Eine Erhebung zeigt, wie viele Stunden Frauen pro Woche mehr arbeiten als Männer. An klassischen Rollenverteilungen hat sich in den vergangenen zehn Jahren nur wenig verändert.
Gender Care GapFrauen leisten (immer noch) deutlich mehr unbezahlte Arbeit als Männer
Bevor Sie weiterlesen, schätzen Sie einmal: Wie viel Zeit pro Woche verbringen Sie damit, zu kochen, zu putzen oder Wäsche zu waschen? Wie viel Zeit nutzen Sie für Erwerbstätigkeit? Und über wie viel freie Zeit verfügen Sie? Je nach Geschlecht dürften Ihre Antworten auf diese Fragen unterschiedlich ausfallen – zumindest, wenn Sie dem deutschen Durchschnitt entsprechen.
Frauen arbeiten pro Woche deutlich mehr als Männer – zu großen Teilen unbezahlt
Eine Erhebung des Statistischen Bundesamts zur Zeitverwendung der Deutschen zeigt: Pro Woche arbeiteten Erwachsene in Deutschland im Jahr 2022 durchschnittlich rund 44,5 Stunden – Frauen allerdings deutlich mehr als Männer. Frauen kommen wöchentlich auf eine Arbeitszeit von fast 45,5 Stunden und damit rund anderthalb Stunden mehr als Männer. Bereits zehn Jahre zuvor hatten Frauen mehr gearbeitet als Männer. Zwar ist der Umfang der geleisteten Arbeit für Männer und Frauen gesunken, der Unterschied zwischen den Geschlechtern hat sich jedoch vergrößert: Im Jahr 2012 hatte er nur etwa eine Stunde betragen.
Frauen leisten demnach nicht nur jede Woche mehr Arbeit als Männer. Ihre Arbeit besteht auch weiterhin zum größeren Teil aus unbezahlten Tätigkeiten. Zu dieser unbezahlten Arbeit, auch als Sorge- oder Care Arbeit bezeichnet, gehören Aufgaben im Haushalt, Kinderbetreuung und Pflege von Angehörigen, aber auch ehrenamtliches oder freiwilliges Engagement sowie die Unterstützung von Personen, die nicht im eigenen Haushalt leben.
Unbezahlte Arbeit von Männern und Frauen: Gender Care Gap liegt bei 43,8 Prozent
Während Frauen im Jahr 2022 fast zwei Drittel ihrer wöchentlichen Arbeitszeit mit unbezahlter Arbeit verbringen – pro Woche knapp 30 Stunden – waren es bei Männern nur rund 21 Stunden. Auf den Tag gerechnet leisten Frauen ab 18 Jahre demnach eine Stunde und 17 Minuten mehr unbezahlte Arbeit als Männer. Die Lücke, die sich daraus ergibt, wird als Gender Care Gap bezeichnet und beläuft sich auf 43,8 Prozent. Frauen leisten also 43,8 Prozent mehr unbezahlte Arbeit als Männer.
Bei der vorausgegangenen Erhebung vor zehn Jahren hatte der Wert noch bei 52,4 Prozent gelegen. Frauen verrichteten damals pro Tag eine Stunde und 27 Minuten mehr unbezahlte Arbeit als Männer. Ruth Brand, die Präsidentin des Statistischen Bundesamts, sagte bei der Vorstellung der Ergebnisse am Mittwoch: „Die Lücke zwischen Frauen und Männern bei der unbezahlten Arbeit ist zwar im Zeitvergleich kleiner geworden. Sie ist aber nach wie vor beträchtlich.“
An der Rollenverteilung hat sich derweil kaum etwas verändert, wie es in der Erhebung des Statistischen Bundesamts weiter heißt: Fast die Hälfte der unbezahlten Arbeit von Frauen besteht demnach aus klassischen Hausarbeiten wie Kochen, Putzen oder Wäsche waschen. Sie wendeten dafür über 13 Stunden pro Woche oder zwei Stunden pro Tag auf; bei Männern ist es halb so viel Zeit.
Kinderbetreuung und Haushalt werden vorrangig von Müttern übernommen
Eklatante Unterschiede gibt es derweil nicht nur zwischen den Geschlechtern sondern auch zwischen Eltern sowie Erwachsenen ohne Kinder im Haushalt. Betrachtet man Haushalte mit Kindern – also sowohl Haushalte von Alleinerziehenden als auch von Paaren mit Kindern – zeigt sich, dass die Elternteile im Schnitt 57 Stunden pro Woche arbeiten. Damit leisten Väter und Mütter etwa elf Stunden mehr Arbeit als 18- bis 64-Jährige, die in einem Haushalt ohne Kinder leben.
Ein weiteres Ergebnis, zu dem die Erhebung kommt: „Während Väter mehr Erwerbsarbeit leisten als Männer ohne Kinder, leisten insbesondere die Mütter kleiner Kinder weniger Erwerbsarbeit als Frauen ohne Kinder im Haushalt.“ Im Alltag endet es dann oft in der klassischen Rollenverteilung: „Kinderbetreuung und Haushaltsführung werden vor allem in den ersten Lebensjahren der Kinder vorrangig von den Müttern übernommen, während Väter tendenziell die traditionelle Rolle des Hauptverdieners einnehmen. Diese Aufteilung hat sich im Zehnjahresvergleich kaum verändert.“
Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) mahnt, dass diese Entwicklung für Frauen oftmals „ein geringeres Gehalt, weniger berufliche Chancen und eine prekäre Alterssicherung“ bedeute. Um unbezahlte Sorgearbeit fairer aufzuteilen brauche es eine gute Infrastruktur für die Kinderbetreuung und mehr Fachkräfte.