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Hohe Straße und SchildergasseWie Innenstädte sich künftig verändern werden

Lesezeit 4 Minuten
Schildergasse Handel 2

Auch Hohe Straße und Schildergasse werden sich verändern

Köln – In der Innenstadt von morgen ist das Café des Vormittags die Konzertbühne des Abends. Gebäude beheimaten nicht mehr bloß Handel oder Gastronomie oder Wohnungen, sondern eine Mischung verschiedener Nutzungsarten. Auf den Dächern wird vielleicht Landwirtschaft für die Eigenversorgung der Kommune betrieben. Im Zentrum wird gewohnt, gearbeitet, konsumiert und produziert.

Multifunktionalität ist eines der Schlagworte, die immer wieder fallen, wenn es darum geht, schwächelnde Fußgängerzonen in moderne Stadtzentren zu verwandeln. „Dabei geht es nicht nur um klassischen Konsum wie im Einzelhandel“, sagt Boris Hedde, Geschäftsführer des Handelsforschungsinstituts IFH Köln. „Wir müssen Anreize abseits dieser Themen schaffen. Es geht darum, Orte zum Verweilen zu schaffen, wo soziale Interaktion stattfinden kann.“

Besuche mit mehr Mehrwert aufladen

Die Besuche in der Stadt müssten mit mehr Mehrwert aufgeladen werden. Praktisch heißt das: Während der Fokus in den Innenstädten bislang vor allem auf Handel und Gastronomie liegt, werden künftig auch Freizeit, Dienstleistung und Arbeit an Bedeutung gewinnen. Diese Entwicklung wird im Handel ernst genommen. Dass fünfgeschossige Warenhäuser in ihrer jetzigen Form keine Zukunft haben, ist in der Branche eher Konsens. Der fusionierte Warenhauskonzern Galeria gab erst kürzlich eine Strategie für die Zukunft der großen Filialen bekannt. Er unterteilt seine Standorte künftig in Weltstadthäuser, regionale Magneten und lokale Foren. Gerade in letzteren sollen Serviceangebote, Kultur und Regionalität eine größere Rolle spielen. Auch neue Konzepte wie der Blaenk-Store auf der Schildergasse, der Regalfläche an Start-ups und große Marken vermietet, zeigt den Wandel.

Trotzdem wird die Transformation – getrieben durch die Digitalisierung und veränderte Einkaufsgewohnheiten – wohl das Aus für etliche Händler sein. Es war das IFH Köln, das im Frühjahr eine beunruhigende Zahl veröffentlichte: Bis 2030, so die Prognose, könnten bis zu 80 000 Läden und damit ein Fünftel aller stationären Geschäfte in Deutschland schließen. Die Entwicklung hat sich durch die Corona-Pandemie noch einmal deutlich verschärft. „Wir müssen davon ausgehen, dass ein Großteil der Handelsunternehmen, wie wir sie heute kennen, den Markt verlassen“, so Hedde.

Millionenschwere Hilfsprogramme

Es gibt viele Positionspapiere, Studien, Initiativen, die Wandel gestalten und eine Verödung der Zentren verhindern wollen: vom Deutschen Städtetag, Fraunhofer Institut, der Friedrich-Naumann-Stiftung, dem IFH Köln. Das NRW-Heimatministerium legte im Sommer 2020 ein Innenstadt-Sofortprogramm mit 70 Millionen Euro auf, im März 2021 stellte es weitere 30 Millionen Euro bereit. Das IFH Köln erhält derweil 11,9 Millionen Euro vom NRW-Wirtschaftsministerium, um in 15 Modellstädten – darunter Köln – eine Plattform für modernes und vorausschauendes Leerstandsmanagement aufzubauen.

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Doch die Ansiedlung neuer Geschäftsmodelle birgt in der Praxis Hürden. Konzepte, die in keine der traditionellen Handels- und Gastronomie-Schablonen passen, haben angesichts des starren Planungsrechts teils erhebliche Schwierigkeiten, Flächen in der Innenstadt zu bekommen. „Die Verwaltung muss sich öffnen. Sie muss bereit sein, ihre Prozesse so zu organisieren, dass neue Konzepte möglich sind“, so Hedde. Auch Manfred Janssen, Geschäftsführer der Kölnbusiness-Wirtschaftsförderung, verweist auf veraltete Strukturen: „Wir versuchen, die Zukunft mit einem Werkzeugkasten aus dem letzten Jahrhundert anzugehen. Um den Wandel zu gestalten, braucht man moderne Werkzeuge.“

Neue Projektstrukturen in Planung

Beim Amt für Stadtentwicklung der Stadt Köln verweist man auf bereits angestoßene Veränderungen. „Wir bauen im Moment sehr intensiv Projektstrukturen auf, um eine schnelle Abstimmung zwischen den Ämtern zu ermöglichen“, sagt Amtsleiterin Brigitte Scholz dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.Sie lobt Vorstöße wie die den des Architekten Stephan Braunfels, der kürzlich vorschlug, die Hohe Straße in eine Glaspassage zu verwandeln. „Ich finde es sehr gut, dass die Architektenschaft Ideen für die Stadt einbringt.“ Solche Bilder erweiterten den Horizont. „Ob sie umsetzbar sind und weiterverfolgt werden, muss man dann sehen.“

Kölnbusiness-Geschäftsführer Janssen gibt sich derweil optimistisch, dass der Wandel des Zentrums gelingen wird. Alle wichtigen Standortfaktoren seien vorhanden. „Es gibt sicher Verbesserungspotenzial – aber der Innenstadt steht eine sehr gute Zukunft bevor, wenn wir es richtig anpacken.“