AboAbonnieren

Fusion Gothaer Barmenia„Für den gemeinsamen Erfolg brauchten unsere Beschäftigten eine transparente Kommunikation“

Lesezeit 4 Minuten
Gothaer-Chef Oliver Schoeller berichtet über die Fusion mit der Barmenia.

Gothaer-Vorstandschef Oliver Schoeller berichtet über die Fusion mit der Barmenia.

Oliver Schoeller, Vorstandsvorsitzender der Gothaer, über den Zusammenschluss mit der Barmenia und was sich dadurch für Versicherte ändert.

Herr Schoeller, der Zusammenschluss der Kölner Gothaer Versicherung und der Wuppertaler Barmenia ist auf der Zielgeraden. Welche Hürden wurden bislang genommen?

Schoeller: Wir haben den Zusammenschluss im September 2023 mit einer gemeinsamen Absichtserklärung angekündigt. Im nächsten Schritt hat im April das Bundeskartellamt zugestimmt. Nun folgte die Zustimmung in den Hauptversammlungen. Es fehlt jetzt noch die Zustimmung durch die Bafin. Wir hoffen, dass Anfang September der Eintrag ins Handelsregister erfolgen kann.

Der Prozess hat damit insgesamt nur elf Monate gedauert. Das erscheint schnell.

Für eine sehr stark regulierte Branche wie die Versicherungsindustrie ist das in der Tat ein sehr schneller Prozess. Wir hatten dabei von Beginn an eine klare Idee für das neue gemeinsame Unternehmen. Und wir haben die ganz wichtigen Fragestellungen direkt an den Anfang gelegt und entschieden, wie etwa die Konzernkonstruktion, Standorte und Marken. Wenn die essenziellen Fragen nicht geklärt sind, zermürben sie den ganzen Prozess der Zusammenführung.

Zustimmung in der Belegschaft ist gestiegen

Bei Zusammenschlüssen regt sich in der Regel Unmut in der Belegschaft und bei den Arbeitnehmervertretern, aus Sorge vor Jobverlusten oder Standortschließungen…

Wir haben die Menschen in unseren Unternehmen von Beginn an intensiv informiert und befragt, wie sie über den Zusammenschluss denken. Denn die entscheidende Frage ist, ob die Beschäftigten daran glauben und helfen, das Projekt zu einem Erfolg zu führen. Was die Menschen dabei am meisten brauchen, sind schnelle Entscheidungen und eine klare und transparente Kommunikation. In unserem ersten Stimmungsbarometer zu Beginn lag die Zustimmung bei 75 Prozent, mittlerweile sind es 81 Prozent.

Wie werden denn künftig die Anteilsverhältnisse der größeren Gothaer und der kleineren Barmenia geregelt sein?

Wir sind beide Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit. Unsere Eigentümer sind damit unsere eigenen Kunden. Es soll künftig zwei Gegenseitigkeitsversicherer oberhalb unserer gemeinsamen Holding geben. Die Gothaer Versicherungsbank VVaG soll dabei 64 Prozent der Stimmen in der Holding haben, die Barmenia Versicherungen a. G. 36 Prozent.

Es sollte doch ein Zusammenschluss auf Augenhöhe sein?

Die Verteilung der Anteile ist das Ergebnis der wirtschaftlichen Bewertung der beiden Gruppen. Trotzdem wird die Parität in den Entscheidungsstrukturen des Unternehmens sichergestellt sein. Wichtige Entscheidungen in der Hauptversammlung der Holding können zwischen den beiden Aktionären nur einstimmig getroffen werden. Diese Augenhöhe ist die Grundlage für den Zusammenschluss.

Was nützt Ihnen dann der größere Anteil?

Der Verzicht auf die mehrheitlichen Stimmrechte unsererseits führt zu einer sogenannten Mehr-Dividende. Beide Seiten bekommen für ihre jeweils 36 Prozent eine Dividende. Die Gothaer allerdings für ihre darüberhinausgehenden 28 Prozent der Anteile eine um 20 Prozent höhere Dividende je Aktie.

Wie viele Mitglieder wird der künftige Vorstand haben?

Wir werden die Zahl von derzeit zusammengerechnet zehn auf acht reduzieren. Barmenia-CEO Andreas Eurich und ich wollen das neue Unternehmen in Doppelspitze führen.

Barmenia-CEO Andreas Eurich und Gothaer-Chef Oliver Schoeller sitzen nebeneinander.

Barmenia-CEO Andreas Eurich (links) und Gothaer-Vorstandschef Oliver Schoeller werden das neue Unternehmen gemeinsam führen.

Von wo aus wird geführt und bleiben, wie angekündigt, alle Jobs erhalten?

Die Gruppe soll ihren Sitz in Köln haben. Die jetzigen Standorte Köln und Wuppertal sollen aber gleichwertig erhalten bleiben. Vor dem Hintergrund von hybridem Arbeiten ist das ein Vorteil, insbesondere mit Blick auf den Zugang zu neuen Fachkräften. Da bieten zwei Standorte bessere Chancen, neue Mitarbeitende für sich zu gewinnen. Für unsere Beschäftigten gibt es eine Jobgarantie für drei Jahre. Wir werden niemanden verpflichten, den Standort zu wechseln. In Köln sind das rund 2900 Menschen und in Wuppertal rund 2200.

Das Leistungsspektrum von Barmenia.Gothaer wird deutlich breiter und stärker
Oliver Schoeller, Vorstandsvorsitzender der Gothaer

Bleiben beiden Marken erhalten?

Der neue Name soll Barmenia.Gothaer sein – bei der Reihenfolge der Namen hat das Alphabet entschieden. Denn es ist nicht wichtig, wer vorne steht, sondern was wir gemeinsam in den Markt bringen, als neues Unternehmen mit gemeinsamen Produkten und Services. Erstes Ergebnis ist bereits ein Rating-Upgrade durch Standard & Poor's, die den Ausblick mit Blick auf den Zusammenschluss von stabil auf positiv angehoben haben. Wir rechnen mit dem Rating-Upgrade von A auf A+ in den kommenden 24 Monaten.

Was ändert sich für die Kunden?

Sie werden demnächst ein anderes Namenslogo auf ihren Schreiben vorfinden. An ihren Verträgen und Konditionen ändert sich nichts. Das Leistungsspektrum von Barmenia.Gothaer wird für unsere Kundinnen und Kunden aber deutlich breiter und stärker. Wir bauen ein richtig gutes gemeinsames Unternehmen.


Oliver Schoeller, Jahrgang 1971 und in Aachen geboren, ist seit Juli 2020 Vorstandsvorsitzender der Gothaer. Der Betriebswirt startete seine Karriere als Berater für Banken und Versicherungen, unter anderem in Frankfurt und New York. Im Jahr 2008 wechselte er zur Gothaer und leitete den Bereich Betriebsorganisation. Zwei Jahre später wurde er als COO in den Vorstand berufen. Ab dem Jahr 2017 verantwortete er die Krankenversicherungssparte der Gothaer.