Köln/Frankfurt – Die Inflation ist das Schreckgespenst für die Deutschen, die als Volk der Sparer gelten. Denn es hat sich tief eingebrannt, dass das hehre Ziel des Sparens ziemlich vergeblich ist, wenn die Inflation nicht nur die Erträge auffrisst, sondern auch die Substanz wertlos macht. Das galt mehr als ein Jahrzehnt als Geschichte. Zwar war der Zins verschwindend gering oder gar negativ. Aber auch die Inflation bleibt auf niedrigstem Niveau.
Egal also, dass die Rendite im Eimer ist, der Wert bleibt, mögen viele fleißige Sparer gedacht haben. Doch genau dieses Schreckgespenst kehrt zurück. War die Inflation im Krisenjahr 2020 von Beginn an und bis zum Dezember bei null oder gar drunter, ging es mit der Geldentwertung rapide aufwärts, Im Januar ein Prozent, April zwei Prozent, Juni drei Prozent, aktuell vier Prozent, fünf Prozent sind in Sicht. Und die Zinsen sind immer noch unter null. Was können Anleger tun, um ihr Erspartes zu retten?
„Inflation begünstigt im Allgemeinen reale Anlagen, also etwa Aktien oder Immobilien“, sagt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka-Bank. Das Institut des Sparkassen-Verbundes verwaltet 300 Milliarden Euro seiner Kunden, das entspricht fast dem jährlichen Bruttoinlandsprodukt von Staaten wie Israel oder Singapur. „Sowohl Unternehmen als auch Vermietungen von Immobilien können steigende Preise durch eigene Preiserhöhungen ausgleichen“, sagt Kater im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Bei den Anleihen profitierten so genannte inflationsindexierte Anleihen, bei denen die Zinsen mit der Inflationsrate mitwachsen. „Aber auch solche Anleihen leiden gegenwärtig unter sehr niedrigen Zinserträgen“. Aber erst mal ein Überblick über die Möglichkeiten, mit bestimmten Geldanlagen die Inflation auszutricksen:
Aktien
Manchen Lesern mag das nun mantrahaft vorkommen: Aktien helfen gegen Wertverlust. Vor allem wer diesen Montag an der Börse live miterlebt hat. Rasant fiel der deutsche Leitindex Dax auf knapp über 15.000 Punkte. Die Deutschen sind traditionell kein Volk der Aktionäre. Manche verdauen heute noch den Schock der „Volksaktie“ Telekom. Wer um die Jahrtausendwende kaufte, hat auch nach mehr als 20 Jahren noch vier Fünftel seines eingesetzten Geldes verloren.
Da soll man kaufen? Die Mischung macht es. Wer etwa gleichmäßig in alle Dax-Titel investiert hätte, der hätte binnen eines Montat zwei Prozent verloren. Ist bitter. Betrachtet auf drei Jahre hätte er 25 Prozent gewonnen, auf 5 Jahre 45 Prozent und auf 10 Jahre 200 Prozent, also sein Vermögen verdreifacht.
Wer von Beginn an (1988) dabei war, hat sein Vermögen verfünfzehnfacht. Doch Aktien sind nichts für jedermann. Wer auf einzelne Papiere setzt, muss einen Totalverlust mit einrechnen, wie der betrügerische Skandal um Wirecard erst kürzlich gezeigt hat.
Aktienfonds
Aktienfonds sind ein guter Weg, die Risiken der Anlageklasse Aktien zu streuen, und möglicherweise auch häppchenweise zu sparen. Aktienfonds sind Sondervermögen. Geht die Fondsgesellschaft bankrott, ist das Geld sicher, weil es nicht zum Betriebsvermögen zählt.
Ein entscheidender Vorteil. Doch haben Fonds Befürworter und Gegner. Die Fonds werden von Fondsmanagern geleitet. Die haben das Ziel, besser als der Markt zu wirtschaften. Das kann gelingen, muss es aber nicht. Oft aber gelingt es. Doch der Preis ist hoch. Fonds kosten zwischen zwei und fünf Prozent Ausgabeaufschlag, also einmalige Gebühr.
Hinzu kommen ein bis zwei Prozent Gebühren pro Jahr, denn der Fondsmanager will auch leben. Diese Gebühren müssen also durch die Mehrleistung des Managers erstmal erwirtschaftet werden. Und kurzfristiges Kaufen und Verkaufen rechnet sich fast nie, wegen der Einmal-Gebühren.
ETFs
ETF ist eine englische Abkürzung und steht für Exchange-traded Fund, also börsengehandelter Fonds. Die meisten börsengehandelten Fonds sind passiv verwaltete Indexfonds, welche die Zusammensetzung und Entwicklung eines Wertpapierindex nachbilden.
Der Begriff „ETF“ wird daher auch synonym mit „Indexfonds“ benutzt. Die jährlichen Managementkosten liegen typischerweise unter einem Prozent, also wenig, da es praktisch keinen Manager gibt. Diese Fonds sind statisch an die Fonds, deren Zusammensetzung etwa im Fall des Dax von der Deutschen Börse regelmäßig festgelegt werden. Je nach zugrundeliegendem Index gibt es also auch enorme Schwankungen. Anleger können aber wiederum mehrere ETFs kaufen, und so ganze Weltmärkte abdecken.
Je größer die Streuung, desto kleiner zwar die Chance auf Riesengewinne, desto größer aber die Möglichkeit, Risiken zu vermeiden. Viele Banken übten lange Zurückhaltung bei der Vermittlung von ETFs, weil sie daran weniger verdienen als an Fonds. Doch nachzufragen lohnt sich. Empfehlenswert ist auch hier ein Sparplan.
Durch den sogenannten Cost Average-Effekt kaufen Anleger immer die gleiche Summe pro Monat. Will heißen: Sind die Kurse hoch, kaufen sie teure Papiere in geringeren Mengen, sind die Kurse niedrig, kaufen sie größere Anteile zum kleineren Preis. Gerade in den Anfangsjahren kann sich der Effekt auszahlen. Auch ETFs sind geschützte Sondervermögen.
Gold
Gold wird von vielen als ganz sicherer Hafen empfunden. In Krisenzeiten gibt es regelrechte Anstürme auf Gold, meist auf solches in physischer Form. Gold steigt deshalb bei steigender Inflation oft stark im Wert an. Doch Vorsicht: „Anleger müssen allein auf Wertsteigerung hoffen. Gold bietet keinen Ertrag in Form von Zinsen“, heißt es von Stiftung Warentest.
Außerdem: „Der Goldpreis wird immer in Dollar festgestellt. Deutsche Anleger haben ein Währungsrisiko“, so die Warentester. Entsprechend hat Gold in der Vergangenheit als Schutz vor Inflation nicht immer funktioniert. Außerdem ist der Goldmarkt aus Verbrauchersicht nicht nachvollziehbaren Schwankungen unterworfen.
Wegen teurer Brautgeschenke etwa steigt er alljährlich während der indischen Heiratssaison um einige Prozentpunkte. Ein heikles Geschäft. Außerdem erheben Banken enorme Gebühren für die Aushändigung von physischem Gold. Diese müssen erst wieder verdient werden.
Tagesgeld, Festgeld, Sparbuch
Keine gute Idee aktuell. Selbst Der Sparkassen- und Giroverband sagt auf seiner Internetseite, das sei aktuell „vor dem Hintergrund von hoher Inflationsrate und aktuellem Niedrigzinsumfeld keine sinnvolle Option.“ Stimmt natürlich nur begrenzt. Kleinere Summen als Liquiditätsreserve machen durchaus Sinn. Zumindest kurzfristig.
Anleihen und Rentenpapiere
Momentan etwas für Profis. Denn das Risiko steigender Zinsen birgt die Gefahr, dass selbst gut verzinste Anleihen von Unternehmen etwa so viel an Kurs verlieren, dass die Rendite dahin ist. Das sollten Anleger nur wagen, wenn sie im Thema sind, oder eben gut beraten.
Immobilien
Das Wort vom „Betongold“ kann fast niemand mehr hören. Wer welches gekauft hat, hatte je nach Kaufdatum sicher Glück, doch oft nur auf dem Papier. Der erfolgreiche Kölner Vermögensverwalter Kurt Flossbach etwa sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ erst kürzlich im Interview, er rate Menschen vom Kauf einer einzelnen nicht selbst genutzten Wohnung als Geldanlage ab.
Alle Chancen und Risiken würden auf eine Karte gesetzt. Da ist was dran. Ein ETF ist breit gestreut und kennt keine Mietnomaden, Wasserschäden im Keller oder nörgelnde Hausverwalter. Wer die Möglichkeiten hat, Immobilien und Wertpapiere zu mischen ist freilich wieder in einer anderen Position. Fakt aber ist: Immobilien haben sich brillant entwickelt. Die Hauspreise kennen nur einen Weg: Aufwärts. Doch gerade bei kleineren Vermögen haben Immobilien einen Haken.
Sie sind nicht gut teilbar, und nur sehr aufwändig und teuer veräußerbar. Immobilien, die man nicht selbst bewohnt oder später im Leben bewohnen kann, sind eher etwas für Geldanleger mit zumindest gehobenen Vermögen, das aktuell nicht gebraucht wird.
Bargeld
Wer möchte, dass sich sein Geld vermehrt, muss andere Geldanlagen ins Auge fassen als Bargeld zu horten. Bargeld kann gestohlen werden, es kann verbrennen, vermodern, verloren gehen. Bargeld ist ein Zahlungsmittel, aber keine Geldanlage. Die Kosten es zu sichern sind außerdem extrem hoch.
Wie geht es weiter mit der Inflation?
„Im Jahresverlauf 2021 erwarten wir drastisch steigende Inflationsraten in den USA und in Deutschland. Ein grundsätzliches Problem in diesem Jahr: Die Komponenten des Warenkorbs, bei denen wir fallende Preise beobachten, etwa Textilien, Pauschalreisen, haben durch Covid-19 spürbar an Bedeutung verloren“, sagt Mario Peric, Bereichsvorstand der Commerzbank. Aber diese Phase dürfte bereits zu Jahresbeginn 2022 auslaufen, sagt eine Mehrheit der Experten.
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„Denn dann sind die Sondereffekte größten Teils verarbeitet, während weitere inflationäre Treiber zunächst ausbleiben dürften. So ist der Arbeitsmarkt noch nicht besonders ausgelastet, weshalb stärkere Reallohnsteigerungen unwahrscheinlich sind. Ohne die kommt aber eine Inflationsspirale selten in Gang“, sagt Peric.
Auch die vielzitierte Liquidität der Notenbanken sorge per se nicht für Preissteigerungen. Sie wirke erst dann inflationssteigernd, wenn sie sich in einer deutlich stärkeren Kreditvergabe der Banken widerspiegele. Das aber sieht man derzeit nicht.