversammlung. Foto: Arton Krasniqi

Massive Unruhe in der Belegschaft: Nach der Aufkündigung der Bürgschaft durch die Konzernmutter treffen sich die Mitarbeiter zur Betriebsversammlung. 

Auf der Ford-Betriebsversammlung schlug der Geschäftsführung die Wut der verunsicherten Belegschaft entgegen. 

Die Stimmung war massiv angespannt und aufheizt, als die Ford-Belegschaft am Mittwochmorgen zu tausenden in die Betriebsversammlung strömte. Wie sehr die Ankündigung der US-Mutter, künftig nicht mehr im weiten Umfang für die deutsche Tochter zu bürgen, verunsichert, war den Fordlern vor dem Werkstor deutlich anzumerken. Noch weniger als sonst wollten sich öffentlich äußern, ihre Namen nennen, geschweige denn, sich fotografieren lassen.

„Man hat einfach Angst um seinen Job und ob es hier überhaupt noch eine Perspektive gibt“, sagt Thomas, der seit 25 Jahren in der Produktentwicklung arbeitet. In diesem Bereich, wo lange die Ford-Modelle von morgen entwickelt wurden, wird besonders hart abgebaut. Von den ursprünglich 4000 Beschäftigten wurden schon 1700 wegrationalisiert – und dieser Abbau ist noch nicht einmal vollständig vollzogen. Jetzt sollen noch weitere 600 dazukommen. „Für Ford zu arbeiten, war immer mein Wunsch, und ich habe mich dem Unternehmen immer sehr eng verbunden gefühlt. Jetzt kann man sich von der Geschäftsführung nur noch verraten fühlen.“

„Uns wird durch den Wegfall der weitreichenden Bürgschaften hier am Standort die Grundlage entzogen, das ist einfach furchtbar“, sagt Frank Koch, der seit 27 Jahren bei Ford im Ersatzteilzentrum arbeitet. Hier werden demnächst Aufgaben an den Standort Saarlouis verlagert.

Fordler bangen um ihre Zukunft

Auch Christian, seit rund zehn Jahren bei Ford in der IT, stellt seine Zukunft beim Kölner Autobauer mittlerweile grundsätzlich infrage. „Ich habe zwei Kinder und ein Haus abzubezahlen. Ich kann mir nicht mehr sicher sein, dass es für mich hier eine Zukunft gibt.“ Harkan, seit 1995 am Fließband, fühlt sich von den „Chefs schlicht verarscht“. „Es ist wie in einer Ehe — wenn es zu Ende geht, zeigt sich das wahre Gesicht.“

Für Spiros Dinas, Mitglied der IG Metall, ist die jüngste Ankündigung des Managements vor allem ein „übler Trick“, um den Druck auf die Belegschaft zu erhöhen und beim „Job-Kahlschlag“, wie er es nennt, noch härter verhandeln zu können. Die Belegschaft habe alle Zugeständnisse an die Geschäftsführung erfüllt, sagt Dorthe Mika, stellvertretende Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates. Mit ihrem jetzigen Kurs habe die Geschäftsführung den Rückhalt in der Belegschaft verloren.

Drinnen in der Halle, zu der die Presse keinen Zutritt hat, entlädt sich der Zorn und der Frust der Belegschaft. Auf den Transparenten stehen Sätze wie „Ohne Skrupel, ohne Herz: Wassenberg“, „Unser Untergang ist Dein Untergang“ und „Halle Y ist streikbereit“. Der Geschäftsführer Marcus Wassenberg wird auf der Bühne massiv ausgebuht und seine Worte gehen immer wieder im Pfeifkonzert unter.

Betriebsrat gibt sich kämpferisch

„Die Kündigung der Patronatserklärung ist unverantwortlich“, sagt Gesamtbetriebsratschef Benjamin Gruschka. Ohne eine klare Unternehmensstrategie werde es Ford in Deutschland schwerfallen, langfristig stabile Gewinne zu erzielen. „Alles wird nur noch in den USA entschieden.“ Gruschka prangert zudem massive Fehler des US-Managements an bei Geschäfts- und Modellpolitik und gibt sich kämpferisch.

11.03.2025, Nordrhein-Westfalen, Köln: Ford-Mitarbeiter stehen mit Fackeln auf dem Gehweg vor einem Gebäude der Fordwerke, auf dem die Worte "Fuck you - wir bleiben" projiziert wird. Foto: Henning Kaiser/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Bereits am Dienstagabend waren bereits etwa 100 Ford-Beschäftigte zu einer Protestaktion am Werkszaun zusammengekommen.

Bereits am Dienstagabend waren bereits etwa 100 Ford-Beschäftigte zu einer Protestaktion am Werkszaun zusammengekommen. Sie trugen Fackeln und riefen laute Parolen. Hinter ihnen projizierte ein Beamer einen Schriftzug an eine Halle, dort stand „Fuck you – wir bleiben“.

Jessica, seit 24 Jahren bei Ford in der Produktentwicklung, sagt: „Wir lassen uns hier nicht unterkriegen. Wir haben gute Produkte, auf die wir stolz sein können. Wir haben Angst, aber wir werden kämpfen – oder wie Henry Ford gesagt hat ‚Trotzdem vorwärts‘.“