Bei Rechtsfragen denken viele an den Gang zum Anwalt. Es gibt allerdings auch Online-Plattformen. Wie das Portal helpcheck Verbrauchern dabei hilft, ihr Recht durchzusetzen.
Der digitale AnwaltWie die Legal-Tech-Plattform „helpcheck“ Verbrauchern zu ihrem Recht verhilft
Den Gang zum Rechtsanwalt scheuen viele. Es heißt dann „Mit dem Anwalt dagegen vorgehen, bringt ja ehe nichts“ oder „Anwälte sind viel zu teuer“. Dabei sind viele Verbraucherinnen und Verbraucher im Recht. Da muss man doch etwas machen können, dachte sich auch Peer Schulz aus Düsseldorf. Zusammen mit seinem Studienfreund Phil Sokowicz gründete der 34-Jährige vor fünf Jahren die Legal-Tech-Plattform „helpcheck“.
Dort können Verbraucherinnen und Verbraucher, die zum Beispiel mit ihrer Lebensversicherung nicht zufrieden sind, kostenlos prüfen lassen, ob der Vertrag fehlerhaft ist und daraus ein Anspruch besteht. Dies geschieht, indem der fragliche Vertrag mit bereits bestehenden BGH-Urteilen zu solchen Fällen abgeglichen wird. „Jeder Deutsche über 39 Jahre hat statistisch gesehen mindestens eine Lebensversicherung aus dem Zeitraum von Mitte 1994 bis 2007 abgeschlossen, die unter die Urteile des BGH fällt“, sagt Peer Schulz. Zusammen mit der Humboldt-Universität in Berlin hat das Team von helpcheck eine Matrix entwickelt und dort mehr als 800 Urteile des Bundesgerichtshofes eingespeist.
Rund 20 Millionen Euro in 2022 zurückgefordert
Durch diese digitale Datenbank laufen dann die Verträge der potenziell Geschädigten und werden abgeglichen. Wird der Vertrag als fehlerhaft identifiziert, können Verbraucher entscheiden, ob sie dagegen vorgehen und ihr Recht durchsetzen wollen. Erst dann, wenn eine digitale Signatur, also ein Anwaltsmandat erteilt wird, entstehen Kosten. An die Legal-Tech-Plattform fließt nur im Erfolgsfall was zurück. Unter den Begriff Legal-Tech fallen neben Portalen, die Verbrauchern den Zugang zum Recht ermöglichen, aber auch reine Software-Lösungen. „Wir bieten unsere Software auch Kanzleien an. Es gibt zum Beispiel eine große Kanzlei für Verbraucherfragen in Berlin. Meldet man sich dort für Finanzverträge an, landet man bei uns“, so Schulz.
Im vergangenen Jahr konnte helpcheck rund 20 Millionen Euro für Verbraucher zurückfordern. Mittlerweile hat das Unternehmen rund 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Neben dem Düsseldorfer Standort wurde darüber hinaus eine Kanzlei in Frankfurt mitaufgebaut. „Wir wollen das Check24 für Rechtsansprüche werden“, sagt der CEO selbstbewusst. Zurzeit bietet sich die Plattform vor allem für Rechtsansprüche in den Bereichen Lebensversicherung, Kündigungen und für die Rückerstattung bei Spielverlusten im Online-Glücksspiel an.
Legal-Tech nicht bei allen Rechtsfragen sinnvoll
Nicht bei allen Rechtsfragen ist eine Plattform wie helpcheck die richtige Option. Bei gut standardisierten Fällen, wie zum Beispiel bei einer Kfz-Versicherung, seien Verbraucherportale eine gute Wahl. Handelt es sich aber beispielsweise um einen kleinteiligen Nachbarschaftsstreit, in dem es darum geht, wie weit die Tanne über den Gartenzaun reicht, müsse sich das ein realer Anwalt ansehen.
Auch bei hochemotionalen Themen, wie zum Beispiel einer Scheidung, sollte eine Anwältin oder ein Anwalt zurate gezogen werden. Darüber hinaus ist die Bandbreite an rechtlichen Fragen, bei denen Legal-Tech in Betracht gezogen werden kann, aber groß. So gibt es auch Portale im Bereich des Verkehrs- oder des Mietrechts.
Nach Angaben von Legal Tech in Deutschland, einer Online-Datenbank für Unternehmen aus dieser Branche, gibt es aktuell mehr als 190 Legal-Tech-Firmen bundesweit. Manche davon gibt es bereits seit 20 Jahren. Alle mit dem gemeinsamen Ziel, die Nutzung von Technologie im Rechtsbereich voranzutreiben. „Obwohl wir das schon fünf Jahre lang machen, stehen wir noch am Anfang“, sagt Peer Schulz. Denn mit steigender Zahl an Fällen werden auch immer mehr Fehler in Verträgen sichtbar.