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Kölner ESL-Co-Chef„Diese Milliarde jetzt – eigentlich ist sie egal“

Lesezeit 3 Minuten

Ralf Reichert wird Verwaltungsratschef des Gaming-Konzerns ESL Faceit.

Köln – Vor 22 Jahren waren organisierte Wettkämpfe für Computerspiele für viele eine verrückte Idee. Doch Ralf Reichert und seinen Mitgründern von ESL in Köln „lag das so auf der Hand, dass Videospiele ganz schnell groß und wahnsinnig relevant werden“, sagt er in „ekonomy mit K“, dem Wirtschaftspodcast des Kölner Stadt-Anzeiger.

Bester Beweis: Am Karnevalswochenende ist die Spodek Arena im polnischen Katowice ausverkauft. Reichert wird vor Ort sein bei einem der ersten eigenen Großevents seit Ausbruch der Corona-Pandemie: „Ich habe da eine direkte berufliche Konkurrenz zum Karneval“. Im Juli gastiert die Gamer-Liga dann in der voraussichtlich vollen Lanxess Arena, der „Cathedral of Counter-Strike“. Counter-Strike ist eines der erfolgreichsten Wettkampfspiele.

Verkauf für eine Milliarde Dollar

Über mehr als zwei Jahrzehnte ist Köln zu einer der Hauptstädte des E-Sports geworden. Kumuliert ist die Entwicklung im Verkauf des von Reichert mitgeführten Unternehmens ESL (Electronic Sports League) im Januar für knapp mehr als eine Milliarde Dollar an den neuen saudi-arabischen Eigentümer Savvy Gaming Group. Ein Bruchteil der Unternehmensanteile gehörte Reichert bisher noch persönlich, doch im Zuge des Verkaufs hat er auch die letzten Anteile abgegeben.

Im Gespräch weist der 47-Jährige die Kritik am saudischen Käufer zurück. „Wir hatten eine Handvoll Angebote und haben uns für das entschieden, das langfristig für die Firma das beste ist“, so Reichert über Savvy Gaming, das im Zuge der Übernahme ESL mit seinen mehr als 600 Mitarbeitern mit dem Rivalen Faceit vereint. Hinter Savvy steckt Saudi-Arabien mit dem Staatsfonds PIF, der die Strategie vorantreibt, das arabische Land weniger abhängig vom Öl zu machen und unter anderem den englischen Fußballclub Newcastle United gekauft hatte.

„Der beste Eigentümer, den man sich vorstellen kann“

„Diese Milliarde jetzt – eigentlich ist sie egal“, sagt der 47-Jährige im Gespräch. Sie sei weniger ein Symbol als die Chance, ESL „zehnmal so groß zu machen wie jetzt“. Savvy sei „wahrscheinlich der beste Eigentümer, den man sich vorstellen kann“, so Reichert. Als Chef des Verwaltungsrats von ESL Faceit will er das Wachstum maßgeblich vorantreiben.

Unter anderem hatten prominente E-Sport-Moderatoren die Wahl des Käufers durch die bisherigen ESL-Eigentümer kritisiert, da ein autoritäres Regime Zugriff auf den Computersport erhalte. Doch die beste Perspektive, „wie wir das Unternehmen weiterentwickeln können, glauben wir mit dem Käufer aus Saudi-Arabien zu haben“, sagt Reichert. Er sei auch vor Ort gewesen, um sich ein Bild zu machen. Das Land wolle sich öffnen. Es sei dort „nicht alles in Ordnung“, aber mit Gaming könne man etwas zum Positiven beitragen. Er verspricht, dass das Vorantreiben von mehr Diversität im männerlastigen E-Sport durch den neuen Eigentümer nicht gebremst werde.

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Wirtschaftlich hat sich ESL in den vergangenen Jahren nicht gut entwickelt. Zweistellige Millionenverluste im Jahr gab es durchaus auch schon vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Für Reichert allerdings kein Grund, skeptisch auf E-Sports oder ESL zu schauen. „In Zukunftsthemen muss man investieren“, so Reichert. Im Digitalgeschäft verursache es „quasi nix“ an zusätzlichen Kosten, eine Million neue Spieler auf eine Plattform zu holen. Man müsse deutlich visionärer, deutlich größer denken. Richtig schwierig seien die ersten zehn Jahre gewesen, als Computerspiele noch gesellschaftlich stigmatisiert gewesen seien.

„Der Standort Köln wird weiterhin eine zentrale, wichtige Rolle spielen“, sagt der Firmen-Mitgründer. Die Zentrale in Köln-Mülheim an der Schanzenstraße bleibt also auf absehbare Zeit bestehen. Die Unterstützung des Landes NRW und auch insbesondere der Stadt Köln „sei in den letzten 20 Jahren herausragend gewesen“. Unter anderem hat sich rund um die Gaming-Szene auch die Messe Gamescom zu einem wichtigen Faktor entwickelt.