Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Hohe PersonalkostenJobcenter will effizienter werden – ab 2027 nur noch zwei Standorte in Köln

Lesezeit 4 Minuten
Visualisierung des Büroensembles Düx

Visualisierung des Büroensembles Düx: Hier will das Jobcenter ab 2027 einziehen.

Um effizienter zu arbeiten, legt das Jobcenter seine bisherigen neun Standorte in zweien zusammen.

Inmitten der Koalitionsverhandlungen in Berlin ringen Union und SPD damit, wo sie den Rotstift ansetzen und wo nicht. Die Koalitionsparteien hatten sich in ihrem Sondierungspapier auf eine Reform des Bürgergelds geeinigt. Eine mögliche Reform sollte nach Ansicht der Bertelsmann-Stiftung auch die Verwaltungen der Jobcenter umfassen. Dort werde seit Jahren immer weniger Geld für Arbeitsförderung und immer mehr Geld für das Verwalten ausgegeben, teilte die Stiftung in Gütersloh unter Berufung auf eine eigene Studie mit. Demnach wachsen die Ausgaben, während gleichzeitig wenige Menschen in Arbeit vermittelt werden.

Aktuell beziehen in Deutschland rund 5,4 Millionen Menschen Bürgergeld. 2,7 Millionen davon stehen dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung, etwa weil sie nicht erwerbsfähig sind oder sich in einer Weiterbildung befinden. Weitere 830.000 Menschen sind Aufstocker, das heißt, sie arbeiten zwar, ihr Einkommen reicht aber nicht zum Leben. 1,9 Millionen Menschen sind tatsächlich arbeitslos. In Köln liegt der Anteil der Menschen, die Mindestsicherung – also Bürgergeld – erhalten, seit Jahren bei etwas mehr als 13 Prozent. So weist es das Landesstatistikamt IT.NRW aus.

Kosten für die Verwaltung steigen auf 6,5 Milliarden Euro

Nach Angaben der Bertelsmann-Stiftung hatten die Jobcenter bundesweit im vergangenen Jahr 10,7 Milliarden Euro zur Verfügung. Wie sie die Mittel auf Verwaltung und Arbeitsförderung aufteilen, ist dabei ihnen überlassen. Die Kosten für die Verwaltung stiegen in den vergangenen zehn Jahren – auch wegen steigender Gehälter – um 39 Prozent auf 6,5 Milliarden Euro. Das Geld zur Förderung von Bürgergeld-Empfängerinnen und -empfängern indes verharrte bei 3,8 Milliarden Euro.

Sabine Mendez vom Jobcenter Köln. (Archivbild)

Sabine Mendez vom Jobcenter Köln. (Archivbild)

„Einige Jobcenter verschieben bis zu 70 Prozent dieser Gelder in die Verwaltung“, erklärte die Stiftung. Sie forderte „eine umfassende Reform“. „Wie viele Menschen die Jobcenter am Ende in Arbeit bringen, spielt eine untergeordnete Rolle“, erklärte Roman Wink, Arbeitsmarktexperte der Bertelsmann-Stiftung. Daher brauche es in Zukunft klare Ziele, um Steuergelder effizient einzusetzen.

Das Jobcenter Köln sieht das differenzierter. Bundesweit würden Jobcenter, die als gemeinsame Einrichtung von Arbeitsagentur und Kommune geführt werden, durchschnittlich 77 Prozent ihrer Verwaltungskosten für Personal aufwenden. Letztlich sei aber jeder Beschäftigte eine Investition in die Kunden: „Nicht nur jede ‚Maßnahme‘, sondern auch jedes geführte Gespräch dient letztendlich der Integration in den Arbeitsmarkt. Somit ist im Grunde das gesamte Budget für die Arbeitsmarktintegration vorgesehen“, heißt es vom Kölner Jobcenter auf Anfrage.

Insbesondere bei Menschen mit Problemlagen würde eine intensivere Betreuung die Chancen auf eine Vermittlung in Arbeit steigern. Hinzu kommt: Die gestiegenen Kosten, beispielsweise durch Tariferhöhungen oder höhere Mieten und Energiepreise, seien nicht im Gesamtbudget der Jobcenter berücksichtigt worden.

Ab 2027 nur noch zwei Standorte in Köln

Um effizienter zu arbeiten, legt das Jobcenter seine bisherigen neun Standorte in zweien zusammen. „Wir haben uns vor zwei Jahren hingesetzt und gefragt, wie wir künftig arbeiten wollen und wie sich die Arbeitswelt entwickelt“, sagt Sabine Mendez, Mitglied der Geschäftsführung im Jobcenter Köln. Hinzu kam, dass bis zum Jahr 2027 die Mietverträge mehrerer Standorte ausgelaufen wären – und es in den in die Jahre gekommen Gebäuden immer öfter zu Wasserschäden kam, die Aufzüge oder Heizungen nicht funktionierten. „Auch die verbrauchsabhängigen Nebenkosten wie zum Beispiel Heizkosten steigen immer weiter, weil einige Gebäude einen sehr veralteten und schlechten Baustandard aufweisen.“ Die Standorte zu bündeln mache „einfach Sinn“, allein deshalb, weil die Fläche nur noch halb so groß ist und entsprechend weniger Kosten anfallen.

Seit Mai 2022 arbeitet das Projekt „Zukunftsraum Jobcenter Köln“ an den Umzugsplänen. Daran waren nicht nur Mitarbeiter beteiligt, sondern auch der Kundenbeirat. „Viel wichtiger als die womöglich längeren Wege war, dass Beratung nicht im Großraum stattfindet, sondern in Einzelbüros“, sagt Mendez. Ohnehin würde ein Großteil der Kölner Bürgergeldempfänger Formalitäten zumindest teilweise digital erledigen, bei den Erstanträgen waren es zuletzt 70 Prozent.

Gleichzeitig ließe sich die Arbeit besser organisieren und verteilen. Die rund 1600 Mitarbeiter sind ungefähr hälftig auf die beiden neuen Standorte aufgeteilt. Das ermögliche beispielsweise auch bei kurzfristigen Personalausfällen eine schnellere Vertretungsoption, sodass für Kunden geringere Wartezeiten entstehen. Im dritten Quartal 2027 will das Jobcenter in die neuen Büros umziehen – wenn alles nach Plan verläuft. (mit afp)