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Marken-GeschichteKölner Kabel von Felten & Guilleaume gehörten zu den besten der Welt

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Felten & Guilleaume, Köln: Im Jahre 1925 wurde zwischen Dänemark und Schweden ein neues, 50 Kilometer langes Sundkabel verlegt. Vor der Auslieferung wurden die Trommeln noch einmal im Bild festgehalten.

 Im Jahre 1925 wurde zwischen Dänemark und Schweden ein neues, 50 Kilometer langes Sundkabel verlegt. Vor der Auslieferung wurden die Trommeln bei Felten & Guilleaume noch einmal im Bild festgehalten.

Das Carlswerk, benannt nach einem der Gründer von Felten & Guilleaume, gibt es noch heute. Doch Kabel werden dort nicht mehr hergestellt.

Felten & Guilleaume entstand 1826 in Köln, als die Familien Felten und Guilleaume ihre Kräfte vereinten, um Drahtseile zu produzieren. Johann Theodor Felten war Drahtzieher, ein Handwerksberuf, bei dem Metalldrähte durch Ziehen durch kleinere Öffnungen geformt werden, um die gewünschte Stärke zu erreichen. Franz Carl Guilleaume entstammte einer Seilerfamilie – und war Feltens Schwiergersohn. Durch die Kombination dieser Fähigkeiten entstand eine fortschrittliche Produktion von stahlverstärkten Seilen, die die traditionellen Hanfseile ersetzten.

Während der industriellen Revolution war der Bedarf an robusten Materialien, insbesondere für Bergbau und Transportwesen, stark gestiegen. So konzentrierten sich die Gründer von Felten & Guilleaume auf die Produktion strapazierfähiger Seile und Drähte. Produktionsort war zu dieser Zeit ihre Fabrik am Karthäuserwall in der Südstadt. Die Nachffrage wuchs und der zuerst lokale Markt wurde auf das ganze Rheinland ausgeweitet. Ein wichtiger Schritt in dieser Zeit war die Einführung moderner Drahtziehtechnologien, die die Produktqualität verbesserten. Da das Unternehmen von dort an kontinuierlich wuchs, musste bald darauf ein größerer Produktionsstandort her.

Kölner Unternehmen war ein Branchenführer

So wurde 1874 das nach Franz Carl Guilleaume benannte Carlswerk in Köln-Mülheim erbaut. „Die direkte Anbindung an Rhein und Eisenbahn waren optimal, damit F&G ihre Produkte möglichst schnell europaweit versenden konnten“, sagt Ulrike Schmelzer, Archivmitarbeiterin der IHK Köln. Das Werk wurde zu einem der modernsten Produktionsstandorte seiner Zeit.

Felten & Guilleaume begann elektrische Kabel zu produzieren, was sich als bahnbrechend für die Entwicklung der Elektrotechnik erwies. Die Verbindung von Drahtseil- und Kabelherstellung machte das Kölner Unternehmen zu einem Branchenführer.

Felten & Guilleaume, Köln: Erst relativ spät wurden im Carlswerk auch Frauen eingestellt. Im April 1895 ließen sich 91 Arbeiterinnen unter 2857 Arbeitern nachweisen.

Erst relativ spät wurden im Carlswerk auch Frauen eingestellt. Im April 1895 ließen sich 91 Arbeiterinnen unter 2857 Arbeitern nachweisen.

Ende des 19. Jahrhunderts wuchs die Bedeutung von Felten & Guilleaume. So stammten die ersten Telefonkabel Europas aus Mülheim. Die Kölner begannen Hochspannungskabel herzustellen, die für die Energieübertragung über weite Distanzen genutzt wurden. Dies war ein entscheidender Beitrag zur Industrialisierung und Urbanisierung weltweit. Um die Versorgung mit Kohle und Stahl zu sichern, kaufte sich der Konzern vor dem Ersten Weltkrieg in die Bergbauindustrie ein. Bald stieg die Anzahl der Mitarbeiter von mehreren Hundert auf über 7000. Schmelzer erklärt: „Felten & Guilleaume schaffte nicht nur viele Arbeitsplätze für Kölnerinnen und Kölner, sondern hatte auch eine hohe wirtschaftliche Bedeutung für das gesamte Rheinland.“

Während des Zweiten Weltkriegs produzierte Felten & Guilleaume auch für die Nazis. Das Unternehmen setzte dabei auch Zwangsarbeiter, insbesondere aus der Sowjetunion, ein. Durch Bombeneinschläge erlitt das Carlswerk erhebliche Schäden. Nach wenigen Monaten konnte Felten & Guilleaume diese reparieren und seine Produktionskapazitäten weiter ausbauen.

Die Stahlseile aus Mülheim wurden Mitte des 20. Jahrhunderts für den Bau von Brücken und Seilbahnen genutzt. Auch die weiterhin aktive Kölner Seilbahn über den Rhein zwischen Zoo und Deutzer Rheinpark bekam in den 1960er Jahren Stahlseile von Felten & Guilleaume.

Zu dieser Zeit umfasste das Unternehmen über 20.000 Mitarbeiter. „Doch die wachsende Konkurrenz von in- und ausländischen Unternehmen, wie AEG und Siemens, nahm zu und es fiel dem Unternehmen immer schwerer, sich an die neusten Technologien anzupassen“, sagt Ulrike Schmelzer. So kam es ab den 1970er Jahren zum schleichenden Niedergang von Felten & Guilleaume – und dem Ausverkauf der Unternehmensteile. 2008 endete die Firmengeschichte endgültig. Das Carlswerk gibt es noch heute. Das Areal beherbergt Büros – unter anderem von Bastei Lübbe und Rewe Digital –, kulturelle Einrichtungen wie das Carlswerk Victoria oder das Depot als Interim-Spielstätte des Kölner Schauspiels, Gastronomie und Start-ups.