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Immobilienindustrie schlägt AlarmWohnbauziele sind aktuell nicht erreichbar

Lesezeit 3 Minuten
Preisgedämpfte Mietwohnungen werden im Stadtteil Ehrenfeld gebaut.

Preisgedämpfte Mietwohnungen werden im Stadtteil Ehrenfeld gebaut.

Der Verband der Wohnungswirtschaft für Rheinland und Westfalen schlägt Alarm. Baukosten und hohe energetische Auflagen machen das Bauen fast unmöglich.

Die Wohnungsbauwirtschaft der Region schlägt Alarm angesichts steigender Baupreise und immer höherer Auflagen bei Neubau und Renovierung. Unter den aktuellen Rahmenbedingungen seien die gesteckten Ziele im Wohnungsbau für die sozial orientierte Wohnungswirtschaft nicht erreichbar. Diese Einschätzung teilte der Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft (VdW) Rheinland Westfalen auf seiner Jahrespressekonferenz am Mittwoch in Düsseldorf mit.

Baupreise sind nochmal angestiegen

„Mehr bezahlbare Wohnungen schaffen, mehr Wohnungen neu bauen, den Gebäudebestand bis 2045 klimaneutral gestalten, die Energie- und Wärmewende umsetzen – all das soll die Wohnungswirtschaft leisten. Aktuell ist all das gleichzeitig aber schlichtweg nicht machbar“, sagte VdW-Verbandsdirektor Alexander Rychter.

Während die Inflation sich seit einigen Monaten wieder der Zielmarke von 2,0 Prozent mehr oder weniger annähert, seien die Baupreise nochmals um 8,8 Prozent gestiegen. Da die Nettokaltmieten im gleichen Zeitraum aber nur um 2,2 Prozent angezogen wurden, klaffe bei den Bauherren eine große Lücke, die Neubauprojekte zunehmend unrentabel mache und daher von der freien Wirtschaft nicht ausgeführt würden, sagte Rychter.

66 Prozent der Firmen können aktuell nicht bauen

Bei einer Umfrage unter den fast 500 Mitgliedsunternehmen sei herausgekommen, dass schon heute 66 Prozent der Firmen unter den aktuellen Rahmenbedingungen nicht bauen könnten. Laut der Umfrage steige diese Quote im kommenden Jahr sogar auf 70 Prozent. Der Verband vertritt die kirchlichen, genossenschaftlichen, privaten und kommunalen Wohnungsbauunternehmen von Nordrhein-Westfalen und dem nördlichen Rheinland-Pfalz.

Den Ernst der Lage auf dem Wohnimmobilienmarkt zeigen auch andere Zahlen. So seien 19,6 Prozent der projektierten Bauvorhaben wieder storniert worden, ein historisch hoher Wert. Laut jüngsten Zahlen gebe es 6,7 Prozent weniger Baugenehmigungen in NRW als im Vorjahr. Das Neu-Kreditvolumen für Immobilienfinanzierungen der Mitgliedsbetriebe sei auf 681 Millionen Euro und damit auf den niedrigsten Wert seit 2012 gesunken. „Wir schätzen, dass 700.000 Wohnungen fehlen“, so Rychter.

78 Prozent der befragten Unternehmen planen in der nahen Zukunft mit geringeren Investitionen. „Außerdem nimmt die Modernisierungstiefe bei Bestandsimmobilien ab“, sagte Rychter weiter. Heute würde meist nur noch energetisch saniert. Baumaßnahmen, die etwa zu Barrierefreiheit führen, würden hinten angestellt.

Energetische Auflagen als zweitgrößtes Hindernis

Die bitterste Pille für Wohnungsbauunternehmen seien aktuell die gestiegenen Baukosten, was 90 Prozent der Befragten als Hindernis angaben. Direkt auf Platz zwei (80 Prozent der Unternehmen) wurden energetische Auflagen als Investitionshindernis genannt.

Geht es nach Rychter, werden neue Mehrfamilienhäuser künftig verstärkt in abgespeckter Version errichtet. „Unsere Gebäude sind immer komplexer geworden. Wir müssen weniger Technik verbauen, einfacher bauen“, sagte Rychter. Konkret hieße das etwa, weniger zu dämmen und stattdessen wie früher mit dickeren Wänden zu arbeiten. Häuser, die aus weniger Verbundmaterialien (Holz und Styropor, Beton mit mineralischer Dämmung) bestehen, seien bei einem späteren Abriss wesentlich schlechter recyclebar, was die CO2-Bilanz verschlechtere.