Kakao und Gelatine werden teurerSteigen bald die Preise für deutsche Süßigkeiten?
Köln – Der Kakao wird teurer, das Vereinigte Königreich verlässt diese Woche endgültig die Europäische Union: Die deutsche Süßwarenindustrie steht aktuell vor großen Herausforderungen. Vor allem hohe Kosten für landwirtschaftliche Rohstoffe belasteten die Ertragslage vieler Hersteller, sagte Bastian Fassin, Vorsitzender des Bundesverbands der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI) und Geschäftsführer von Katjes wenige Tage vor der Süßwarenmesse ISM am Dienstag in Köln.
Kakao habe sich im letzten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um 23 Prozent verteuert, bei Gelatine lag die Preissteigerung sogar bei 65 Prozent. Grund dafür sei auch die Afrikanische Schweinepest. Magermilchpulver, Palmfett, Zucker und Haselnüsse wurden ebenfalls zwischen 20 und 50 Prozent teurer. „Solche dramatisch gestiegenen Kosten in der Breite gab es in der Süßwarenindustrie in den vergangenen Jahren nicht“, sagte Fassin. Auch der Brexit belastet die Branche: Rund fünf Prozent der deutschen Süßwarenproduktion im Wert von 800 Millionen Euro werden zurzeit nach Großbritannien exportiert, viele praktische Fragen sind hier noch offen. Hinzu kommen US-Strafzölle in Höhe von 25 Prozent auf Kekse und Waffelprodukte.
Produktionsmenge gestiegen
In den Zahlen des vergangenen Jahres haben sich die Sorgen der Hersteller derweil noch nicht niedergeschlagen. Die Produktionsmenge stieg nach vorläufigen Zahlen im Vergleich zu 2018 um 1,2 Prozent auf 3,7 Millionen Tonnen. Der Umsatz wuchs im gleichen Zeitraum etwas stärker um 2,3 Prozent auf 12,5 Milliarden Euro.
50 Jahre ISM
Die Internationale Süßwarenmesse ISM feiert dieses Jahr ihren 50. Geburtstag. „Trotz politischer, ökonomischer und gesundheitlicher Hiobsbotschaften ein Fels in der Brandung“, sagte Messechef Gerald Böse am Dienstag. Zum Jubiläum kommen 1750 Anbieter aus 76 Ländern und damit sechs Prozent mehr als im Vorjahr. Der Auslandsanteil liegt bei 88 Prozent, besonders häufig vertreten sind Aussteller aus Italien, Belgien und Spanien. Die ISM legt in diesem Jahr einen Fokus auf Trends wie Unterwegsverpflegung und Nachhaltigkeit. Sie findet vom 2. bis 4. Februar statt und ist nur für Fachbesucher geöffnet. Zeitgleich findet die Messe „Pro Sweets Cologne“ statt. (elb)
Trotz der Unsicherheiten im Welthandel wurden mit 2,2 Millionen Tonnen 1,7 Prozent mehr exportiert als im Vorjahr. Insgesamt wurden rund 54 Prozent der in Deutschland produzierten Süßwaren und Knabberartikel exportiert. Deutschland ist dabei im internationalen Vergleich führend: „Wir sind das Land, das am meisten Süßigkeiten exportiert“, sagte Fassin. 80 Prozent von ihnen gehen dabei in Mitgliedsstaaten der Europäischen Union.
Auch der Deutsche Handelsverband sprach von einem „zufriedenstellenden Jahr“, in dem es ohne große Sportereignisse wie einer Fußball-Weltmeisterschaft einen „unspektakulären aber stetigen Umsatzverlauf“ gegen habe, wie Hauptgeschäftsführer Stefan Genth es in Köln zusammenfasste. Trotz der gestiegenen Rohstoffpreise rechnet Genth nicht mit einer deutlichen Verteuerung von Süßigkeiten: „Wir erwarten keine großen Preissteigerungen – höchstens in einzelnen Segmenten.“
Lambertz-Chef hält Verteuerung für möglich
BDSI-Chef Fassin ergänzte, eine Erhöhung der Preise sei zwar theoretisch möglich, „aber das wird der Wettbewerb richten.“ Lambertz-Chef Hermann Bühlbecker sagte der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag jedoch, er halte eine Verteuerung von Süßgebäck für möglich. Grund hierfür seien die vielen Spekulanten am Kakaomarkt.
Im vergangenen Jahr konsumierten die Deutschen im Schnitt 30,93 Kilogramm Süßigkeiten und Snacks (plus 0,9 Prozent) und gaben dafür 102,06 Euro (plus 2,3 Prozent) pro Kopf für sie aus. Wichtig bleibt für die Branche dabei weiterhin das stetig steigende Ernährungs- und Nachhaltigkeitsbewusstsein der Verbraucher. Bio-Artikel, vegane und vegetarische Ersatzprodukte, aber auch klassische Frucht- und Nussriegel „stehen zunehmend in der Gunst der immer bewusster einkaufenden Konsumenten“, sagte Genth.
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Für den Handel habe das den Vorteil, dass innovativen neuen Produkten der Markteinstieg erleichtert werde. „Wir hatten im Handel noch nie so viele Hersteller und Sortimente gelistet wie heute.“ Die Umsatzsteigerungen bei diesen Produkten seien „gewaltig“, sie besetzten aber gemessen am Gesamtumsatz noch immer nur Nischen. Lediglich vier Prozent aller in Deutschland produzierten Süßwaren sind organisch.
Mehr vegetarische und vegane Aussteller
Dennoch ist auch die Zahl der Aussteller, die sich auf der ISM Cologne mit veganen und vegetarischen Produkten präsentieren wollen, im Vergleich zum Vorjahr deutlich gestiegen. Gab es 2018 noch 383 vegane und 451 vegetarische Stände, sind es in diesem Jahr bereits 496 und 506. Der Branchenverband BDSI verwies in Köln auch auf das eigene Engagement für mehr Nachhaltigkeit. Der Anteil an zertifiziertem Kakao in der Branche sei zwischen 2011 und 2018 von drei auf 62 Prozent gestiegen.
Kurz vor der ISM hatte Greenpeace Kritik an zu viel Verpackungsmüll in der Süßwarenindustrie geübt; Produkte würden oft in Plastik eingeschweißt oder stückweise verpackt. Bastian Fessin verwies in Köln nun darauf, dass man zwar versuche, auf neue Stoffe zu setzen, das Thema aber sehr komplex sei: Würde man beispielsweise Chips oder Bonbons in Papier verpacken, würden diese weich werden oder festkleben.