Jobabbau und FilialschließungenGaleria Karstadt Kaufhof drohen harte Einschnitte
- Die Befürchtungen der Angestellten des Warenhauskonzerns scheinen nun doch einzutreten. Zahlreiche Filialen könnten geschlossen und Jobs gestrichen werden.
- Dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ liegt ein Brief der Geschäftsführung an die Belegschaft vor. Vor allem eine Formulierung stößt den Mitarbeitern sauer auf.
- Galeria Karstadt Kaufhof könnte sich vor allem aus kleineren Städten zurückziehen.
Köln – Nun scheint doch genau das einzutreten, was man in der Belegschaft von Galeria Karstadt Kaufhof seit Wochen befürchtet hatte. Der angeschlagene Warenhaus-Konzern musste sich am 1. April unter ein Schutzschirmverfahren begeben. Die wirtschaftliche Lage des Handelsriesen mit mehr als 28.000 Mitarbeitern und 170 Filialen hatte sich seit der Komplett-Schließung aller Häuser im Zuge der Corona-Krise am 18. März dramatisch zugespitzt.
Mit dem gesetzlich gesicherten Schutz vor seinen Gläubigern soll das Unternehmen in drei Monaten saniert werden. Dass diese Sanierung deutlich brachialer ausfallen würde, als die vielen Restrukturierungen in den Jahren zuvor, stand zu befürchten. Nun haben die Mitarbeiter Gewissheit. In einem Schreiben, das dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, kündigt die Geschäftsführung Standortschließungen und einen weiteren Stellenabbau an.
Eigentlich sollte es keinen Kahlschlag geben
Angaben zur Zahl der bedrohten Filialen oder der gefährdeten Arbeitsplätze machten der gerichtlich bestellte Sachwalter Frank Kebekus und der Generalbevollmächtigte Arndt Geiwitz derzeit noch nicht. Aber dass der Umfang substanziell sein wird, davon ist mittlerweile auszugehen. Dabei hatte Sachverwalter Kebekus noch Ende April in einem Interview mit der „FAZ“ betont, dass es keinen Kahlschlag geben soll.
Karstadt Kaufhof habe während der Zeit der Komplettschließungen mehr als eine halbe Milliarde Euro an Umsatz verloren, heißt es in dem Schreiben. Die Umsätze der letzten acht Wochen, darunter das wichtige Ostergeschäft, fehlten und dieser Rückstand sei auch nicht aufzuholen. Insgesamt dürfte sich der Umsatzverlust auf bis zu eine Milliarde Euro erhöhen, heißt es weiter.
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Und die Corona-Pandemie werde das Unternehmen auch weiterhin schwer belasten, obwohl die Kaufhäuser mittlerweile wieder auf voller Fläche öffnen dürfen. Es sei davon auszugehen, dass die Kundenfrequenz in den Innenstädten wegen der nach wie vor bestehenden Infektionsgefahr weiter niedrig bleibe und die Kaufzurückhaltung der Menschen durch Kurzarbeit und Unsicherheiten über die eigene Zukunft noch lange anhalten werde, so die Einschätzung.
Ende Juni wird es ernst für Benko
Nur noch bis Ende Juni bleibt dem Unternehmen und Investor René Benko Zeit, einen tragfähigen Sanierungsplan auszuarbeiten, der das Amtsgericht Essen und die Gläubiger davon überzeugt, dass Galeria es aus der Krise schafft. So sehen es die Regeln des Schutzschirmverfahrens vor. Derzeit bekommen die Beschäftigten Insolvenzgeld vom Staat, doch ab Juli muss der Warenhausbetreiber wieder den Großteil der Gehälter zahlen. Spätestens dann muss entschieden werden, ob es in die Abwicklung geht oder ob nochmals ein Neustart auf kleinerer Basis versucht wird.
Die Arbeitnehmerseite befürchtet, dass bis zu 60 der gut 170 Häuser von einer Schließung betroffen sein werden. Nach Einschätzung von Branchenexperten will sich Eigentümer Benko vor allem aus kleineren Städten zurückziehen und auf die sieben Großstadtlagen konzentrieren.
Für kleinere und mittlere Städte ist das bitter, sind die Kaufhäuser doch vielerorts der größte Magnet in den ohnehin oft stark vereinheitlichten Fußgängerzonen, die zudem bereits häufig Leerstand aufweisen.
Verkauf von 17 Filialen geplant
Bereits geplant ist offenbar der Verkauf von 17 Filialen. Für rund 700 Millionen Euro will der US-Private-Equity-Investor Apollo die Häuser übernehmen. Das Bundeskartellamt hat bereits die Genehmigung dafür erteilt.
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Wie sich die Bedingungen für die Mitarbeiter unter diesen Umständen entwickeln werden, ist derzeit noch nicht absehbar. Dass der Tarifvertrag, den Verdi noch im Dezember mühsam mit der Unternehmensleitung ausgehandelt hatte und der den Bestand aller Häuser bis Ende 2024 festschrieb und mit noch vergleichsweise moderaten Einbußen für viele Beschäftigte verbunden war, nun im Zuge des Schutzschirmverfahrens obsolet ist, gilt bei Arbeitnehmervertretern als realistisches Szenario.
Auf die jüngsten Ankündigungen reagierte die Gewerkschaft Verdi mit Empörung. „Es ist ein Armutszeugnis, dass den Insolvenzverwaltern und der Unternehmensführung nichts anderes einfällt, als die Axt an die Personalkosten zu legen und Filialen zu schließen“, sagte Orhan Akman, Verdi-Fachbereichsleiter. Statt neue Kürzungsorgien einzuleiten, solle das Unternehmen lieber Wege finden, Beschäftigten und Filialen eine Zukunft zu bieten.
Als besonders unglücklich empfinden viele Mitarbeiter die Schlussformel des Schreibens aus der Chefetage. Dort heißt es, man bitte noch um Geduld bis zu den konkreten Entscheidungen, bis dahin sollten die Mitarbeiter doch am besten alles dafür „geben, unsere Kunden von uns zu überzeugen“.