- Bis zum Lebensende in der eigenen Wohnung oder dem eigenen Haus wohnen bleiben, obwohl die Immobilie schon verkauft ist? Das geht.
- Anlage-Expertin Renate Daum von Stiftung Warentest verrät, worauf man dabei achten muss.
- Einer ihrer zentralen Tipps: Sich rechtlich beraten zu lassen, auch wenn das etwas kostet. Alle weiteren Ratschläge gibt es im Interview mit der Expertin.
Köln – Frau Daum, was verbirgt sich hinter dem Konzept der Immobilienverrentung?Die Idee dahinter ist, dass Wohnungs- oder Hausbesitzer wirklich bis an ihr Lebensende in ihrer vertrauten Immobilie leben können und diese dabei gleichzeitig nutzen, um die eigene Altersvorsorge aufzustocken. In Deutschland wird die Immobilie dabei in der Regel ganz oder zum Teil verkauft, wobei sich der Verkäufer das Recht einräumen lässt, sie weiter zu nutzen.
Welche verschiedenen Modelle gibt es dabei?
Hierzulande sind vor allem der Verkauf gegen ein Nießbrauchsrecht oder eine Leibrente verbreitet. Bei Ersterem verkaufe ich meine Immobilie und erhalte im Gegenzug das Recht, entweder selbst dort zu wohnen und mir die Miete zu sparen oder sie weiterzuvermieten und die Einnahmen zu behalten. Der Wert dieses Rechts wird dabei vom Verkehrswert abgezogen. Bei der Leibrente zahlt der Käufer anstatt des Kaufpreises entweder zeitlich befristet oder bis ans Lebensende eine monatliche Rente aus und gewährt zusätzlich ein Wohnrecht. Der Unterschied ist, dass das Wohnrecht hier nicht übertragbar ist. In der Praxis kann man aber beide Modelle in den Verträgen so gestalten, dass der Unterschied zwischen ihnen nicht allzu groß ist.
Zur Person
Renate Daum ist Redakteurin im Team Geldanlage, Altersvorsorge, Kredite und Steuern von Stiftung Warentest in Berlin. Sie arbeitet hauptsächlich für die Zeitschrift „Finanztest“, aber auch das Schwestermagazin „Test“. Stiftung Warentest ist eine gemeinnützige deutsche Verbraucherorganisation. (elb)
Am Markt könnte man die Immobilie zu besseren Konditionen verkaufen. Kritiker sagen, das Modell rechne sich nicht ...
Die Menschen erhalten weniger Geld für ihre Immobilie, weil das Recht, lebenslang dort wohnen zu bleiben, natürlich etwas wert ist. Der neue Eigentümer kann das Haus oder die Wohnung eine ganze Weile nicht nutzen. Da ist es völlig fair, dieses Recht vom Verkehrswert abzuziehen. Die Frage ist aber immer, wie viel abgezogen wird. Den Leuten kommt das oft sehr hoch vor. Man muss aber bedenken, dass Anbieter gerade bei lebenslang versprochenen Zahlungen damit rechnen müssen, dass die Verkäufer möglicherweise das Glück haben, sehr lange zu leben.
Wäre es nicht sinnvoller, Haus oder Wohnung zu verkaufen und anschließend zurückzumieten?
Das ist definitiv eine Möglichkeit. Der Vorteil ist, dass ich hier keine oder nur geringe Abschläge auf den Verkehrswert hinnehmen muss, weil der neue Eigentümer von mir ganz normal eine Miete gezahlt bekommt. Der Nachteil ist, dass der Erlös irgendwann durch Mietzahlungen aufgebraucht ist. Das lässt sich aber sehr genau nachrechnen. Verkaufen und zurückmieten lohnt sich vor allem dann, wenn ich ohnehin genug Einkünfte im Alter habe, um die Miete lange zahlen zu können. Und wenn ich den Erlös dafür nutzen möchte, eine tolle Reise zu machen oder mir ein teures Auto zu kaufen. Außerdem kann es die bessere Wahl sein, wenn ich ohnehin bereits weiß, dass ich zwar noch einige Jahre in der Immobilie bleiben, dann aber umziehen möchte.
Und für wen lohnt sich die Immobilienrente?
Das Recht, in der Wohnung zu bleiben, ist etwas wert. Je jünger jemand ist, desto höher wird dieser Wert angesetzt und desto geringer ist der Betrag, der für die Verrentung übrig bleibt. Das bedeutet: Wenn ich jünger bin, sind auch die zu erwartenden Zahlungen niedriger. Hier kommt es auf jedes Jahr an. Wer sich mit 65 Jahren ein Angebot einholt, kommt bei sehr geringen monatlichen Zahlungen heraus. Mit 80 können es dann schon vierstellige Beträge und mehr sein.
Wie sieht es mit den übrigen Lebensumständen aus?
Viele glauben, die Immobilienrente käme nur für Menschen ohne Erben infrage. Ich hatte allerdings auch schon etliche Gespräche mit Senioren, die Kinder haben und sich dennoch dafür entscheiden, weil sie sagen: Meine Kinder besitzen eigene Immobilien. Oder: Ich möchte vermeiden, dass meine Kinder sich ums Haus streiten.
Woran erkenne ich, ob ein Angebot fair und seriös ist?
In den Verbraucherzentralen gibt es Experten, die sich mit dem Thema auskennen. Auch bei einem Rechtsanwalt kann man sich beraten lassen. So ein Vertragsabschluss ist sehr komplex. Als Laie versteht man nicht, wie einzelne Klauseln miteinander wirken und welche juristischen Folgen sich hinter ihnen verbergen. Deshalb ist es auf jeden Fall empfehlenswert, sich rechtlich beraten zu lassen, auch wenn das etwas kostet. Man sollte sich zum Beispiel das Bleiberecht und eine regelmäßige Rentenzahlung im Grundbuch absichern lassen. Dann hat man gleich etwas in der Hand, um die Zahlung im Streitfall durchzusetzen.
Woran erkenne ich unseriöse Anbieter?
Wir haben zum Glück wenige Anhaltspunkte dafür gefunden, dass es eine große Anzahl unseriöser Anbieter gibt. Man sollte aber darauf achten, ob der Käufer überhaupt im Stande ist, die Zahlungen zu leisten.
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Wir hatten zuletzt den Fall eines Unternehmens, das erst drei Monate ins Handelsregister eingetragen war. Umsatzzahlen gab es also keine. Wie will ich da beurteilen, ob es genug Finanzkraft hat, um mich langfristig zu bezahlen?
Was gibt es noch zu bedenken?
Viele Senioren legen Wert darauf, weiter zuständig für Reparaturen zu bleiben. Das hat den Vorteil, dass der Anbieter in der Regel etwas mehr zahlt, weil er diese Aufwendungen nicht stemmen muss. Man sollte sich aber gut fragen, ob man auch in zehn Jahren noch den Nerv und das Geld hat, ein Dach zu reparieren.