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Grundsteuer legt Elster lahmKölner Steuerberater-Präsident: „Nicht überraschend“

Lesezeit 3 Minuten

Steuer-Plattform Elster

Köln – Wer Sonntag oder Montag die Online-Steuerplattform Elster nutzen wollte, hatte vermutlich wenig Glück: Teilweise war die Webseite, auf der Bundesbürgerinnen und -bürger ihre Steuerangelegenheiten klären können, gar nicht aufrufbar. Teilweise war es ein bunter, prägnanter Hinweis, der Nutzerinnen und Nutzer auf Einschränkungen bei der Verfügbarkeit des Portals hinwies. Die Begründung für die Technikprobleme: „Aufgrund enormen Interesses an den Formularen zur Grundsteuerreform kommt es aktuell zu Einschränkungen bei der Verfügbarkeit.“ Man arbeite jedoch intensiv an einer Lösung und zumindest am späten Montagnachmittag schien die Webseite problemlos zu funktionieren.

„Dass Elster temporär nicht mehr aufrufbar ist, kommt für uns nicht überraschend“, sagt Gero Hagemeister, Präsident des Steuerberater-Verbandes Köln, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Es handelt sich hierbei um ein Massenverfahren, in dem 36 Millionen Grundstücke bundesweit zu bewerten sind – das sind 36 Millionen Erklärungen in einem kurzen Zeitfenster von Juli bis Oktober.“ Allein in NRW handelt es sich laut IT.NRW um 9,15 Millionen Objekte.

Daten „muss man erstmal finden“

Das Bundesverfassungsgericht hatte entschieden, dass die Grundsteuer bundesweit reformiert werden müsse, da sie auf Werten basiere, die teilweise Jahrzehnte alt wären. Gelten solle die neue Fassung ab dem Jahr 2025. Dafür müssen Betroffene bis zum 31. Oktober beim Finanzamt Formulare einreichen, in denen sie unter anderem Angaben zu Flurnummer, Fläche, Baujahr oder Bodenrichtwert machen müssen.

Gero Hagemeister 1

Gero Hagemeister

Positiv sieht Hagemeister, der auch Regional Managing Partner Rheinland der BDO AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist, zwar das NRW-Geoportal, dort erhalten alle Betroffenen die relevanten Informationen zu ihren Grundstücken. „Aber sämtliche Daten zu den Objekten auf den Grundstücken müssen von den Steuerpflichtigen kommen – und die muss man erstmal finden.“

NRW nutzte nicht die Öffnungsklausel

Dass so viele Menschen so viele schwer zugängliche Daten auf einmal einreichen müssen, erklärt den plötzlichen Run auf das Portal, und ruft zudem viel Kritik hervor. „Der Gesetzgeber hätte die Abgabefristen realistisch, also von vornherein länger bemessen müssen“, sagt Hagemeister. „Wer sich noch nicht gekümmert hat, sollte so schnell wie möglich alle Daten zusammentragen, auf Vollständigkeit und Richtigkeit prüfen – und im Falle der Überforderung die Kompetenzen eines Steuerberaters in Anspruch nehmen.“ Die Nachfrage wachse allmählich und dürfte stetig mehr werden, gerade bei gewerblich oder gemischt genutzten Objekten. Besonders die vielen Fachbegriffe, die sich in den Formularen wiederfinden, werfen bei Betroffenen Fragen auf.

„Es wäre einfacher gewesen, hätte das Land von der Öffnungsklausel Gebrauch gemacht und ein signifikant einfacheres Verfahren gewählt, so wie andere Bundesländer.“ Durch diese Klausel konnte zum Beispiel Bayern ein eigenes Gesetz zur Grundsteuer erlassen.

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An den Erfolg etwaiger Forderungen, das für NRW gewählte Steuermodell zu vereinfachen, glaubt Hagemeister nicht: „Das ist ausgesprochen unwahrscheinlich. Das würde bedeuten, das komplette Verfahren abzuändern. Die Entscheidung, in Nordrhein-Westfalen das Bundesmodell anzuwenden, ist in Nordrhein-Westfalen vor gut einem Jahr getroffen worden. Alles ist darauf eingestellt, verfahrensseitig ist das nicht mehr korrigierbar.“

Hagemeister merkt zudem an, dass bei den Steuerberatern das reguläre Tagesgeschäft weiterlaufe: „Steuererklärungen, Schlussabrechnungen, Coronahilfen, Kurzarbeitergeld – und das in Zeiten einer heraufziehenden Wirtschaftskrise. Dass ein komplexes Verfahren wie die Grundsteuerreform zusätzlich und ohne die erforderliche Zeit angegangen wird, das ist problematisch.“ Hinzu kommt der Fachkräftemangel, der die Branche umtreibt.