Die Kölner Felix Löhr und Robert Münch wollen ihre gewürzten Cashews dieses Jahr in Supermärkten etablieren. Erst 2022 gründeten sie ihr Start-up.
Start-up gegründetKölner wollen mit neuer Cashew-Marke Machtgefälle in der Lieferkette ändern

Felix Löhr (links) und Robert Münch verkaufen Cashews in fünf Geschmackssorten.
Copyright: Uwe Weiser
Eine Cashewnuss wächst häufig in einem afrikanischen Land, wird in Asien verarbeitet und in Europa und Nordamerika konsumiert. Hauptanbauland ist die Elfenbeinküste, gefolgt von Indien und Vietnam. In letzterem Land wächst ein Viertel aller Cashews, aber für die Hälfte aller Nüsse findet hier die Wertschöpfung statt. 90 Prozent der afrikanischen Nüsse werden in Asien verarbeitet. Also noch weiter weg von Deutschland, wo sie nach Tausenden Kilometern in Containern gegessen werden.
Der lange Weg der Nuss ist auf Gewinnmaximierung zu Lasten der Umwelt und oft auch der Anbauer ausgelegt: Ein Paradebeispiel für globale Wertschöpfungsketten, auf denen 80 Prozent des Welthandels basieren. Zwei Kölner wollen das ändern. Felix Löhr und Robert Münch importieren Cashews aus Togo über den Antwerpener Hafen.
Togocashews: Mehr Arbeitsplätze im Ausland schaffen
Sie gründeten 2022 das Start-up Togocashews und verkaufen die gewürzten Nüsse nun in den ersten Supermärkten unter der Marke Caju. Togo wählten sie als mögliches Anbauland, das Deutschland am nächsten ist. Dort arbeiten sie mit einem togolesischen Produzenten zusammen. Auch dort - und nicht im weltweit führenden Cashewexporteur-Land Vietnam - werden die Kerne geschält, sagen die Gründer des Kölner Start-ups.
Auf dem Weg nach Asien habe die afrikanische Rohware also noch ihr fünffaches Volumen – auch den klimaschädlichen Mehraufwand vermeide Togocashews mit dem direkten Transport aus Afrika nach Antwerpen. „Wir wollen den Konsumenten aufzeigen, was damit verbunden ist, wenn sie Cashews essen“, sagt Münch.
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Ihr weiteres Anliegen: Mehr Arbeitsplätze im Anbauland schaffen. 400 Mitarbeitende seien in der Produktionsstätte in Togo beschäftigt, unter Einhaltung hohen Arbeitsschutzes. Die Packungen tragen das Bio-Siegel, nicht aber das Fairtrade-Zertifikat. Grund könnten die 2,5 Prozent des Nettohandelswerts an Lizenzgebühren für die Zertifizierung sein. Die Kölner sagen, sie wollen selbst Transparenz schaffen und mit ihrem Unternehmen gezielter in Projekte in Togo investieren. „Das ist unser Gegenvorschlag zur Entwicklungshilfe“, sagt Münch.
Cashew-Snacks werden von Togo direkt in die Niederlande verschifft
Die Verlagerung der Wertschöpfung ins Anbauland ist ein Ansatz, den einige Start-ups verfolgen, die sich in den vergangenen Jahren gründeten. Etwa für Kaffee oder Schokolade etablieren sich mehr und mehr Marken, die auf transparentere Lieferketten setzen und mit einem Produzenten vor Ort kooperieren. Die aufwendigere Veredlung findet für die Caju-Nüsse allerdings nicht in Togo, sondern erst in den Niederlanden statt, wo sie mit verschiedenen Gewürzen zu Snacks weiterverarbeitet werden.
Noch arbeiten die Gründer zu zweit in einem verwinkelten Büro in Ehrenfeld. Es türmen sich Kartons voller Cashews zwischen Schreib- und Konferenztisch. 2021 verbrachten sie unverhofft einen Urlaub zusammen, am Strand pitchte Münch seine Idee von Togocashews. Münch, heute 32, hatte schon Erfahrung mit Geschäftsgründungen. Nach der Schule öffnete er eine Reihe von Handyreparaturläden, schon hier auf Nachhaltigkeit fokussiert. Löhr, damals kurz vor dem Masterabschluss, entschied sich noch am Strand, mitzumachen. Erfahrung brachte er in Handelsoptimierung mit.
Das ist unser Gegenvorschlag zur Entwicklungshilfe
„Es wird viel schneller größer, als wir gedacht haben“, sagen beide. Anfangs unterstützten kleine Feinkostläden in der Nähe ihres Büros das Start-up. „Kölner halten zusammen“, sagt Löhr. Eine der größten Hürden für neue Food-Marken ist, bei den großen Einzelhändlern gelistet zu werden. Jetzt gibt es die Cashews in fünf Sorten für 4,99 Euro pro 140 Gramm in den ersten Märkten von Edeka und Rewe. Der Plan für 2024 sei es, 2000 Märkte deutschlandweit zu beliefern.
Kölner Wirtschaftsförderung zieht Bilanz für 2023
Togocashews ist eines von 735 Start-ups, die es aktuell in Köln gibt. Besonders in der Lebensmittelbranche ist der Standort für Gründungen beliebt. Weitere Neugründungen gehören vorwiegend den Bereichen Medizin, Software, E-Commerce und Bildung an. 67 neue Kölner Start-ups gab es 2023, 27 Prozent weniger als im Vorjahr, bilanziert die Kölner Wirtschaftsförderung.
Ihr zufolge stieg das Finanzierungsvolumen für Kölner Start-ups im Jahr 2023 mit einem Plus von 35 Prozent auf rund 222 Millionen Euro. 100 Millionen Euro fielen davon auf das KI-Unternehmen DeepL in einer Finanzierungsrunde im ersten Halbjahr 2023. Vergangenes Jahr schafften deutlich mehr Jungunternehmen den Sprung zu Scale-ups mit mehr als 50 Mitarbeitenden als 2021, die Zahl verdoppelte sich auf nun neun Prozent.